BTA – betont anders
Geplant war ein gemeinsames Gespräch über die im September stattfindende BTA (Building Technology Austria). Geklärt werden sollte, was der Event aus Sicht eines Architekten,eines Planers und des Veranstalters leisten muss und kann. Geworden ist es ein Diskurs, in dem die BTA selbst wenig erörtert wird. Stattdessen belegen der Architekt Schuller und der Gebäudetechnikplaner Christian Steininger mit ihren Statements, dass das „Miteinander Reden“ heute mehr nötig ist denn je. Die Technik wird komplexer und vernetzter, die Interessen der Akteure sind unterschiedlich und am Ende kann nur ein funktionierendes Bauwerk entstehen, wenn der Draht zwischen den Beteiligten stimmt. Klar herausgekommen ist aber dennoch, dass sich die BTA nicht nur als „Messe der Aussteller“, sondern vielmehr als Forum der Fachbesucher versteht. Das betont auch Markus Reingrabner, der sich als Category Manager seit geraumer Zeit voll der BTA widmet und mit dabei am Diskutiertisch war.
Building Times: Mit der BTA steht ein neues branchenübergreifendes Forum an. Ist die Zeit schon reif dafür?
Reingrabner: Aus unserer Sicht ist die Zeit reif dafür. Vor dem Hintergrund zunehmender Digitalisierung, Stichwort Smart Building, denken wir, dass Veranstaltungen, die sich auf einzelne Teile der Gebäudetechnik fokussieren, zu wenig weit greifen.
Schuller: Die technischen Aspekte des Bauens sind sehr komplex geworden, deshalb halte ich es für eine gute Idee, eine Plattform zu bilden, die der Vernetzung der Branche dient. Das Vernetzen ist eigentlich die Corporate Identity der BTA. So wie ich den Event verstehe, geht es nicht darum, Produkte zu präsentieren, sondern darum, über neue Lösungen nachzudenken, neue Lösungen zu zeigen und miteinander darüber ins Gespräch zu kommen. Und da meine ich persönlich, dass es höchste Zeit ist für die BTA.
Steiniger: Grundsätzlich ist die Zeit reif für branchenübergreifende Events. Die zentrale Frage ist, ob die Vertreter der Branche dafür bereit sind. Das wird man sehen. Ich selbst versuche schon seit mehr als 20 Jahren, die Dinge nicht isoliert zu betrachten.
Building Times: Was sind Ihre Erwartungen?
Steininger: Dass eben die erwähnte Vernetzung stattfindet. Dass neue und interessante Dinge offeriert werden und dass die Offenheit und das Verständnis für die Komplexität der Gebäudetechnik steigen. Es ist immer noch so, dass die funktionierende Gebäudetechnik keine Erwähnung findet und keinen Stellenwert hat. Wenn sie nicht funktioniert, dann ist sie zu kompliziert.
Schuller: Ich verbinde mit der BTA die Hoffnung, dass das gegenseitige Misstrauen abgebaut werden kann. Architekten misstrauen Haustechnikplanern und umgekehrt. Die Installateure, also die Ausführenden, meinen, dass die Studierten sowieso von nichts eine Ahnung haben und alles besser wissen. Die Investoren und Bauträger misstrauen allen und haben am liebsten alles in den eigenen Planungsabteilungen. Wenn es gelingt, die BTA zu einem Abbau des Misstrauens zu nutzen, können wir alle gewonnen.
Steininger: Misstrauen darf aber nicht verwechselt werden mit dem Hinterfragen von Entscheidungen. Grundsätzlich meine ich, dass das gesunde Misstrauen immer und bei allen Menschen angebracht ist.
Schuller: Ja, natürlich. Ich haben gerade einen Energieausweis rechnen lassen, da kam ein Heizwärmebedarf von 21 kwh/m² heraus. Auf meinen Einwand, dass das aufgrund der Bauweise nicht sein könne, wurde nachgerechnet. Jetzt liegt der HWB bei 13, so wie geplant.
Steininger: Ich würde sagen, dass so wie überall gilt, dass auch das Gegenüber Zwänge, Grenzen und seine eigene Realitäten hat. Da kann so ein Format wie die BTA hilfreich sein.
