Die Armatur-Natur

Christian Tröger arbeitet seit fast 30 Jahren für Hansgrohe, seit 10 Jahren als Österreich-Chef. Innovationen gehören für ihn seit jeher zum Alltag.

Der Armaturen und Duschsystemhersteller Hansgrohe hat kürzlich in Wiener Neudorf seinen Schauraum neu eröffnet. Gezeigt wird dort ein Großteil des sehr umfangreichen Portfolios des deutschen Herstellers. Bei nicht wenigen Armaturen und Brausen fließt auch tatsächlich Wasser, um Besuchern die Produkte live zu demonstrieren. Einer, der nicht nur jeden Winkel der Ausstellung, sondern auch die meisten Produkte bis ins Detail kennt, ist Christian Tröger. Er arbeitet seit knapp 30 Jahren für das Unternehmen und ist seit nunmehr zehn Jahren Geschäftsführer. Eine Rolle, die ihm zu Beginn gar nicht so ins Konzept gepasst hat, er ist gelernter Verkäufer und sein Terrain waren sehr lange die Kunden und deren Bedürfnisse. Als er 1993 gestartet ist, war Hansgrohe mit gut zehn Leuten am Markt vertreten, heute sind es knapp 30. Sie alle ziehen an einem Strang, damit die Produkte in Hotels, Wohnbauten und öffentlichen Bauten installiert werden. Hansgrohe-Armaturen liegen im oberen Mittelpreissegment und die zweite Marke des Hauses, Axor, deckt Premiumbedürfnisse ab. Und das mit ziemlich großem Erfolg. Das vergangene Jahr war für die Hansgrohe Group geprägt von der Zahl 27. Mit einem Umsatzplus von 27 Prozent auf 1,365 Milliarden Euro legte Hansgrohe 2021 ein Rekordjahr hin. 2021 war somit das erfolgreichste Geschäftsjahr der Unternehmensgeschichte. Auch das Ergebnis wuchs um 27 Prozent auf 249,7 Millionen Euro. Wie gut es genau in Österreich gelaufen ist, wird nicht verraten. Hansgrohe steht zu 32 Prozent im Familienbesitz, den großen Rest hält die amerikanische Masco Corporation aus Michigan. Und beide Eigentümer sind darauf bedacht, dass die Zahlen einzelner Märkte dort bleiben wo sie sind – in den Büchern. „Wir waren sehr erfolgreich und auch 2022 läuft sehr gut“, kommentiert Tröger den Lauf der Dinge. Und der läuft wirklich schon sehr lange sehr gut, denn was vor nicht allzu langer Zeit ein Jahresumsatz war, wird heute, wenn es gut läuft, in einem Monat erwirtschaftet, wie Tröger bestätigt.

Traditionsunternehmen mit Weltrang

Begonnen hat die Geschichte in Schiltach im Schwarzwald wo Hans Grohe 1901 mit der Metallbearbeitung begann und sich bald danach auf Metallprodukte für den Sanitärbereich konzentrierte. Ab 1929 setzte Grohe auf ein neues Messingdruckverfahren und begann ab 1930, Produkte zu verchromen. 1934 wurden erste Auslandsvertretungen gegründet. 1977 übernahm Klaus Grohe, der jüngste Sohn des Gründers, die alleinige Geschäftsführung und führte den Markennamen hansgrohe ein. Ganze 33 Jahre lang leitete er das inzwischen weltweit erfolgreiche Unternehmen und stand von 2008 bis 2015 dem Hansgrohe Aufsichtsrat vor. Heute ist er dessen Ehrenvorsitzender. Hansgrohe ist am Markt mit den Marken Axor und hansgrohe vertreten und erzeugt Armaturen, Brausen und Duschsysteme. Die Produkte des Hauses wurden seit 1974 mit mehr als 700 Designpreisen belohnt.

Die Produktion erfolgt an sieben eigenen Standorten, von denen sich vier in Deutschland, sowie je einer in Frankreich, in den USA und in China befinden. Ein weiteres Werk ist in Serbien geplant. Die Geschäfte mit Russland hat Hansgrohe unterdessen komplett auf Eis gelegt.

Im Building Times-Interview spricht Christian Tröger über den Sinn von Schauräumen und den Reiz von digitalisierten Armaturen.

 

INTERVIEW: Christian Tröger

Building Times: Sie haben kürzlich Ihren Schauraum in Wien neu adaptiert präsentiert. Braucht es heute tatsächlich noch eine Ausstellung, um Architekten, Installateure und deren Kunden zu bedienen?

