Der Wende-Manager

Christian Hofer ist nahezu 17 Jahre Österreich-Chef von Hoval. Mit rund 300 Mitarbeitern managt er den Wandel: Von fossil auf erneuerbar. Und von analog zu digital.

Jede Branche hat Urgesteine. Christian Hofer ist das von Hoval Österreich. Er ist seit 1997 im Unternehmen und ist damit fast ein Vierteljahrhundert beim Heizungshersteller mit Zentrale in Vaduz tätig. In den Fürstensitz am Rhein wurde er nach Jahren als Kundendienstleiter in Graz und Hohenems zum Gespräch eingeladen. Er hat überzeugt, im November 2004 trat der gebürtige Wiener seinen Job als Geschäftsführer in der 1946 gegründeten Österreich-Zentrale in Marchtrenk an. Als solcher ist er für die Bereiche Verkauf, Kundendienst, Marketing und Kommunikation, Produktmanagement und die Österreich-Logistik verantwortlich. Darüber hinaus ist Hofer auch Unternehmenssprecher für die Heizund Klimatechnik. „Das ging nur, weil auch meine Frau bereit war, die mehrmaligen Ortswechsel mitzumachen“, sagt der passionierte Segler. Er ist immer noch flexibel, wohnt in der Steiermark und macht im Jahr rund 50.000 Kilometer mit dem Auto und fährt nebenbei Motorrad.

Was das laufende Geschäft betrifft, ist Hofer derzeit recht zufrieden. Im Vorjahr habe man trotz des Corona-Schocks im Frühjahr ein hohes einstelliges Umsatzplus auf rund 60 Millionen Euro erreicht, berichtet der Manager. Der größte Teil davon stammt inzwischen aus dem Segment Wärmepumpe, das den ehemaligen Hauptumsatzbringer Gaskessel inzwischen abgelöst hat. Bei den größeren Gaskesseln gilt Hoval dennoch als einer der potentesten Anbieter auf dem Markt. Zudem mischt die Familien-AG mit Werken in Vaduz, der Slowakei, Deutschland, Großbritannien und China auch in der Fertigung von BHKW-Anlagen und Fernwärmekomponenten kräftig mit. Die Hoval-Wärmepumpen stammen aus Tirol, konkret von der WPM Wärmepumpen GmbH, einem 50:50 Joint Venture zwischen Hoval und der iDM-Energiesysteme GmbH. Die in Matrei gefertigten Geräte unterscheiden sich von jenen von iDM, bei der Regelung legt Hoval nämlich großen Wert auf eigenes Know-how. Gemeinsam haben die beiden Partner im Moment neben der Produktion das Ringen um Komponenten und die Einhaltung von Liefervereinbarungen. Das trifft inzwischen die gesamte Branche und macht Heizungen geringfügig teurer. Dennoch ist Hofer zuversichtlich. Wenn nur die Hälfte dessen, was die Politik sich vorgenommen hat, umgesetzt wird, gäbe es weder für Installateure noch für die Industrie irgendeinen Grund zur Trauer. Die Hersteller seien eher gefordert, die Heizungsinstallation so einfach wie möglich zu machen, um die Taktzahl zu erhöhen. Dazu haben Hofer und sein Team auch Fixpreis-Pakete konzipiert, die den Anbahnungsprozess verkürzen sollen. Seit Jahren nicht mehr vertreten, ist Hoval auf Messen. Die Evaluierung habe gezeigt, dass das Kosten-Nutzen-Verhältnis mit anderen Investitionen besser sei, so Hofer. Die Digitalisierung der Prozesse sei eine davon, die aber längst nicht abgeschlossen ist, wie der Absolvent des Wiener TGM im Building Times-Exklusiv-Interview erklärt.

 

INTERVIEW: Christian Hofer

 

Building Times: Herr Hofer, 2020 war ein sehr starkes Heizungsjahr, 2021 wird vermutlich noch stärker. Wie hoch war das Wachstum im Vorjahr und welcher Kesseltyp ist Ihr absoluter Renner?

Christian Hofer: Das Wachstum war trotz Corona hoch einstellig. Vor eineinhalb Jahren hätte sich das niemand zu hoffen getraut. Wir konnten aber das Tief des Frühjahrs kompensieren und sind hochzufrieden. Der Renner ist ganz eindeutig die Wärmepumpe und in den letzten Jahren immer mehr die Luft-Wasser-Wärmepumpe.