Building Times: Bei dieser BTA gibt es einige Partner. Fehlt da wer?
Steiniger: Ich meine, dass in Österreich die Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten wichtig wäre. Und was die Technik betrifft, auch noch die technischen Ingenieurbüros, die in der WKO organisiert sind.
Schuller: Ich denke auch, dass die Architektenkammer eine wichtige Rolle spielt, Architekten zu motivieren, sich mit der Gebäudetechnik zu befassen. Es wäre ein Riesenerfolg, wenn viele Architekten zur BTA kämen. Ich habe vor rund 30 Jahren begonnen, als Architekt zu arbeiten. Etwa im Jahr 2000 haben wir erste Passivhäuser gebaut; ich war damals sehr skeptisch, weiß aber inzwischen, dass es funktioniert. Heute stehen wir wieder an einem Punkt, wo viel Neues kommt. Das gilt für die Energietechnik, die Heiztechnik, das Smart Home und die Smart Grids. Mit der BTA besteht die Möglichkeit, diese neuen Technologien zu erörtern.
Reingrabner: Wir arbeiten seit rund eineinhalb Jahren an diesem Konzept und sind mit sehr vielen Interessengruppen in Kontakt. Das ist auch der aufwändigste Teil der Vorbereitung, weil es da um Kontakte geht und auch darum, dass man einen gegenseitigen Nutzen sichtbar macht. Wir sprechen mit allen relevanten Vereinen, Verbänden und Interessensgemeinschaften. Einige sind bereits als Partner mit an Bord, bei anderen laufen noch Gespräche. Das ist wesentlicher Teil der Besuchermobilisierung. Wir versuchen, das Netzwerk möglichst breit aufzustellen.
Building Times: Die Industrie präsentiert ja permanent Innovationen. Braucht man da noch extra eine Ausstellung?
Steininger: Bei technischen Geräten ist man immer auf technische Daten angewiesen und dadurch zwangsweise auch auf die Hersteller. Was natürlich nicht geht ist, dass bestimmte Fabrikate oder Produkte bevorzugt werden. Das ist ja auch ein Punkt, der immer wieder zur Sprache kommt: Dass die Planer eh nicht planen müssen, sondern dass die Industrie und die Ausführenden eh wissen, wo es lang-geht.
Building Times: Was vermutlich da oder dort auch so ist.
Steininger: Wer sagt das? Ich habe keine Wahrnehmung darüber, bei uns ist das sicher nicht so.
Schuller: Ich aber sehr wohl. Ich kenne Installateure, die nicht in der Lage sind, eine Heizlastberechnung zu machen.
Steiniger: Da muss man aufpassen. Es stimmt schon, dass die Gebäudetechnik einen schlechten Stellenwert hat. Noch schlechter ist aber der Stellenwert der Gebäudetechnikplanung. Ich bin auch Gutachter und weiß, dass es Projekte gibt, wo sich der Bauherr Gutes und Hochwertiges leistet. Sie treten aber nicht selten direkt an die Ausführenden heran, und dann beginnt das Problem. Weil die Schnittstellen nicht oder zu wenig bedacht werden und sich im Nachhinein herausstellt, dass ein Planer vielleicht doch eine gute Idee gewesen wäre. Ohne vernünftige Planung, die aber auch bezahlt werden müsste, wird es kein vernünftiges Funktionieren der Technik geben. Viel Geld für Technik auszugeben schützt nicht vor Flops.
Schuller: Wäre eine Generalplanerkultur da besser?
Steininger: Die meisten Hochbauten in Wien werden so realisiert. Meistens ist der Architekt der Chef, und der hat wenig Interesse daran, sich einen starken Partner ins Projekt zu holen, der ihm sagt, was geht und was nicht. Überspitzt formuliert haben Architekten lieber Partner, die zustimmen. Generell wird es bekanntlich schwierig, wenn Alpha-Planer aus der Architektur, der Gebäudetechnik und der Statik aufeinandertreffen. Dazu kommt noch die Budgetfrage. Wenn der Architekt das Planerhonorar verantwortet und verwaltet, wird er danach trachten, die Fachplanung so günstig wie möglich zu erhalten. Dem Grunde nach ist die Generalplanung eine gute Sache, sie hat jedoch auch Haken.