Christian Tröger: Mit unserem Schauraum in Wiener Neudorf erhalten Sanierer und Bauherren nicht nur die Möglichkeit, unsere Produkte live zu sehen, ebenso können sie deren Funktionen ausprobieren. Neben dem herausragenden Design und den innovativen Funktionen geht es bei hansgrohe auch um den Wohlfühlfaktor. Deshalb haben unsere Kunden die Möglichkeit, in unserem Water Studio die meisten Strahlarten bei fließendem Wasser kennenzulernen.

Ein weiterer Vorteil ist natürlich die Produktberatung und Inspiration, die wir hier bieten können, vor allem, wenn es um Individualisierung geht. Zurzeit ist das einer der wichtigsten Megatrends. Viele Menschen erleben aufgrund standardisierter Produkte und Einheitslösungen ein gewisses Gefühl der Gleichartigkeit, dem sie entgegenwirken wollen. Sie suchen nach persönlichen Ausdrucksformen von Luxus, Stil und Wohlbefinden. Diesem Wunsch können wir hier optimal nachkommen, da wir gerade im Schauraumbereich der Designmarke Axor in Ambiente-Bäder und in individualisierte Produkte, in Bezug auf Farboberflächen und unterschiedlichen Komfortzonen, investiert haben. Daher – es braucht tatsächlich eine Ausstellung, denn wir wollen unseren Konsumenten ein Gesamtpaket an Sicherheit bei ihrer Kaufentscheidung mitgeben.

Building Times: Wie viele Besucher erwarten Sie pro Jahr?

Christian Tröger: Wie in den letzten Jahren rechnen wir auch heuer wieder mit rund 5000 Besuchern, darunter Architekten und Installateure mit ihren Kunden, Bauträger, Großhändler und vor allem Sanierer und Bauherren.

Eines der Prunkstücke im Schauraum ist RainTunes, eine technisch anspruchsvolle Duschlösung. Das digitale Duschsystem RainTunes vernetzt Wasser, Licht, Ton und Duft zu einem ganzheitlichen Wassererlebnis. Diese verbindet sich über die eigens dafür entwickelte hansgrohe home app mit dem hauseignen WLAN-Netzwerk, um auf digital gesteuerte Duschszenarien zurückzugreifen, die dann während des Duschvorgangs automatisch ablaufen. Mit einem Fingertipp auf die App wird eines von sieben Szenarien in die Dusche übertragen und sorgt dort für eine vollkommen neue und multisensorische Dimension des Duschens.

Building Times: Sind die heimischen Installateure fit, um solche Lösungen auch einwandfrei zu installieren?

Christian Tröger: Aufgrund dieser Komplexität und Neuartigkeit dieser Produkte hat Hansgrohe am internationalen Markt ein selektives Vertriebssystem aufgesetzt. Denn dieses Produkt erfordert von den Vertriebspartnern sowie deren Geschäftskunden gesteigerte Leistungsfähigkeit im Hinblick auf die Präsentation (on- und offline), Beratung, Installation sowie den Kundenservice. Die Inbetriebnahme der zu vernetzenden RainTunes-Produkte kann nur durch zugelassene und geschulte Installateure erfolgen. Auch der Endkunde selbst kann eine Freischaltung nicht vornehmen. Wir haben dafür in Österreich ein Ausbildungs- und Zertifizierungsprogramm für Installateure, die RainTunes Partners werden wollen, eingerichtet.

Building Times: Würden Sie sich selbst eine Dusche einbauen lassen, die nur funktioniert, wenn auch das WLAN mitspielt?

Christian Tröger: Ja, natürlich. Denn selbstverständlich gibt es auch die Möglichkeit, das tägliche Duschritual individuell zu steuern, entweder durch das fest montierte RainPad oder durch RainButton. Dabei lassen sich Temperatur, Wassermenge und Strahlart jederzeit verändern.

Building Times: Klimaschutz ist eine enorme Herausforderung. An welchen Hebeln können Kunden im Bad oder in der Küche ansetzen, um ihren CO2-Fußabdruck zu reduzieren?

Christian Tröger: Auf jeden Fall Wassersparen. Bei unseren Produkten ist das schon lange das Top-Thema. Weniger Wasserverbrauch – insbesondere Warmwasser – bedeutet auch Energieeinsparungen. Eine zentrale Rolle spielt deshalb bei unseren Produkten, sowohl bei unseren Brausen als auch den Armaturen, die EcoSmart-Technologie. Sie reduziert den Wasserverbrauch auf bis zu 9 l/min bei Kopf- und Handbrausen ohne den Komfort groß zu schmälern. Green-Produkte verbrauchen sogar nur 6 l/min. Zusätzlich gibt es Armaturen mit unserer CoolStart-Technologie. Sie sorgt dafür, dass die Armatur in der Mittelstellung des Griffs automatisch kaltes Wasser liefert. Daher wird für ein kurzes An und Aus der Armatur, beispielweise beim Zahnbürste befeuchten, nicht unnötig Energie für das Erhitzen des Wassers verbraucht.

