Zementindustrie: Absatzschwäche und Zukunftsängste

Der Zementabsatz sinkt heuer um rund 20 Prozent. Deutlich bedrohlicher für die Branche ist der Stillstand in Sachen CO2-Strategie, der ab 2034 viel Geld kostet.

Die heimische Zementindustrie feiert heuer mehrere Jubiläen. So richtig knallen die Korken in der Vereinigung der Zementerzeuger (VÖZ) trotzdem nicht. Getrübt wird die Feierlaune durch erhebliche Rückgänge der Absatzmengen. In Normaljahren verkaufen die Zementhersteller fünf Millionen Tonnen Zement, heuer werden es bloß knapp 4 Millionen Tonnen sein, was einem Rückgang von rund 20 Prozent entspricht, wie der derzeitige VÖZ-Vorstandsvorsitzende Heimo Berger erklärt.

Holz soll im Wald bleiben

Der Wohnbau schwächelt und der Boom im Holzbau wirkt sich natürlich auch auf den Verkauf von Zement aus. Das Bauen mit Holz sei aber nicht so klimafreundlich, wie gerne behauptet wird, wie der VÖZ-Geschäftsführer Sebastian Spaun erklärt. Er beruft sich auf eine aktuelle Studie, die belegen soll, dass Holz im Wald für die CO2-Bilanz insgesamt nützlicher sei als in Form von gebauten Häusern. „Die Holzentnahme verschlechtert das Kohlenstoffspeicherpotenzial“, betont Spaun. Die Studie finden Sie hier.

Fehlende CO2-Strategie

Mindestens so belastend ist für die VÖZ-Mitglieder der Umstand, dass es hierzulande keine Strategie für die Speicherung oder Verbringung von CO2 gibt. „Der Binnenstandort Österreich kommt unter Druck“, konstatiert Spaun und erklärt auch warum. Der Transformationsfond der EU hat inzwischen 12 Projekte für die Speicherung von CO2 in der Zementindustrie ausgewählt. Jedes dieser Vorhaben erhält ungefähr 200 Millionen Euro Fördergeld, Österreich ist leer ausgegangen. Das liegt nicht zuletzt auch an der Geografie, denn die Carbon Capture-Projekte liegen durchwegs an den Küsten, wo aufgelassene Gas- und Ölfelder unter dem Meeresboden künftig für die Speicherung von CO2 herhalten sollen. Wir haben kein Meer, hätten aber die Möglichkeit in Nieder- und Oberösterreich CO2-Speicher zu etablieren. Dagegen spricht allerdings, dass sich die Politik einst gegen die Einspeicherung von CO2 ausgesprochen hat. Das Verbot der Einlagerung wurde inzwischen zwar aufgehoben, es gibt aber auch kein Storage-Gesetz.

Verbringung: Pipeline oder Bahn

Die andere Alternative wäre die Verbringung von CO2 über Pipelines oder per Bahn. Für den Transport in Pipelines braucht es viele Jahre Vorlauf und der Transport per Bahn ist kostspielig. Richtig teuer ist auch der Prozess davor. Um das in der Zementproduktion freiwerdende CO2 abzuscheiden, bräuchte es spezielle Abscheideanlagen, die sich pro Werk mit bis zu 400 Millionen Euro zu Buche schlagen.

Ende der Gratiszertifikate naht

In Abscheideanlagen wird nur dann investiert werden, wenn Fördergelder fließen und auch die Rahmenbedingungen zukunftssicher gestaltet werden. Derzeit ist beides ungewiss, so die Industrievertreter. Sie hoffen, dass die künftige Regierung keine Zeit verliert, um sich mit dem Thema zu beschäftigen. Viel Zeit bleibt nicht, denn die Ära der CO2-Gratiszertifikate geht ab 2026 schrittweise bis 2034 zu Ende. „Wenn nichts passiert, fahren wir ab 2034 gegen die Wand“, warnt Spaun. Denn dann schlagen die Kosten für CO2-Zertifikate voll auf den Zementpreis durch.