Schuller: Mir sagen viele Architektenkollegen, dass sie auf der Suche nach wirklich innovativen Haustechnikplanern sind. Manche meinen, dass es letztlich am gebotenen Honorar scheitert.
Steininger: Bei sogenannten innovativen Lösungen fällt tatsächlich viel Aufwand an. Erst muss man sie konzipieren. Dann muss man sie dem Architekten und dem Bauherrn erklären, dann noch den eigenen Leuten und schließlich noch den ausführenden Firmen, der örtlichen Bauaufsicht und auch dem Facility Management. Dafür braucht es einen langen Atem.
Building Times: Am besten lässt sich Innovation immer an realisierten Bespielen nachvollziehen. Ist das auf der BTA geplant?
Reingrabner: Wir haben uns intensiv mit den Bedürfnissen und Interessen der potenziellen Besucher-Zielgruppen beschäftigt. Da ist sehr rasch herausgekommen, dass es tatsächlich vor allem um realisierte und aktuelle Projekte geht. Alles, was im Fachforum und im BTA-Lab inhaltlich präsentiert wird, soll einen möglichst konkreten Praxisbezug haben.
Schuller: Die Aussteller sollten auch nicht einzelne Geräte hinstellen und erklären, dass das nun das beste ist. Es soll der interdisziplinäre Kontext erklärt werden. Wünschenswert wäre etwa eine gemeinsame Präsentation von Architekt, Haustechnikplaner und Bauherr. Das wäre sicher spannend.
Building Times: Wäre es denkbar, dass Planer, Bauherr und Ausführende auf der BTA gemeinsam ein gelungenes Projekt präsentieren?
Steiniger: Das ist gut gemeint, wird aber schwer zu realisieren sein. Die großen Installationsfirmen und die Bauindustrie arbeiten daran, die planerische Zunft zu verdrängen. Planer stören – überspitzt formuliert – das System. Die Ausführenden wollen Geld sparen. Das geht durch Massenreduktion und Qualitätsreduktion. Beides kann fatal enden; darauf müssen Planer hinweisen, und deshalb stören sie.
Reingrabner: Der Expo-Bereich ist primär schon dafür gedacht, dass die Industrie sich dort einbringt. Wir versuchen da auf die Industrie einzuwirken, dass man sich lösungsorientiert und projektbezogen und weniger produktspezifisch präsentiert. Dazu ist sicherlich auch ein Umdenken in der Ausstellerschaft notwendig, um so ein Format zu bespielen. Es ist eben neu, wenn die Hardware und das Produkt in den Hintergrund und Kompetenz und Intelligenz in den Vordergrund rücken.
Building Times: Deckt das BTA-Kongressprogramm das gefragte Spektrum ab?
Steiniger: Die eigentliche Planung fehlt, aber wie man sie abbilden könnte ist eine schwierig Sache das müsste man sich gut überlegen.
Building Times: Es gibt aber den Themenblock Qualitätssicherung von der Planung bis zum Betrieb. Reicht das nicht?
Steininger: Die Qualitätssicherung bildet Standards ab. Und da landet man sehr schnell bei Werten, die erreicht wer-den müssen. Das Streben danach, besser als der Standard zu sein, wird damit aber kaum erreicht.
Reingrabner: Wir haben die Themen gemeinsam mit Planern und Architekten definiert. Dabei war schon klar, dass nicht nur die Qualitätssicherung in Standards definiert wird, sondern auch das Verständnis von Qualitätssicherung diskutiert wird.
Schuller: Das Schlagwort Qualitätssicherung enthält ja verschiedene Aspekte. Einer davon ist das Monitoring, mit dem überprüft werden kann, ob das Versprochene in der gebauten Realität auch eingehalten wird. Das wird derzeit wenig gemacht, wäre bei komplexeren Gebäuden aber dringend notwendig. Auch das Thema BIM mit dem digitalen Zwilling kann in Zukunft ein Beitrag sein, um die Qualität zu verbessern. Und natürlich spielt auch die Bestellqualität des Bauherrn eine wesentliche Rolle. Wenn Bauherrn sich die Frage nach den Bau- und Betriebskosten stellen, verändert das auch die Betrachtung, meine ich.
