Groß mit Duschen
Ralph Christian Prader, Eigentümer von Palme, über das Geschäft mit Duschen, die Bedeutung von Sonderlösungen, den Wandel im Handel, die eigene Montage-Mannschaft, die Annäherung an BIM und die erstmalige Zusammenarbeit mit einem Designstudio.
Building Times: Hr. Prader, Ihr Unternehmen produziert seit 1972 Duschabtrennungen. Wissen Sie, wie viele Einheiten in diesen fast fünf Jahrzehnten ausgeliefert wurden?
Prader: Da muss ich leider passen. Das ist auch schwierig, zu Beginn waren es pro Tag ein bis zehn Stück, heute liegen wir je nach Modell bei fünfhundert bis tausend Teilen. Es hängt klarerweise davon ab, ob es sich um Serienartikel handelt oder um Einzelanfertigungen.
BT: Sie waren auf der ISH und haben für das Modell Tube gleich einen Design Plus-Award mitgebracht. Welche Bedeutung hat so eine Auszeichnung, und welche Reaktionen haben Sie erhalten?
Prader: Die Reaktionen waren sehr positiv. Es gibt auch die ersten Ausstellungsbestückungen. Was das Produkt besonders macht, ist die Generationenfähigkeit. Sie lässt sich mit einer Babybadewanne bestücken, ebenso ist es möglich, einen Duschsitz einzuhängen, der für betagte Personen sehr nützlich ist. Es sind auch noch weitere Accessoires in Vorbereitung und Entwicklung.
BT: Ist das in Ihrem Interesse, wenn eine Dusche für so lange Zeit nutzbar wird? Sie verkaufen da ja vielleicht ewig keine neue Kabine.
Prader: Ja, wir wollen nicht zur Wegwerfgesellschaft gehören. Zudem ist es ja schon so, dass die Bäder im Zeitraum zwischen 15 und 20 Jahren sowieso erneuert werden. Da wird dann meist alles getauscht. Wenn wir diesen Zeitraum mit unserem Produkt abdecken, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der Kunde sagt: Ich kaufe wieder eine Dusche von Palme.
BT: Wie wichtig ist es heute, sich mit herausragendem Design von der Masse abzuheben? Sie haben bei dieser Dusche erstmals mit einem Designer gearbeitet.
Prader: Das stimmt, es war das erste Mal. Aber wir haben schon zuvor natürlich immer darauf geachtet, dass Funktion und Design harmonieren. Wir sind trotzdem sehr positiv überrascht von der Zusammenarbeit mit dem Designer. Das Feedback der ersten Wochen nach den Premieren in Wels und Frankfurt verspricht jedenfalls großen Erfolg.
BT: War die Arbeit mit dem Designer schwierig?
Prader: Nein, das war relativ unkompliziert. Die waren sehr offen und auch sehr schnell und haben eine eigene Modellbauabteilung und ein sehr gutes Team. So sind wir sehr rasch zu Prototypen gekommen.
BT: Haben Sie ein klar definiertes Budget für Forschung und Entwicklung und Design neuer Produkte?
Prader: Nein, aber wir haben ein Team, das sich bislang mit der Entwicklung neuer Produkte beschäftigt hat. Seit einigen Jahren haben wir das gut strukturiert, um neue Modelle und Designs zu kreieren.
BT: In manchen Unternehmen der Sanitärindustrie wachsen Armaturen und Keramik zusammen. Wäre es für Sie verlockend, etwas dazu zu nehmen?
Prader: Nein. Wenn man zu viele Dinge hat, besteht die Gefahr des Verzettelns. Das geht vielleicht bei Konzernen, wir sind da vermutlich zu klein. Wir fokussieren uns auf Duschtrennwände, WC-Trennwände und Raumtrennwände. Was wir schon entwickelt und integriert haben, sind Lichteffekte im Bereich der Duschen. Vielleicht kommt irgendwann auch einmal die Smart-Dusche. Wenn man viele Ideen hat, läuft man auch Gefahr, zu früh am Markt zu sein. Das Deko-Light in der Dusche hatten wir schon einmal in den 80er-Jahren. Damals war das Niedervolt-System nicht der große Renner, jetzt mit LED sieht das anders aus.
BT: Sie vertreiben Ihre Produkte seit 1973 über den Groß- und Fachhandel. Wird es auch in Zukunft so bleiben, oder bedingt der Wandel im Kaufverhalten, Stichwort Digitalisierung, eine teilweise Veränderung?
Prader: Nachdenken muss immer erlaubt sein. Aber man darf nicht außer Acht lassen, dass der Vertrieb über den Großhandel immer gut funktioniert hat. Der Handel tut mit den Ausstellungen sehr viel, das darf man nicht vergessen. Man wird aber auch sehen, wie sich das mit den ganzen Online-Bestellungen entwickelt. Man wird sich vermutlich nicht ganz abschotten können, und es geht wohl darum, künftig Lösungen zu finden, dass beide Partner weiterhin gut damit leben können.
