Erneuerbare pushen, Kosten senken

Die Grazer meo Energy GmbH hat eine Software-Lösung entwickelt, die Bestandsgebäude optimieren soll. Zusätzlich zum Einsatz von Erneuerbaren sollen auch die thermischen Kapazitäten als Energiespeicher nutzbar werden.

Mit einem Team aus Architekten, Soft- und Hardwareentwicklern sowie Haustechnikexperten hat der Gründer Peter Käfer seit 2010 in enger Kooperation mit Forschungs- und Entwicklungspartnern eine herstellerunabhängige Energiemanagement-Plattform mit Schwerpunkt auf die Nachrüstung von Bestandsgebäuden entwickelt.

In einem ersten Schritt werden alle Energieflüsse in den Gebäuden digital erfasst. Das Monitoring und die Verbrauchsmessung von Wärme, Kälte und Strom im gesamten Gebäude-Portfolio sorgen für Transparenz und verbessern so die Prozesse für jede Effizienzmaßnahme, sagt Käfer. Alle Daten können mit meo Energy auf einer zentralen Plattform live visualisiert werden. „Das automatisierte Erkennen von Fehleinstellungen bei Heizungen oder das Aufspüren von Stromfressern spart viel Zeit, Energie und CO2“, so der gelernte Architekt.

Die Ausnutzung von thermischen Kapazitäten der Gebäude mit aktiven Steuer- und Regeleingriffen sei der nächste logische Schritt. Gerade bei Gebäuden mit älteren Heizungsanlagen können durch intelligente Optimierung mit Wetterprognosen und passiven Energiegewinnen sofort bis zu 20% Energiekosten eingespart werden, so Käfer. Durch die herstellerunabhängige Vernetzung der gesamten Haustechnik für Wärme, Kälte und Strom soll noch viel mehr möglich werden: So könne Strom aus Photovoltaikanlagen für das effiziente Heizen und Kühlen (Power2heat) genutzt werden. Möglich sei weiters die Nutzung der thermischen Speicherkapazitäten der Gebäudemasse und die von Warmwassersystemen werden dafür mit selbstlernenden Steuer- und Regelalgorithmen aktiviert. Das mache Gebäude zu großen Energiespeichern, die bereits vorhanden sind, so der Dienstleister.

INTERVIEW: Peter Käfer

Building Times: Herr Käfer, was macht meo Energy?

Peter Käfer: Wir sind eine Softwarentwicklungsfirma und sind mit integralem Energiemanagement gestartet. Das war 2014, von dort weg haben wir viele Projekte im Einfamilienhaus-Segment realisiert. Dabei haben wir sehr viel gelernt und das hat in der Folge auch zum jetzt verfügbaren Produkt Propilot geführt.

Building Times: Worum geht es da?

Käfer: In einem ersten Schritt geht es dabei um die Digitalisierung des Gebäudebestandes. Darauf aufbauend haben wir eine Reihe von Anwendungen, um diese Daten verwerten. Das geht von der Effizienzsteigerung im Bestand, speziell auf der Wärmeseite, bis hin zu Energieverbundsystemen, wo wir eben Erneuerbare, wie die Photovoltaik einbinden können. Das Ganze funktioniert auch gebäudeübergreifend.

Building Times: Für welche Zielgruppe ist dieses Produkt gedacht?

Käfer: In erster Linie Wohnbauträger, Immobilienbesitzer und Hausverwaltungen, die danach streben, die Effizienz ihres Bestandes zu heben. Das Einfamilienhaussegment decken wir inzwischen weitgehend über Partner ab. Und eine ganze Reihe von Betreibern für den Aufbau von Energiegemeinschaften fragen derzeit an.

Building Times: Warum sollten Immobilieneigentümer ihre Effizienz verbessern, wenn die Kosten ohnehin die Mieter tragen?

Käfer: Sie werden müssen, denn es wird nicht reichen in den alten Strukturen zu denken. Die Dekarbonisierung ist mehr oder weniger Pflicht und man wird nicht die gesamten Investitionen den Mietern umhängen können.

