Hauch von Orient in St. Pölten

Am Europaplatz in St. Pölten erhebt sich seit September 2024 ein Kunstwerk, das mehr ist als nur eine Bereicherung des Stadtbildes. Wind und Wasser sorgen für Kühlung. Kritiker bemängeln Standort und Kosten.

Der „Windfänger“, eine Kreation des Künstlerkollektivs „Breathe Earth Collective“, verkörpert die Symbiose aus Kunst, Ingenieurskunst und ökologischem Bewusstsein. Mit einem Durchmesser von 13 Metern und einer Höhe von über vier Metern präsentiert sich die Skulptur als offene Rotunde, die nicht nur das Auge erfreut, sondern auch aktiv zur Verbesserung des urbanen Mikroklimas beiträgt.

Ein Hauch von Orient in NÖ

Die Inspiration für den Windfänger reicht von der arabischen Mashrabiya über ägyptische Kühltechniken bis hin zu alpinen Ziegelgittern. Diese kulturübergreifende Verschmelzung spiegelt sich in der einzigartigen Struktur wider, die aus „Mönch und Nonne“ Ziegelformen besteht – gestützt von starken Betonträgern. Durch spezielle Ziegel und ein eingebautes Bewässerungssystem entsteht ein luft- und lichtdurchlässiger Raum, der Lebensraum für Vögel und Insekten bietet. Gleichzeitig trägt die Skulptur zur Reduzierung von Verkehrslärm und Feinstaub an einer stark befahrenen Kreuzung bei.

Die Kombination aus Beton und Ziegel erweist sich als ideale Lösung für die komplexen Anforderungen des Projekts. Beton, bekannt für seine Formbarkeit und Stabilität, ermöglicht die Realisierung der anspruchsvollen Geometrie, während die Ziegel für eine natürliche Klimatisierung sorgen.

Kunstobjekt & Verdunstungskühlung

Der Windfänger ist ein Beispiel für multifunktionale Architektur, besonders das ausgeklügelte Bewässerungssystem überzeugt: An drei Stellen wird die Skulptur durch ein Wassersystem von oben bewässert. Das Wasser fließt über Vorsprünge und Vertiefungen ab, ähnlich wie bei einem Wasserspiel, und wird in Becken gesammelt und gefiltert. Sensoren steuern das System so, dass es sich an unterschiedliche Tageszeiten, Wetterbedingungen und die Sonne anpasst, um Wasser effizient zu nutzen. „Durch Verdunstung wird der Umgebung Wärme entzogen, was im Inneren der Skulptur eine angenehm kühle und feuchte Atmosphäre schafft“, so die Beschreibung des Objektes. „Das kaskadische herabfließende Wasser verspritzt teilweise beim Auftreffen auf hervorstehende Mönch- oder Nonnenziegel. Der Wind, der durch die Struktur hindurchweht, wird dabei gekühlt und verträgt gleichzeitig die kleinen Wassertropfen, die wir im Sommer als angenehm kühl auf der Haut wahrnehmen.“, erläutert ein Vertreter des Breathe Earth Collective.

Diese Verdunstungskühlung schafft ein angenehmes Mikroklima und trägt zur Reduzierung von Verkehrslärm und Feinstaub bei – ein nicht zu unterschätzender Mehrwert an einer stark frequentierten Kreuzung.

Ingenieurskunst meets Bürgerbeteiligung

Die technische Umsetzung des Windfängers stellte höchste Ansprüche an alle Beteiligten. Die Rauter Fertigteilbau GmbH, Tochter der Kirchdorfer Gruppe, produzierte die komplexen Betonelemente. Thomas Manessinger, Projektleiter bei Rauter, erklärt die technische Herausforderung: „Wir haben sechs Torrahmenfertigteile hergestellt, die in zwei Achsen gebogen waren. Dank unserer überdurchschnittlichen Möglichkeiten im Schalungsbau und Technik konnten wir diese anspruchsvolle Aufgabe erfolgreich bewältigen.“ Ein intensiver Prozess, denn die auf den Torrahmen liegenden sechs Rostbögen-Fertigteile wurden untereinander verschraubt, auf den Fertigteilen aufgelagert und vor Ort ausbetoniert.

Die Montage der Torrahmen erforderte die präzise Einhaltung der Vermessungsvorgaben zur Kreisform und Höhe, um die anschließenden Maurerarbeiten planmäßig durchzuführen. Holzschablonen gewährleisteten eine exakte Teilung des über 40 m langen Umfangs. Der zweite obere Rostbogen, bestehend aus sechs Fertigteilen, wurde zunächst auf Stützen gelagert und dann nach Abschluss der Maurerarbeiten auf die letzte Ziegelschar abgesenkt.

Kritiker bemängeln Standort und Kosten

Wie immer bei Kunst gibt es auch Gegner. „Dieses Bauwerk ist Geschmackssache. Geschmacklos ist aber der Aufstellungsort an einem Verkehrsknotenpunkt, wo nur Masochisten Erholung suchen – und wo mit diesem „Windfang“ auch noch das Denkmal des legendären Barockbaumeisters Jakob Prandtauer (Stift Melk) verdeckt wird. Ich war bei 30 Grad im Sommer dort – von „Abkühlung“ keine Spur“, schreibt ein St. Pöltner an Building Times. Ein paar weitere Anrufer:innen bemängelten die hohen Kosten und den Standort des Bauwerks.