Building Times: Können Sie derzeit Geräte in allen Leistungsklassen kurzfristig liefern?

Hofer: Nein, wir haben letztes Jahr im Rahmen unseres Joint Ventures WPM, in dem wir Wärmepumpen produzieren, mehr als hundertfünfzig neue Mitarbeiter aufgenommen. Das geht auch heuer munter weiter. Wir haben aber dennoch zu unserem Leidwesen Lieferzeiten, die bei einzelnen Gerätetypen bis ins nächste Jahr Hofer: Es dürfte auch andere treffen, aber natürlich sieht man das eigene Leid am stärksten. Wir haben, was die Ressourcenplanung betrifft, Hausaufgaben zu machen, da müssen wir besser werden.

Building Times: Und bei der Biomasse?

Hofer: Die Biomasse ist geprägt von den Spezialisten, die sich den Löwenanteil des Marktes sichern. Wir konnten aber auch in diesem Segment schön wachsen.

Building Times: Welches Segment spielt hierzulande die größte Rolle? 

Hofer: Das ist inzwischen die Wärmepumpe, sie hat den Gaskessel abgelöst, der bis vor rund zwei Jahren unser stärkster Umsatzbringer war.

Building Times: Bei den Wärmepumpen sind die Kältemittel in der Fachwelt ein großes Thema. Interessiert die Kunden eigentlich mit welchem Gas die Anlage im Keller arbeitet?

Hofer: Ich glaube nicht. Der Kunde geht davon aus, dass er von einer etablierten Marke eine zeitgemäße Lösung erhält.

Building Times: Mit welchem Kältemittel geht Hoval in die Zukunft?

Hofer: Propan, weil wir den GWP von 3 als zukunftssichere Lösung ansehen.

Building Times: Sind diese Geräte schon am Markt?

Hofer: Ja, wir haben damit letztes Jahr begonnen.

Building Times: Gibt es aufgrund von Corona ernsthafte Probleme in der Lieferkette? Schwächt die Pandemie die Produktivität Ihres Unternehmens?

Hofer: Wir haben so wie alle am Markt die Probleme auf der Beschaffungsseite. Das betrifft einerseits die Preise und andererseits die Verfügbarkeit. Wir hatten im Unternehmen einige Corona-Einzelfälle, mussten aber nie ein Werk schließen.

Building Times: War die Kurzarbeit bei Hoval ein Thema?

Hofer: Ja, wir hatten Mitte März des Vorjahres im Kundendienst schlagartig einen Rückgang von rund 80 Prozent. Niemand wollte im ersten Lockdown einen Techniker ins Haus lassen. Das hat sich aber rasch gelegt und wir sind nach zwei Monaten Kurzarbeit wieder ausgestiegen, denn ab der zweiten Maihälfte ist das Geschäft wieder weitgehend normal gelaufen.

Building Times: Die Hoval-Wärmepumpen kommen aus Tirol. Wo werden die hierzulande verkauften Kessel produziert?

Hofer: Teilweise in der Slowakei und teilweise in Liechtenstein, wo die Edelstahl-Gaskessel in hohem Automatisierungsgrad gefertigt werden. In Vaduz sind mehrere Roboterstraßen installiert, womit wir sehr effizient fertigen können.

Building Times: Stichwort Fernwärme: Die ist ja in der Vereinigung österreichischer Kessellieferanten (VÖK) nicht so wohlgelitten. Sie liefern Technik dafür. Hat das Thema das Potenzial den Verband zu sprengen?

Hofer: Nein. Die Vereinigung steht für individuelle wassergeführte Wärme. Die Wettbewerber im Verband wissen aber, dass es ein paar Anbieter gibt, die sich auch mit der Fernwärme beschäftigen. Wir haben auch Verbandsmitglieder, die Infrarotheizungen im Programm haben, die, was die Effizienz betrifft, nicht unproblematisch gesehen werden. Auch das ist kein Konfliktpotenzial, das zu Spannungen führt.

Building Times: Sie sind Vorstand der VÖK. Im Zukunftsforum SHL ist Hoval nicht vertreten. Ist das für Sie nicht interessant?