Building Times: Wie sieht es mit dem Ersatz der guten alten Gasetagenheizung aus?

Käfer: Die sind ein Problem, weil sie in weiten Teilen alternativlos sind. Wir wissen aber, dass in einigen Immobilien begonnen wird, mit Infrarotheizungen in Kombination mit PV den Gasverbrauch zu reduzieren.

Building Times: Wie weit gehen Sie bei Ihren Vorschlägen?

Käfer: Das reicht je nach Anspruch des Kunden von der kompletten Dekarbonisierung, bis hin zu einfacheren Effizienzsteigerungen oder Ergänzungen mit geringerem Kostenaufwand.

Building Times: Wo lässt sich am einfachsten optimieren?

Käfer: Viel Potenzial gibt es im Bereich Warmwasser. Bei einem Projekt mit 12 bis 16 Wohnungen kann es sehr lohnend sein, die Warmwasserbereitung auszukoppeln und über die Photovoltaik zu erwärmen. Bei geschickter Implementierung kann man damit 30 bis 40 Prozent Einsparung erreichen und die Heizung erst später angehen.

Building Times: Und warum sollte ein Bauträger das nicht mit dem Installateur seines Vertrauens realisieren?

Käfer: Weil es kompliziert ist und die Gewerketrennung eine integrale Betrachtung erschwert. Der Bauträger kann natürlich einen Heizungsbauer konsultieren, der wird ihm aber in den meisten Fällen nur bedingt weiterhelfen. Er wird an einen HKLS-Planer und auf einen Elektroplaner verwiesen werden, weil kaum jemand die Gesamtsysteme betrachtet.

Building Times: Sie verstehen sich also als Gesamtbetrachter?

Käfer: Ja, wir waren von Beginn an Problemlöser bei Einfamilienhäusern. Da ist es nicht anders. Da gibt es oft eine Wärmepumpe, dann ist irgendwann eine Solaranlage mit Heizstab dazugekommen und um die Regelung der Systeme hat sich keiner wirklich gekümmert. Wir sind ein interdisziplinäres Team und arbeiten herstellerunabhängig.

Building Times: Weiß man bei größeren Projekten schon vorab, ob überhaupt Optimierungen möglich sind?

Käfer: Ja, weil wir mit den gewonnenen Daten Amortisationsrechnungen anstellen können. Wir können zum Beispiel mit sektorübergreifenden Energiebilanzen sehr genau vorhersagen, was es bedeutet, wenn wir zum Beispiel die Heizung mit Überschüssen aus einer PV-Anlage unterstützen.

Building Times: Ist die Solarthermie gar kein Thema mehr?

Käfer: Sie wird zu Unrecht am Markt geprügelt. Das liegt aber auch daran, dass die Anlagen nicht optimal ausgelegt sind und im Sommer große Überschüsse anfallen, die nicht nutzbar sind. Und es gibt natürlich einen Krieg um das Dach. Wir legen uns aber überhaupt nicht auf eine Technologie fest, wir versuchen mit allem das Optimum zu erreichen – und das auf Datenbasis und nicht aufgrund von Annahmen, die oft nicht zutreffen. Mit unserem Systemanalyse-Tool kann ein Konzept mit Bestands- und Simulationsdaten generiert werden. Diese Anlagenkonzeptionen sind so detailliert, dass damit praktisch eine Ausschreibung gemacht werden kann.

Building Times: Was sind Ihre Hauptkunden?

Käfer: Bei Immobilien-Bestandshaltern sind die Entscheidungswege kürzer als bei anderen. Interessanterweise haben sich in den letzten Tagen aber auch einige Eigentümergemeinschaften gemeldet, die gemeinsam ihren CO2-Verbrauch senken wollen.

Building Times: Und was sagen Sie diesen?

Käfer: Wenn es eine zentrale Warmwasserbereitung gibt, haben wir gute Chancen etwas zu bewegen. Mit unserer Software lässt sich schnell und unkompliziert evaluieren, was wirtschaftlich ist.

