Recyclingbeton als CO2-Speicher
Neue Beton-Recyclingmethoden vereinen zwei wichtige Umwelt-Vorteile: Man spart Rohstoffe und kann klimaschädliches CO2 dauerhaft binden, das sonst in die Atmosphäre gelangen würde.
Beton ist einer der wichtigsten Baustoffe unserer Zeit: Auf 30 Milliarden Tonnen pro Jahr wird die weltweite Beton-Produktion geschätzt. Damit könnte man theoretisch ganz Österreich mit einer 15cm-Betonschicht überziehen. Angesichts dieser Menge wäre es wichtig, Ressourcen zu sparen, indem man alten Beton wiederverwendet. Dabei wird Bauschutt (aus Betonabbruch, Bauwerkssplitt oder Mauerwerksabbruch) wiederaufbereitet, die rezyklierten Gesteinskörner können dann für neuen Beton verwendet werden, man erhält Recycling-Beton.
Recycling als CO2-Speicherhilfe
Recycling-Beton hat aber schlechtere mechanische Eigenschaften als herkömmlicher Beton mit Naturgesteinen. Experimente zeigen: Dieser Nachteil lässt sich beheben – und zwar mit einer Strategie, die zusätzlich einen weiteren riesengroßen Vorteil mit sich bringt: Man kann die Eigenschaften des Recycling-Betons verbessern, indem man in der rezyklierten Gesteinskörnung CO2 einspeichert. Das CO2 wird dann zu Kalkgestein, verstärkt das Material und bleibt dauerhaft im Recycling-Beton gelagert. Die TU Wien arbeitet bei diesem Thema in Rahmen des Branchenprojektes UP!crete intensiv mit der österreichischen Betonwirtschaft zusammen.
Beschränkte Möglichkeiten
„Beton hat grundsätzlich drei Haupt-Bestandteile: Gesteinskorn – etwa Sand, Kies oder Splitt, Zement und Wasser“, erklärt Ildiko Merta vom Institut für Werkstofftechnologie, Bauphysik und Bauökologie, die wissenschaftliche Leiterin des Forschungsprojekts UP!crete. „Die Art der Gesteinskörner, die für den Beton verwendet werden, hat einen entscheidenden Einfluss auf Eigenschaften des Betons, etwa auf seine Festigkeit und Dauerhaftigkeit.“
Ein Teil der Naturgesteine kann durch rezyklierte Gesteinskörnungen ersetzt werden – zum Beispiel durch Bauschutt abgerissener Betongebäude. Das Problem dabei ist allerdings: rezyklierte Gesteinskörnungen sind hoch porös, sie sind nicht ganz so dicht wie natürliches Gestein und nehmen wesentlich mehr Wasser auf. Festigkeit und Haltbarkeit des Betons nehmen deutlich ab, wenn man bei seiner Herstellung einen zu großen Anteil an rezyklierten Gesteinskörnungen einsetzt. „Derzeitige nationale Normen erlauben eine Beimischung von maximal 50%“, sagt Merta. „Unser Ziel wäre aber ein Recycling-Anteil von 80% oder noch höher, denn Bauschutt wäre grundsätzlich in großer Menge vorhanden.“
An der TU Wien wurden umfangreiche Experimente durchgeführt und unterschiedliche Recycling-Beton-Rezepturen entwickelt. Verschiedene Maßnahmen können die Eigenschaften des Betons verbessern – etwa Beschichtungsverfahren, das Hinzufügen von Zusatzstoffen oder spezielle mechanische Aufbereitungen der Gesteinskörnungen. So entstehen hochleistungsfähige Recycling-Betonsorten für verschiedene Anwendungen.
Beton als CO2-Senke
Dabei zeigten sich große Erfolge bei der Verwendung von CO2: „Kohlendioxid wird ins rezyklierten Gesteinskörnungen gepumpt. Es kommt zu einer Karbonatisierung, einer chemischen Reaktion, die das gasförmige CO2 zu Kalkstein umwandelt – so ähnlich wie die Kalkränder, die man aus dem Badezimmer kennt, wenn das Wasser viel Kalk enthält“, erklärt Merta. Auf diese Weise wird der Kohlenstoff, der sonst in Form von CO2 in der Atmosphäre das Klima schädigen würde, für lange Zeiträume gebunden.
Erhöhung von Recycling-Material
Mit den Methoden, die an der TU Wien entwickelt und getestet werden, kann man somit gleich zwei wichtige Vorteile gleichzeitig erzielen: Einerseits lässt sich der Anteil an verwendetem Recycling-Material erhöhen und die Betonqualität verbessern, andererseits hilft man gleichzeitig auch dem Klima, weil Kohlenstoff der Atmosphäre dauerhaft entzogen werden kann. Merta legt bei ihrer Forschung auch höchsten Wert darauf, in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft technisch optimale und ökonomisch attraktive Verfahren zu entwickeln, die nicht nur im Labor, sondern auch im großindustriellen Maßstab anwendbar sind. „Die Effizienz der Karbonatisierung hängt von vielen Parametern ab, etwa von Druck, Temperatur, Feuchtigkeit, oder CO2 Konzentration. Die optimalen Bedingungen sind aber nicht unbedingt jene, die in industriellen Verfahren mit vertretbarem Aufwand erreichbar sind. Man muss daher genau überlegen, welche Methoden nicht nur technisch möglich, sondern für die Wirtschaft auch realistisch und effizient umsetzbar sind“, sagt Merta.
Das Projekt wurde im November mit dem Clusterland Award ausgezeichnet. Mehr dazu hier