Steininger: Einspruch – jeder Investor trachtet danach, ein Gebäude zu verkaufen. Der baut und vermietet. Die Betriebskosten spielen da eine untergeordnete Rolle. Die Technik muss zur Erfüllung der Gewährleistungsfrist halten. Das Gebäude muss gefällig sind und die Lage muss passen, dann wird erfolgreich verkauft. Die inneren Werte, also Dimensionierung und Wartungsfreundlichkeit usw., eines Gebäudes haben eher wenig Gewicht. Die Lösung dieses Dilemmas ist schwierig, weil die wenigsten Menschen ihre Betriebskosten wirklich kennen. Auch bei BIM habe ich meine Zweifel. Ich kenne bislang kein Programm, das in der frühen Konzept- und Vorentwurfsphase TGA-Ingenieure unterstützt.
Building Times: Smart Building ist auch ein Thema der BTA. Greift das nicht zu kurz?
Schuller: Doch, wir reden inzwischen von smarten Quartieren. Und von Energienetzen, in die ganz viele verschiedene Akteure Energie einspeisen oder daraus entnehmen. Das wird die Architektur beeinflussen. In Zürich gibt es ein großes Wohnhaus, das vollflächig mit Photovoltaik bestückt ist, und der Investor selbst sagt, dass sich das amortisiert. Das sind Themen, die auf der BTS diskutiert werden sollen.
Building Times: Ist die BTA auch ein Thema für Energieversorger?
Reingrabner: Der volle Titel des Themenblocks lautet Smart Buildings – Vernetzung nach innen und nach außen. Damit deckt man das Quartierthema und die Energieversorgung mit ab.
Building Times: Die BTA war ja als Nachfolge-Event für die Aquatherm gedacht. Gelingt es, die Aussteller des früheren Formats wieder ins Boot zu holen?
Reingrabner: Die Absage der Aquatherm 2017 war der Auslöser, um über ein neues Format nachzudenken. Im Zuge der Annäherung haben wir sehr rasch festgestellt, dass es nicht sinnvoll sein wird, einzelne Teile der Gebäudetechnik, wie zum Beispiel SHK, weiter isoliert darzustellen. Heute erleben wir, dass viele der früheren Akteure die Entwicklungen rund um die BTA sehr aufmerksam beobachten. Einige haben auch schon zugesagt. Eindeutiger sind derzeit die Anmeldungen aus den Bereichen Smart Building, Energy Systems und Gebäudeautomation.
Building Times: Ist das gut oder schlecht?
Steininger: Ich sehe das ganz wertfrei. Was aber für mich klar ist: Dass die IT enorm an Stellenwert gewinnt. Damit tut sich ein weiterer großer Graben auf. Das sind einerseits Planer, Architekten, Statiker, und anderseits sind das die ITler der Gebäudeautomation, die kaum Kenntnisse vom Bau und der Gebäudetechnik haben. Jene Firmen, die heute die Gebäudeleittechnik betreuen, müssen künftig die Netzwerke mitbetreuen, weil alles über diese Netzwerke läuft. Es braucht also überall EDVler und neue Berufsbilder, wie etwa Systemintegratoren.
Building Times: Herr Reingrabner, meinen Sie, dass die BTA die Vorstellungen der beiden Herren erfüllen wird?
Reingrabner: Man sieht an dieser Diskussion, dass viel Gesprächsbedarf vorhanden ist und der interdisziplinäre Diskurs wichtig ist. Dazu kommt, dass wir uns sehr genau überlegt haben, wer die Schlüsselbesuchergruppen sein sollen. Und wir haben klar definiert, dass deren Interessen weitaus mehr Berücksichtigung finden, als das in der Vergangenheit der Fall war. Wir sind ein Plattformentwickler und binden die Fachbesuchergruppen aktiv in die Gestaltung mit ein. Die BTA soll ein dynamisches Format sein, das sich entsprechend weiterentwickeln und formen lässt.
Schuller: Die Architektur funktioniert nicht ohne Gebäudetechnik. Und die Technik funktioniert nicht ohne Architektur. Deshalb meine ich, dass das gegenseitige Verstehen und die Reduzierung von Misstrauen sicher sinnvoll sind.