BT: Erhalten Sie viele Online-Anfragen?
Prader: Ja, regelmäßig.
BT: Sie erzeugen sehr unterschiedliche, teilweise sehr hochwertige Duschlösungen. Welche Segmente haben die größte Bedeutung für Sie?
Prader: Wir sind in vielen Bereichen vertreten. An erster Stelle steht der Privatkunde. Wir sind aber auch in sehr vielen Krankenhäusern und Hotels vertreten. Bei Großprojekten zählt halt oft der Preis sehr viel, und da haben wir manchmal Grenzen, über die wir nicht hinweggehen können. In Österreich sind wir jedenfalls mit unseren Sonderformen in den Krankenhäusern sehr stark vertreten. Damit sind wir auch groß geworden. Früher waren kaum Anbieter bereit, Abschrägungen oder Ausnehmungen zu realisieren. Heute sind individuelle Kunden-Logos gefragt oder Siebdruck, da sind wir sehr flexibel. Dazu gehört aber auch ein flexibler Außendienst, der rasch beim Kunden vor Ort ist, um den Sonderwunsch zu erfüllen.
BT: Wie hoch ist der Exportanteil? In welche Länder exportieren Sie?
Prader: Insgesamt liegen wir beim Export etwa bei der Hälfte. Wir haben eine Vertriebsgesellschaft in Deutschland, wohin etwa 40 Prozente unserer Produkte gehen. Der Rest verteilt sich auf sämtliche Länder in Europa.
BT: Sind Osteuropa und der Nahe Osten ein Thema für Sie?
Prader: Ja, das sind Themen. Wir haben eine eigene Exportabteilung, die sich um andere Märkte bemüht. Wir haben im Vorjahr eine Niederlassung in Tschechien gegründet und in Norwegen sind wir schon seit vielen Jahren präsent. Darüber hinaus haben wir in zahlreichen Ländern weitere Handelsvertretungen – zum Beispiel in Italien, Russland, Baltikum oder Dänemark.
BT: Wie sind Sie nach Norwegen gekommen?
Prader: Dort haben wir seit den 80er-Jahren einen Generalimporteuer, der den norwegischen Markt mit Duschen und Sanitärabtrennungen versorgt. Den haben wir damals auf der ISH kennengelernt. Im Moment evaluieren wir weitere Länder, aber insgesamt machen wir lieber kleine und überschaubare, dafür nachhaltige Schritte.
BT: Gibt es in Österreich ein Ost-West-Gefälle?
Prader: Nein, wir sind schon flächendeckend vertreten. Oberösterreich und Salzburg ragen trotzdem aus der Tradition etwas heraus.
BT: Werden Ihre Produkte für hochwertige Wohnbauten von Architekten ausgeschrieben?
Prader: Wir sind sicher vertreten, wissen aber nicht genau, wo und in welcher Menge, weil der Vertrieb über den Großhandel geht. Da bräuchte man die Auswertungen des Handels, die wird man aber nicht erhalten.
BT: Stichwort Großhandel: In Oberösterreich gibt es einen Schauraum, wo die einzelnen Hersteller-Marken gänzlich verschwunden sind. Ist das für Sie okay? Sie investieren ja in Ihre Marke, und der Händler verbirgt sie dann.
Prader: Das ist nicht ganz okay. Aber es ist in den Ausstellungen zunehmend so, dass das Branding eher zurückgenommen wird. Bei Installateuren sieht die Sache wieder etwas anders aus. Die wollen schon wissen, mit welcher Marke sie arbeiten, denn sie brauchen ja irgendwann auch Ersatzteile. Wir arbeiten zum Teil sehr eng mit Installateuren bei der Planung, beim Aufmaß und auch bei der Montage zusammen. Die direkte Unterstützung der Installateure sehen wir als sehr wichtig an – und davon profitieren alle Seiten.
BT: In Ihrem Werk wird auch eloxiert. Erleichtert das die Produktion, dient das der Abgrenzung zum Mitbewerb und wäre es nicht einfacher, das von Profis machen zu lassen?
Prader: Nein, weil wir da die Profis sind. Wir fertigen sehr hochwertige Oberflächen, wie etwa die elektrolytisch glänzenden Oberflächen. Wir haben das früher von Zulieferern bezogen, waren aber von deren Qualität nicht überzeugt. Wir haben inzwischen auch schon Teile für die Flugzeugindustrie eloxiert; die wollten dann wissen, wie wir das machen, weil sie diese Qualität bislang nicht erhalten haben. Ein wesentlicher Vorteil der Eloxierung ist, dass wir nach dem Zuschnitt bzw. nach dem Bohren und Fräsen beschichten, damit hat man keine Schnittflächen.
BT: BIM, also Building Information Modeling, ist zu einem wichtigen Begriff in der Planung geworden. Beschäftigen Sie sich mit BIM-Daten für die Planung, oder steht die Dusche auch weiterhin für sich selbst?
