Tausendundeine Stadt
Noch in diesem Quartal soll in Saudi-Arabien mit dem Bau von „The Line“ begonnen werden, einer Stadt, die sich entlang einer Entwicklungsachse über 170 km erstrecken soll. Ohne Autos und Straßen, aber mit 100 Prozent erneuerbarer Energie.
The Line ist Teil der Planstadt Neom und wurde schon 2017 vorgestellt, 2018 zogen sich dann aber potenzielle ausländische Investoren nach der Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi in Istanbul zurück. Jetzt hat Kronprinz Mohammed bin Salman, Vorsitzender von Neom, den Startschuss gegeben. Finanziert wird das Projekt vom staatlichen Investmentfonds mit zusätzlicher „Unterstützung durch lokale und internationale Investoren“. Das Projekt soll 48 Milliarden Dollar zum saudiarabischen BIP beitragen.
Die 170 km lange, schnurgerade Entwicklungslinie beginnt am Roten Meer im Nordwesten Saudi-Arabiens, reicht ins Landesinnere von der Küste über Wüstengebiete bis in die Berge und soll die Region zwischen dem Roten Meer und den Grenzen zu Jordanien und Ägypten erschließen.
Kronprinz Salman hat angekündigt, dass „mehr als eine Million Menschen aus der ganzen Welt“ in The Line leben und 380.000 Arbeitsplätze geschaffen werden sollen. „Ohne Autos, ohne Straßen und mit 100 Prozent erneuerbarer Energie“, kündigt der Herrscher des weltweit größten Erdölproduzenten an. Das gesamte Entwicklungsgebiet Neom ist 26.500 km² groß und soll bis 2025 fertiggestellt sein, für The Line wird das Jahr 2030 anvisiert. The Line soll eine breite Entwicklungsachse für eine urbane Entwicklung werden, „die aus stark vernetzten KI-fähigen Gemeinden besteht, die ohne Straßen, ohne Autos und ohne CO²-Emissionen auskommen und inmitten der Natur errichtet werden“.
Eine Ultra-Hochgeschwindigkeitsbahn und autonome Mobilitätslösungen sind geplant, wodurch keine Fahrt länger als 20 Minuten dauern soll. Fußgängerfreundlichkeit werde das Leben in The Line bestimmen und „alle grundlegenden täglichen Dienstleistungen wie Schulen, Kliniken, Freizeiteinrichtungen und Grünflächen sollen innerhalb von fünf Minuten zu Fuß erreichbar sein.
Dass sich seit Generationen in dem Gebiet ansässige Beduinenstämme verzweifelt wehren und sich nicht absiedeln lassen wollen, bleibt ungesagt. Genauso wie die schwere Wirtschaftskrise, in der Saudi-Arabien infolge des Ölpreisverfalles und der Corona-Pandemie derzeit steckt. Wann und wie es Tausendundeine Stadt geben wird, bleibt somit abzuwarten.