Building Times: Also hat der gestiegene Gaspreis unmittelbar gewirkt?

Käfer: Ja, es gibt derzeit mehr Anfragen und es fehlt uns an Ausführenden – Stichwort Fachkräftemangel. Mit unseren Softwareprodukten beschleunigen wir aber die Sache, weil der Heizungsbauer oder wer auch immer, keine Systemlösung mehr entwickeln muss und gleich die Installation angehen kann. In der Projektierung wird so massiv Zeit gespart.

Building Times: Das heißt, der Bauherr erhält ein fertiges Konzept?

Käfer: Ja, das ist der Mehrwert, den inzwischen immer mehr Unternehmen auch schätzen. In der Steiermark haben wir inzwischen ein paar Doppelkonzessionäre, die sich erfolgreich als GU für Energie positionieren. Auch in Salzburg und Tirol gibt es vergleichbare Betriebe.

Building Times: Das heißt, die Gewerkeintegration geht voran?

Käfer: Ja, und das ist gut so. Als gelernter Architekt weiß ich, wovon ich spreche. Wenn es zwei Gewerke braucht, um einen einfachen Wärmemengenzähler zu installieren, kann etwas nicht stimmen. Wir brauchen künftig Energiehandwerker. Und natürlich auch Ausschreibungen, die nicht das Trennende, sondern das Integrierte in den Mittelpunkt stellen.

Building Times: Wenn das Realität wird, ist Ihr Businessmodell überflüssig, oder nicht?

Käfer: Bis dahin vergeht noch Zeit, da mache ich mir keine Sorgen. Das herstellerunabhängige digitale Abbilden der Realität und die Simulation für den Einsatz neuer Energiequellen ist nicht trivial. Letztlich geht es darum Komplexität im Bestand zu reduzieren. Davor scheuen sich auch viele Planer, weil der Neubau vergleichsweise einfach zu realisieren ist.

Building Times: Sie sind auch in der Schweiz tätig, wie ist es dazu gekommen?

Käfer: Die Schweiz ist ein sehr guter Markt für uns, wir erzielen dort mehr als die Hälfte des Umsatzes. Die sind einfach weiter, weil es dort üblich ist, dass Energieberater nicht nur Energieausweise ausstellen, sondern auch klare Handlungsempfehlungen für Sanierungen liefern. Wir haben in der Schweiz sehr viel gelernt, weil die dort geforderte Präzision anspornt.

Building Times: Sind Sie Energiedienstleister oder Ausschreibungsersteller?

Käfer: Wir sind das digitale Bindeglied dazwischen. Wir wollen Simulationen abliefern, die klare Handlungsanleitungen ermöglichen.

Building Times: Was verrechnen Sie dem Kunden?

Käfer: Wir bieten eine laufende Dienstleistung, weil wir die Daten laufend aufzeichnen, analysieren und optimieren. Das geht auf Wunsch bis hin zur Energieabrechnung. Das sind prozessunterstützende Dienste.

Building Times: Sie vergeben Lizenzen für Ihre Software, oder?

Käfer: Ja, wir haben ja bereits viele Kunden. wir haben die Software geschaffen, um anderen die Arbeit zu erleichtern. Wir selbst wollen nicht als Energiedienstleister von Projekt zu Projekt ziehen. Wir bieten digitale Prozessunterstützung.

Building Times: Ist Ihre Entwicklung auch für Bürogebäude nutzbar?

Käfer: Aktuell fokussieren wir uns auf Wohngebäude. Bürogebäude sind insofern schwieriger, weil dort meist proprioritäre Gebäudeleitsysteme verbaut sind. Es gibt zwar Schnittstellen, im Grunde braucht es aber sehr schnell einen eigenen Techniker, um wirklich in diese Systeme einzugreifen. Aber auch diesen GLT-Anbietern wird mittelfristig nichts anderes übrigbleiben, als deren Systeme für ein übergeordnetes Energiemanagement zu öffnen, so wie die großen Anbieter von Hausverwaltungs-Software.