Es geht: Alte Bausubstanz und Klimaschutz

Die Nutzung von Geothermie ist ein Schlüssel, um Altgebäude klimafit zu machen. Ein Projekt in der Kreuzgasse im 18. Wiener Bezirk zeigt, wie es geht – und welche Schwierigkeiten dabei überwunden werden müssen.

Ein ökologisch wegweisendes Sanierungsprojekt wird aktuell beim Johann-Nepomuk-Vogl-Markt im 18. Wiener Bezirk umgesetzt: Der Wiener Entwickler Sauerzopf-Immobilien revitalisiert und erweitert dort das bestehende Gründerzeit-Haus Kreuzgasse 42 und unter Einsatz modernster Umwelt-Technologie. Kernstück ist die Nutzung von Tiefengeothermie zur Beheizung und Kühlung des Gebäudes.  Dazu waren neun Bohrungen mit einer Tiefe von jeweils 110 bis 150 Metern notwendig – in Summe wurden so mehr als ein Kilometer Rohre in die Erde gelegt.

Klima-Challenge Altbau

Das Projekt ist wegweisend für die klimaneutrale Transformation von Altgebäuden. Während bei Neubauten hohe Energieeffizienz und Klimaneutralität mittlerweile praktisch eine Selbstverständlichkeit sind und es dafür eine Vielzahl technischer Lösungen gibt, ist das Erreichen von Klimaneutralität bei Altgebäuden nach wie vor eine große Herausforderung – und eine gesellschaftliche Notwendigkeit, sollen die Klimaziele erreicht werden.

Allein in Wien stammt fast jedes dritte Gebäude aus der Zeit vor 1945. Die meisten dieser mehr als 70 Jahre alten Häuser fallen in die Kategorie „Energieverschwender“ – sind also eine echte Baustelle auf dem Weg in eine klimaneutrale Zukunft. Doch passende Lösungen für diese Aufgabenstellung sind gar nicht so leicht zu finden.

„Fernwärme ist dort nicht vorhanden, eine Luft-Wärmepumpe auf dem Dach wäre für die Nachbarn zu laut gewesen“, sagt Projektentwicklerin Verena Sauerzopf, „deshalb haben wir uns für die Tiefengeothermie entschieden, auch wenn das mit Kosten von rund 200.000 Euro etwa vier Mal so teuer wie eine konventionelle Wärmepumpe ist.“

Neun Bohrungen, 45 Grad Wärme

Durch neun Bohrungen wird eine Wärme von rund 13 Grad aus dem Boden gewonnen, die durch die Wärmepumpe unter geringem Energieaufwand auf eine Temperatur von 45 Grad angehoben wird. In einem geschlossenen Kreislauf wird die Wärme über Wohnungsstationen (Wärmetauscher) zum Heizen und Kühlen sowie für die Aufbereitung des Warmwassers in jede Wohnung geliefert.

Ein besonderer Vorteil  dieser Stationen sei, dass keine Gefahr einer Legionellen-Bildung besteht, somit sei ein Erhitzen des Wassers auf 60 bis 65 Grad nicht notwendig.  Mit der Anlage in der Kreuzgasse ein wird ein COP-Wert (Coefficient of Performance) von 1:5 erreicht, so der Immobilienentwickler. Das bedeutet: Mit einem Aufwand von 1.000 Watt werden 5.000 Watt Energie gewonnen. Bei herkömmlichen Wärmepumpen liegt der COP-Wert bei 3- 3,5.

Maschine demontiert

Die praktische Umsetzung dieses Projektes war jedoch eine logistische Herausforderung. Um für die Bohrungen durch die schmale Toreinfahrt in den Innenhof zu kommen, mussten die Mitarbeitenden des burgenländischen Unternehmens KDS Bohrtechnik Teile der großformatigen Maschinen abschneiden. Die Folge:  Sowohl Bohrstangen als auch das gesamte restliche Bohrequipment mussten händisch in den Innenhof getragen werden.

„Trotz aller Schwierigkeiten: Der Aufwand hat sich absolut gelohnt“, sagt Verena Sauerzopf: „Wir haben ein klimaneutrales Gebäude geschaffen. Und die extrem niedrigen Energiekosten überzeugen auch die Interessenten: Wir haben bereits 200 Vormerkungen von Kaufinteressenten.“ Das Projekt  trägt den Namen „Crossroad Homes“ und beherbergt revitalisierte Altbau-Wohnungen, Dachgeschoss-Wohnungen mit großen Weitblick-Terrassen sowie drei im Innenhof gelegene Townhouses mit Eigengärten.