Hofer: Wir sehen uns als Marke in der VÖK gut vertreten, sind aber auch nicht gegen das Zukunftsforum. Die beiden Organisationen kooperieren auch in einigen Bereichen, wir müssen als Unternehmen aber nicht überall vertreten sein.

Building Times: Die Solarthermie haben Sie auch im Programm. Gibt es für diese Technologie noch Hoffnung?

Hofer: Es gibt einen Markt dafür, der macht zwar keine großen Sprünge, macht aber trotzdem Sinn. Ich denke, dass sich die Solarthermie insgesamt etwas unter ihrem Wert schlägt. Sie ist eine etablierte und bewährte Technik und ist der Photovoltaik was den Flächenertrag betrifft überlegen, wenn die Wärme auch genutzt werden kann. Die Konsumenten halten aber offenbar die Photovoltaik für moderner.

Building Times: Ihr Unternehmen hat sich schon vor Jahren aus dem Messegeschehen zurückgezogen. Gibt Ihnen die jetzige Entwicklung im Nachhinein Recht?

Hofer: Die Zeit gibt mir offenbar Recht, weil inzwischen ja auch einige Wettbewerber diesen Weg einschlagen. Manche davon hatten vor Jahren gemeint, Hoval werde sich schaden. Ich werte aber die Messen nicht negativ, wir werden vermutlich auch den einen oder anderen Auftrag verlieren, weil wir nicht auf Messen sind. Letztlich ist es eine Frage der Kosten-Nutzen-Rechnung. Und da meine ich, dass es heute effizientere Wege gibt als Messen. Wir messen den Messeerfolg nicht in Speckbroten oder Bierfässern, wir haben uns sehr genau angesehen, wie sich die Kontakte von Messen entwickeln. Daraus haben wir unseren Schluss gezogen und sind andere Wege, vor allem in Richtung Digitalisierung gegangen.

Building Times: Wenn Sie als Hoval digitalisieren, brauchen Sie auch Installateure, die mitziehen. Gibt es die? 

Hofer: Der Handwerker ist kein IT´ler. Mittlerweile gibt es aber sehr wohl sehr technikaffine Installateure. Wir versuchen sie mit entsprechenden Tools zu unterstützen, um gemeinsam besser zu werden. Wir wollen die Kunden gemeinsam mit dem Installateur im Internet abholen und ich glaube, dass wir da immer besser werden.

Building Times: Sie verkaufen Ihre Geräte über den Installateur und noch nicht direkt. Bleibt das so?

Hofer: Ich glaube, dass der direkte Verkauf auch in Zukunft kein Thema wird. Ein Kessel ohne Installateur ermöglicht nicht das vom Kunden gewünschte Wohlfühlen. Es muss sich kein Handwerker Sorgen machen, dass ihn jemand ausbootet. Hoval wird das jedenfalls nicht machen und ich glaube auch nicht, dass unsere Wettbewerber das planen.

Building Times: Warum nicht? Hoval beschäftigt mehr als 150 Kundendiensttechniker. Ich nehme an, die sind gut geschult und könnten auch eine Heizung installieren. Wäre das nicht denkbar?

Hofer: Theoretisch ja, wir haben aber jetzt schon zu wenige Kundendiensttechniker. Ich würde sofort zwanzig qualifizierte Mitarbeiter aufnehmen. Wir wollen weiterhin wachsen und mehr Geräte verkaufen, damit sind wir meilenweit von der Montageressource entfernt. Wenn nur die Hälfte dessen was Umweltministerin Gewessler plant eintritt, werden wir unglaublich viele Fachkräfte brauchen.

Building Times: Von denen gibt es zu wenige, was kann die Industrie dann konkret tun?

Hofer: Ich glaube, dass wir verstärkt darüber nachdenken müssen, wie wir den Handwerkern die Arbeit vereinfachen. Die meisten von ihnen sind hochqualifiziert und wir werden sie künftig alle benötigen.

Building Times: Haben Sie fixe Partner?

Hofer: Wir haben welche, die fast ausschließlich mit unseren Geräten arbeiten, andere machen es mit mehreren Marken. Grundsätzlich beliefern wir jeden konzessionierten Installateur. Es gibt aber wenige, die alles einbauen. Je öfter eine Marke installiert wird, desto schneller geht die Montage.

