Frau mit Zug zum Ziel

Mit Woody M hat die Wiener Architektin Regina Freimüller-Söllinger kürzlich beim Wiener Holzbaupreis wienwood 25 gewonnen. Mehr als 300 Arbeiten stehen in 22 Jahren Selbstständigkeit zu Buche. Bei der Auswahl ihrer Bauherrschaften ist sie sehr kritisch.

Einer der vier Gewinner beim diesjährigen Wiener Holzbaupreis wienwood 25 ist mit Woody M in der Wiener Tivoligasse ein gerne zitiertes Beispiel für den Holzbau in der Stadt. „Das hat uns sehr gefreut“, sagt die Architektin Regina Freimüller-Söllinger, die auf Nachfrage jedoch erklärt, dass es sich dabei nicht um ihr bisher wichtigstes Projekt handle. „Es ist ein pragmatischer Wohnbau, der aufzeigt, welche Qualitäten eine Nachverdichtung mit Holz mit sich bringen kann. Mit seiner unbehandelten Lärchen-Fassade erzeugt der Holzbau im innerstädtischen Kontext wie ein Diamant eine ganz neue Art der Anziehungskraft“, heißt es in der Jury-Begründung. Die TGA stammt in diesem Fall übrigens von der Wiener BPS Engineering.

Geplant hat Freimüller-Söllinger Woody M für Palmers Immobilien auf einem 2.683 m² großen Grundstück rund 11.000 m² Bruttogeschoßfläche mit 85 Wohnungen, einem Supermarkt, einer Fahrrad- und einer Tiefgarage, einem Gemeinschaftsraum und einem Freiraumdeck. Womit auch gleich die Auftraggeber angesprochen werden: „Ich suche mir die Bauherrschaft schon sehr genau aus und stelle meine Leistung nicht jedem zur Verfügung“, sagt die Architektin.
Sie ist Allein-Eigentümerin der Freimüller Söllinger Architektur ZT GmbH (FSA), hat an der TU Wien und der University of Michigan (USA) studiert, danach ein Postgraduate-Studium an der Architectural Association School of Architecture in London absolviert. Seit nunmehr 28 Jahren ist sie Ziviltechnikerin und hat 2007 die Freimüller Söllinger Architektur ZT GmbH (FSA) mit dem Sitz in der Wiener Elßlergasse gegründet. Derzeit hat sie zwischen 10 und 15 Mitarbeiter:innen, wobei „ich immer schaue, dass das Geschlechter-Verhältnis halbwegs ausgeglichen ist“.

Verbesserte Auftragslage
Zum Honorar-Umsatz will Freimüller-Söllinger keine Angaben machen, erwartet aber derzeit eine Auftragslage, die sie als „verhalten, aber aufsteigend“ bezeichnet. Die Wohnbau-Flaute habe sie vor zwei Jahren gespürt, „aber jetzt kommen die Auftraggeber langsam in die Gänge und wir haben eine verbesserte Auftragslage“, was sich in einer Reihe von Projekten niederschlägt. „Wir haben in Aspern das Baufeld F6 gewonnen und sind voll in die Planung eingestiegen“, berichtet die Architektin im Gespräch mit Building Times. Das Baufeld F6 wird „FLOW+“ genannt, was die Kurzform von „FrischLuftOrientiertesWohnen + Arbeiten“ ist, zusammen mit dem Wiener Architekturbüro Königlarch und der D/D Landschaftsplanung geplant und von der Sozialbau AG betrieben wird. Geplant sind 148 Wohn- und 28 Gewerbe-Einheiten im Sockel- und Solitärgebäude.