Building Times: Die Pandemie hat unser Leben verändert – auch beim Händewaschen. Hat sich bei Ihnen der Absatz von berührungslosen Armaturen deutlich gesteigert?

Christian Tröger: Aufgrund der Pandemie hat sich das Bedürfnis nach mehr Sicherheit bei der Hygiene weitreichend verstärkt und das merken wir jetzt natürlich entsprechend am Absatz. Im Zuge der Pandemie haben wir gleich zwei neue Modelle von berührungslosen Armaturen auf den Markt gebracht. Die neuen Armaturenlinien – Vernis Blend und Talis E – weisen eine hohe Ausfallsicherheit auf und sichern somit zuverlässig den Wasserzugang. Auch bei hohen Nutzungsfrequenzen im öffentlichen Raum ist das Wassermanagement der neuen Generation Selbstschluss- und Elektronikarmaturen durch eine reduzierte Durchflussmenge und automatische Endabschaltung besonders effizient und nachhaltig.

Building Times: Die Lieferfähigkeit ist in vielen Sparten des Bauwesens sehr im Gerede. Können Sie derzeit allen Kunden ihre Wünsche zeitgerecht erfüllen?

Christian Tröger: Während der Pandemie konnte Hansgrohe die Lieferkette bisher insgesamt stabil halten und somit wesentliche Produktionsunterbrechungen vermeiden. Seit Beginn der Pandemie sind auch unsere Kolleginnen und Kollegen vom Einkauf extrem gefordert, denn wir werden von Lieferanten aus der ganzen Welt versorgt. Fast täglich gibt es Meldungen von kurzfristigen Engpässen, von Lieferzeiten, die sich deutlich verlängert haben, von speziell für uns zertifiziertem Rohmaterial, das knapp wird.

Building Times: Und die Lieferkette hält trotzdem?

Christian Tröger: Ja, wir haben über viele Jahre hinweg kontinuierlich eine solide Lieferantenstruktur aufgebaut, die uns bis heute einen Vorsprung verschafft. Ein Beispiel für unsere innovative Anbindung von Lieferanten ist unser Konzept eines Konsignationslagers, das am Standort Offenburg von einem externen Logistikpartner bewirtschaftet wird. Über das Lager sind wir gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen aus IT und Logistik sehr gut an unsere Lieferanten angebunden. So sehen unsere Lieferanten unseren Bedarf für das nächste Jahr, ändert sich der Bedarf, bekommen sie eine Meldung und können so rechtzeitig mögliche Engpässe ausgleichen.

Building Times: Die Raus aus Öl und Gas-Kampagnen haben zu einem immensen Boom beim Heizungstausch geführt. Leidet darunter eigentlich die Sanitärsparte?

Christian Tröger: Natürlich ist das Thema gerade jetzt an seinem Höhepunkt angelangt. Dennoch ist die Notwendigkeit für eine Umstellung auf alternative Heizformen und weg von fossilen Heizstoffen aus Klimaschutzgründen schon lange brisant. Entsprechende Fördermaßnahmen zum aktuellen Zeitpunkt begünstigen daher das Wachstum am Installations- und Heizungsmarkt. Und klar ist – wenn es um Sicherheit und Nachhaltigkeit geht, ist man schneller bereit zu investieren. Die Sanitärbranche leidet definitiv darunter.

Building Times: Wie war für Hansgrohe Österreich 2021 und wie läuft es heuer?

Christian Tröger: Anbetrachts der Situation hat sich das erste Halbjahr bei Hansgrohe in Österreich durchwegs positiv entwickelt. Unsere gute Lieferperformance trägt maßgeblich zum Erfolg bei. Dafür zeichnet sich unsere umsichtige und vorausschauende Einkaufspolitik und das Lagermanagement aus. Aber auch dem Zeittrend entsprechend liefern wir die richtigen Produkte, vor allem, wenn es ums Wassersparen geht, kann der Konsument mit relativ wenig Kostenaufwand bei uns Produkte erwerben, die ihn unterstützen Energiekosten zu sparen. Weniger Wasserverbrauch (insbesondere Warmwasser) hilft Energie zu sparen. Die Installation eines neuen Heizsystems kann sich nicht jeder leisten oder es besteht oftmals erst gar nicht die Möglichkeit dazu. Vor allem bei Mietwohnungen trifft diese Entscheidung klar der Vermieter.