Building Times: Sie bieten mit dem Produkt QuickFix einen Heizungstausch zum Fixpreis. Wie kommt das bei den Handwerkspartnern an? Sie leben ja gut davon, im Zuge der Arbeiten Mehraufwand geltend zu machen?

Hofer: Das eine schließt das andere nicht aus. Wir bieten definierte Pakete zu einem gewissen Preis. Bisher ist das Geschäft so gelaufen, dass im Sanierungsfall der Installateur kommt, sich die Situation ansieht und ein Angebot verfasst. Danach wird verhandelt und da und dort adaptiert. Die ersten tausend oder tausendfünfhundert Euro sind damit schon verbraucht, ohne dass konkrete Wertschöpfung entstanden ist. Wenn wir den Prozess der Geschäftsanbahnung verkürzen, können wir gemeinsam mehr verdienen, weil der Marktwert einer Heizung sich ja nicht ändert, nur der Ablauf.

Building Times: Und das wird angenommen?

Hofer: Ja, jene Installateure, die mitmachen haben realisiert, dass Hoval ihnen nicht etwas vorschreibt, sondern den Kunden ein Angebot macht.

Building Times: Aber die Montagepreise sind da ja inkludiert, oder nicht?

Hofer: Ja, aber die haben wir nicht frei erfunden, sondern mit unseren Partnern ermittelt. Dabei haben wir festgestellt, dass die Preise der Installateure sehr ähnlich sind. Unser Anspruch ist auch nicht, dass wir die Billigsten sind, sondern wir wollen eine seriöse Lösung zu einem seriösen Preis anbieten.

Building Times: Das kann der Installateur ja auch so.

Hofer: Ja, aber der Vorteil ist, dass er mit uns einen fertigen Auftrag erhält. Und der kann bei Bedarf durch Zusatzleistungen ergänzt werden.

Building Times: Sind Heizungen eigentlich durch die Rohstoffpreissteigerungen teurer geworden?

Hofer: Etwas ja, aber nicht in dem Umfang wie man es von anderen Branchen hört.

Building Times: Weil es viele Anbieter gibt, oder?

Hofer: Wir sind um eine gewisse Kontinuität bemüht. Wir hatten im Sommer eine kleine, außerordentliche Preissteigerung im einstelligen Prozentbereich.

Building Times: Mit der IoT Plattform HovalConnect werden neue digitale Möglichkeiten eröffnet. Ist das bei Neugeräten Standard und was merken die Nutzer davon?

Hofer: Das ist eine Option, die immer mehr zum Standard wird. Die Heizung lässt sich damit über die App oder den Computer steuern. Wir haben damit aber eine Verbindung zur Heizung, wir können Probleme im Idealfall lösen, bevor der Kunde merkt, dass es kalt wird.

Building Times: Und die Kunden lassen das zu?

Hofer: Manche ja, andere nicht. Wir sind absolut DSGVO-konform, wir machen also nichts was der Kunde nicht will. Unser Techniker kann nur auf die Anlage zugreifen, wenn es der Kunde erlaubt und es wird automatisch alles mitprotokolliert.

Building Times: Hat Corona das Arbeiten bei Hoval verändert? Gibt es Homeoffice in jenen Bereichen, wo dies möglich ist?

Hofer: Ja, die Pandemie hat intern die Digitalisierung beschleunigt. Wir hatten einige Mitarbeiter, die lange im Homeoffice waren. Jetzt haben wir die Regelung, dass 50 Prozent der Arbeitszeit flexibel im Homeoffice erledigt werden kann. Das wird auch genutzt und wir haben gute Erfahrungen damit. Wir haben ein sehr tolles Team und pflegen einen offenen Umgang.

Building Times: Hoval ist eine AG, nicht börsenotiert und im Familien-Eigentum. Ist davon jemand im Unternehmen?

Hofer: Ja, Fabian Frick ist einer der drei Geschäftsführer in der Gruppe und sein Vater Peter Frick sitzt im Verwaltungsrat.

Building Times: Wie oft sind Sie eigentlich in Vaduz? 

Hofer: Im Schnitt alle sechs bis acht Wochen.