Bei Eurogate werde gerade die Holzfassade montiert, fährt die Architektin fort, ein Wohnbau im niederösterreichischen Winzendorf werde gerade fertiggestellt und für einen Wohnbau in Bad Vöslau sei die Einreichplanung abgeschlossen. Ein sehr großes Projekt laufe in Nürnberg, bestehend aus Wohnen, Kindergarten und Supermarkt – nähere Daten dürfe sie aber nicht nennen, sagt Freimüller-Söllinger. In der Vorentwurfs-Phase befinde sich zudem die Komplett-Sanierung eines Jahrhundertwende-Bürohauses in Wien, „bei der wir die Nachhaltigkeit vorantreiben“.

Neu geplant hat die Architektin das Haus, in dem sie selbst wohnt, zwar nicht, „aber in dem Jahrhundertwende-Haus in Hietzing sehr viel umgeplant, renoviert und saniert, mit Garten und Pool. Das gehört jetzt mir. Außerdem baue ich mir aktuell in Pichl bei Wels (OÖ) einen Bauernhof um- und aus“.

Wettbewerbe sehr wichtig
Begonnen hat Freimüller-Söllinger, wie so viele Architekt:innen, mit Wettbewerben und Einfamilien-Häusern, alle in Holz. Wobei für das Bauen mit Holz sehr viel Forschungsarbeit nötig sei. „Das Allererste war übrigens ein Lusthaus für meinen Vater“. Wettbewerbe spielen eine bedeutende Rolle für FSA, „denn wir bekommen fast alle Aufträge über Wettbewerbe und machen drei bis vier pro Jahr“.

„Sehr wichtig“ unter ihren Projekten – „ca. 330 waren es Ende Oktober, die bearbeitet wurden oder beauftragt waren inklusive geladener Wettbewerbe und Studien“ – ist der Architektin Woody M, „das wir im Büro 13 Jahre begleitet haben, eine Nachverdichtung in der Vertikalen“. Woody M wurde übrigens auch auf der Expo in Osaka gezeigt. „Natürlich ist jedes Projekt zu Beginn ein Lieblings-Projekt. Manche behalten dieses Attribut, bei manchen gibt es Abstriche“. Weshalb Freimüller-Söllinger an vorderster Stelle die „Brotfabrik“ nennt, „eigentlich ein Umbau mit sozial-kultureller Komponente“. Dabei geht es um die ehemalige Ankerbrot-Fabrik in Wien, welche teilweise von der Architektin in ein Art Community Center umgewandelt wurde und vom Verein Brotfabrik geführt wird. Für Akustik und HKLS war die Bauklimatik GmbH aus Wien verantwortlich. Ja, sie habe bevorzugte TGA-Planer, denn es sei wahnsinnig wichtig, mit wem man zusammenarbeite. „Ich lasse mich auch gern auf Neue ein – wenn die Expertise passt“.

Seit Beginn ihrer Selbstständigkeit, also vor 18 Jahren, habe sich in der Architektur sehr viel getan: Die gesetzlichen Regelungen würden immer mehr, „es wird nie was weggelassen“ und die Verfahrens- und Umwelt-Themen seien dazugekommen. Es werde immer mehr von den Planer:innen eingefordert, etwa zur Barriere-Freiheit, zum Brandschutz, zur Bauphysik, usw. „Die Behörden-Verfahren dauern nun sehr viel länger, was Stehzeiten von eineinhalb bis zwei Jahren bedeutet“.

In diesen 18 Jahren schlage sich auch der ganze technische Fortschritt in der Gebäudetechnik nieder: „Fußbodenheizung, Deckenkühlung, Energie-Einsparung, Ressourcen-Schonung, Luft-Wärmepumpen, komplexe neue Systeme“. Und die Architektur? „Die ist Teil meines Lebens und ist für die Gesellschaft Teil unserer Kulturlandschaft, in der wir leben. Ich komme aus dem Städtebau und will den großen Begriff der Architektur nicht auf ein Gebäude reduzieren“.

Wenn Regina Freimüller-Söllinger nicht an Architektur denkt, „macht sie ganz viel: Sport, Kultur, Kunst und Familie“, erklärt die Mutter von 25-jährigen Zwillings-Söhnen.