Building Times: Österreich ist ein gesättigter Markt. In welchen Segmenten sehen Sie noch Wachstumsmöglichkeiten?

Christian Tröger: Ja – wir sehen nach wie vor Chancen. Unser kontinuierliches Wachstum bestätigt den Erfolg unserer Strategie. Wir verjüngen unser Sortiment immer mit Innovationen, die unseren Fachpartnern und dem Endkunden zusätzlichen Nutzen bringen. Diesen Weg setzen wir konsequent fort.

Building Times: Womit konkret?

Christian Tröger: Erst 2021 haben wir mit unserem Neuheitenfeuerwerk bewiesen, wie wir mit unseren innovativen Produkten unsere Zielgruppen treffsicher bedienen können: beispielsweise mit unsern AddStoris Accessoires – passend zu den gängigen hansgrohe Armaturen Linien sowie WallStoris – für das junge Publikum und Bewohner von Mietwohnungen. Mit Erfolg haben wir gleich zwei praktische Armaturenlinien auf den Markt gebracht: Vivenis für den Wellnesstyp und Finoris mit viel Bewegungsfreiraum am Waschplatz, oder das hansgrohe RainDrain Ablaufprogramm mit unserer Dryphon Technologie für mehr Ablaufleistung in der Dusche und einfacher Reinigung, um nur einige zu nennen. Oder lassen Sie uns etwas in die Vergangenheit zurückblicken. 2001 hat Hansgrohe die iBox universal erfunden und damit die Unterputzinstallationen revolutioniert. Mit der iBox montieren Sanitärfachleute alles, was im Badezimmer elegant hinter der Wand verschwinden soll, schnell und sicher. Bäder, die einmal mit der iBox universal ausgestattet sind, lassen sich später leicht und sauber modernisieren. Heute kann der Installateur nach dem Baukastenprinzip für über 400 verschiedene Armaturenvarianten der Premiummarken hansgrohe und Axor denselben Grundkörper einbauen. Daher ist Nachhaltigkeit ein überaus wichtiges Thema bei weiteren Produktentwicklungen. Energie und Wasser sparen wird dabei eine zunehmende Rolle spielen.

Building Times: Derzeit boomt der Wohnbau noch, Experten erwarten aber eine deutliche Abflachung. Sind die fetten Jahre damit vorbei?

Christian Tröger: Der in den letzten Jahren zu beobachtende Boom im Wohnbau klingt langsam ab. Die Rekordzahl an Wohnungsfertigstellungen der Jahre 2019 und 2020 wurde 2021 noch übertroffen. Ab 2022 könnte mit einer rückläufigen Anzahl an Fertigstellungen zu rechnen sein. Die Abschwächung der Nachfrage in Verbindung mit Engpässen bei Baumaterialien, die bereits immensen Anstiege der Baukosten und die noch möglichen Zinssteigerungen lassen ein Auslaufen des Booms im Wohnbau erwarten. Jetzt wäre die Regierung gefragt, mit entsprechenden Fördermitteln entgegenzuwirken, um die Kostensituation noch rechtzeitig in den Griff zu bekommen.

Building Times: Die Dreistufigkeit gerät in manchen Bereichen des Sanitärgeschäfts zunehmend unter Druck. Ist es für Sie denkbar, dass Hansgrohe künftig direkt an Endkunden verkauft und auch montiert?

Christian Tröger: Wir bekennen uns in Österreich zum dreistufigen Vertrieb. Der Fachhandel und das Handwerk sind unser Ansprechpartner Nummer 1. Wir arbeiten seit Jahren mit unseren Partnern vertrauensvoll zusammen. Denn nur durch diese professionelle Zusammenarbeit können wir unsere Ansprüche an Qualität und Kundenzufriedenheit vollkommen befriedigen. Wir sind fest davon überzeugt, dass gerade das fachliche Know-how und die Beratungskompetenz das sind, was dem Handwerker einen klaren Vorteil verschafft. Damit sich das Handwerk durch Kompetenz, Top-Produkte und über den Service beim Endkunden positionieren kann, gibt Hansgrohe hier seit mittlerweile 120 Jahren vollen Support. Auch wenn einmal etwas schief geht, stehen wir dazu und reden partnerschaftlich miteinander. Nur so finden wir gemeinsame Lösungen, die für alle tragbar sind. Denn wir alle sind uns bewusst: Ohne den Handwerker geht es definitiv nicht, und egal wie wir für die Handwerker in den Vorverkauf gehen: kein Weg führt am Spezialisten vorbei.