Prader: Ja, BIM sagt mir natürlich etwas, und wir beschäftigen uns auch sehr intensiv damit. Es wird auch vom Kunden verlangt.
BT: Vom Architekten?
Prader: Ja, und es ist wichtig, weil es sehr rasch entscheidend für den Verkauf werden kann. Wir haben eigene Arbeitskreise dafür gebildet und wollen vorne dabei sein.
BT: Haben Sie schon BIM-fähige Produktdaten?
Prader: Wir werden bald soweit sein. Es gibt ja sehr unterschiedliche Meinungen dazu, in welcher Tiefe die Daten verfügbar gemacht werden sollen.
BT: Welche Lieferzeiten haben sie auf Einzelanfertigungen?
Prader: Wir haben Modelle, da garantieren wir die Fertigung innerhalb von neun Arbeitstagen, in der Regel können wir Sonderfertigungen binnen drei bis vier Wochen ausliefern. Aber wir haben auch Produkte, die innerhalb von 72 Stunden bzw. per Express sogar innerhalb von 48 Stunden auf der Baustelle sind.
BT: Steigt der Anteil an Sondermaßen?
Prader: Das hängt von den Aufträgen ab. Wenn viele Objekte hereinkommen, liefern wir viele Standards. Tendenziell sind bei uns aber die Sonderlösungen im Steigen. Architekten und Planer haben viele Ideen, die uns zum Zug bringen.
BT: Was verbirgt sich hinter der Dusche Drive 1.0?
Prader: Das ist eine Duschkabine mit einer Schiebetürlösung mit Magnetführung, die es nur bei uns gibt. Da lässt sich das Glas einfach wegklappen zur Reinigung, was eben in Hotels und Pflegeeinrichtungen sehr geschätzt wird. Das ist eines unserer meistverkauften Produkte.
BT: Sie bieten eine Nachkaufgarantie von zehn Jahren und eine Ersatzteilgarantie von 30 Jahren. Wird das viel in Anspruch genommen, und sprengt das nicht irgendwann die Lagerkapazität?
Prader: Ja, es kommen manchmal Leute zu uns, die haben Duschkabinen, die sind dreißig, vierzig Jahre alt und brauchen dann irgendein Hakerl. Bei den Dichtungen ist es sehr wichtig, dass man die verfügbar hat.
BT: Ändert sich beim Glas eigentlich noch etwas?
Prader: Der Standard ist 6 und 8 Millimeter, die Nano-Beschichtung ist auch etabliert. Da gibt es nicht viele Änderungen. Wenn die Gläser dicker werden, werden sie nicht stabiler, nur schwerer, das ist dann eher ein Nachteil.
BT: Wie viele Mitarbeiter beschäftigen Sie in Summe?
Prader: Wir haben in der Gruppe rund 220 Mitarbeiter. In Deutschland arbeiten etwa 20 Mitarbeiter in der Kundenbetreuung und im technischen Außendienst. In Österreich sind es etwa 45 Leute, die messen und montieren, weil der Installateur gar nicht mehr die Zeit hat, die Dusche zu montieren.
BT: Ist das die Zukunft, dass die Industrie selbst montiert?
Prader: Im Moment sieht es so aus. Der Handwerkermangel beflügelt das.
BT: Sie brauchen aber auch Handwerker?
Prader: Ja, natürlich.
BT: Was bleibt dann dem Installateur noch?
Prader: Wir haben schon auch noch jede Menge Partner, die selbst montieren. Viele lassen zum Beispiel alle Sonderanfertigungen von uns montieren, montieren aber Standardprodukte dann selbst. Wir montieren aber hierzulande nur mit eigenem Personal. Begonnen hat das alles mit den Glasduschen, wo eine hohe Messgenauigkeit erforderlich ist. Zuerst haben wir nur das Aufmaß gemacht, inzwischen montieren wir auch für manche Betriebe. Das heißt, wir können für den Installateur Projekte komplett selbstständig abwickeln oder aber ihn nur in Teilbereichen unterstützen – das ist für uns gelebte Partnerschaft.
BT: War 2018 ein gutes Jahr für Palme? Welchen Umsatz haben Sie erzielt?
Prader: Wir sind mit der Entwicklung und kontinuierlichen Steigerung grundsätzlich sehr zufrieden. Nachdem die Konjunktur sehr gut läuft, müssen wir vielleicht noch ein wenig geduldig sein, bis die Baustellen so weit fertig sind, dass die Duschen verbaut werden. Wir kennen das von 2008, damals haben wir nichts gespürt; im Gegenteil, das waren für uns sehr gute Jahre.
BT: Hatten Sie einmal richtig schlechte Jahre?
Prader: Nein, es ging immer kontinuierlich aufwärts. Mit dem Engagement in Deutschland ist es mehr geworden. 2006 sind wir dann mit dem deutschen Großhandel ins Geschäft gekommen, das hat einen Schub gebracht.