Die Frau Wolf

Samantha Stangl, Geschäftsführerin von Wolf Österreich, strukturiert mit Elan um. Die Stoßrichtung zum 50. Firmenjubiläum: Digital, offen und modern.

Vor wenigen Wochen hing sie an einem langen Seil. Samantha Stangl, Geschäftsführerin der Wolf Klima- und Heiztechnik GmbH hat im Urlaub einen Bungee-Jump über 216 Meter gewagt. Es war nicht ganz ohne, kommentiert die 32-jährige das dabei Gefühlte und Erlebte. Einen anderen Sprung hat die Frau vor knapp zwei Jahren vollzogen. Sie übernahm damals, zusammen mit Florian Bouchal, die Geschäftsführung des von ihrem Großvater Anton Ebner gegründeten Unternehmens in Linz. Ebner ist 2016 bei einem tragischen Unfall verstorben, Stangl war damals schon neben ihrem Jus-Studium im Unternehmen tätig und hat in den folgenden Jahren kontinuierlich Aufgaben übernommen. Ab 2020 war sie für ein Jahr für Marketing und Logistik verantwortlich. Jetzt kümmert sie sich um die Finanzen, Digitalisierung, Logistik und Personalwesen. Marketing, Vertrieb und Service verantwortet der Geschäftsführungskollege Florian Bouchal. Das Unternehmen feiert heuer sein 50. Jubiläum und ist eine Vertriebsgesellschaft der deutschen Wolf GmbH, die seit 2022 zur italienischen Ariston-Gruppe gehört. Dort ist Wolf zumindest auf der Homepage nicht als Konzern-Marke aufgelistet – Integration braucht eben seine Zeit. Ariston ist mit knapp 8.000 Beschäftigten und einem Umsatz von knapp 2,4 Milliarden Euro eine echte Größe im Business mit Wärme und Lüftung.
Die eigentlichen Partner für Heizungen und Lüftungen sitzen aber weiterhin im deutschen Mainburg, von wo aus neun Tochterfirmen sowie 60 Vertriebspartner weltweit betreut und beliefert werden. Ein weiteres Werk gibt es in der Nähe von Zagreb. 2020 erzielte die Wolf GmbH mit rund 2.100 Beschäftigten weltweit einen Umsatz von 370 Millionen Euro.

In Österreich erwirtschaften die 126 Mitarbeiter:innen einen Umsatz von rund 33 34 Millionen Euro, etwa je zur Hälfte mit Heizungen, allen voran Wärmepumpen und Lüftungstechnik, wie Stangl erklärt. Auch die Sparte Service und Wartung, für die gut 30 hauseigene Techniker und externe Partner beschäftigt sind, trägt wesentlich zum Umsatzergebnis bei. Samantha Stangl selbst ist nicht Miteigentümerin der Firma, die gehört einer Holding, in der sich ihre Mutter und ihr Onkel die Anteile teilen. Dort ist auch die ungarische Gesellschaft angesiedelt, die ein eigenes Management hat.
Die größten Märkte von Wolf sind hierzulande an erster Stelle Wien, gefolgt von Oberösterreich. Die Niederlassung in der Bundeshauptstadt erhält gerade ein Refresh. Das hat die Zentrale in Linz bereits hinter sich. Es gelte den Geist des Gründers zu erhalten, aber die Prozesse zu modernisieren, erklärt Stangl. Die alten Büromöbel mussten einem modernen Bürokonzept mit höhenverstellbaren Tischen und hellen Farben weichen. Hauptaugenmerk liegt im Unternehmen auf Digitalisierung der Geschäftsprozesse, nicht zuletzt, weil Stangl an der HTL Neufelden Betriebsinformatik absolviert hat. Hier macht sich ihre Innovationsfreude schon bald bemerkbar: Ende des Jahres ist der Launch eines cloudbasierten ERP-Systems sowie ein völlig neuer Onlineauftritt geplant. Gut möglich, dass ihr weiterhin die Zeit fehlt, das fast fertige Jus-Studium abzuschließen. „Alle Prüfungen habe ich, es fehlt nur mehr die Diplomarbeit“, so Stangl.

 

Building Times: Sie sind nunmehr seit zwei Jahren GF von Wolf Österreich. Wie geht es Ihnen in der doch eher männerlastigen Gebäudetechnikbranche?

Samantha Stangl: Gut, ich bin männerlastige Welten gewöhnt. Ich war in der HTL eines von drei Mädchen in einem Jahrgang mit 130 Burschen. Hier im Unternehmen habe ich das Gefühl, dass ich willkommen bin und ernst genommen werde. Ich dachte mir, dass es schwieriger werden könnte.

Building Times: Traditionsunternehmen haben meist Traditionen. Haben Sie nach Ihrem Einstieg etwas vorgefunden, was Sie gar nicht mögen?

Samantha Stangl: Natürlich gibt es in einem gewachsenen Betrieb wie dem unseren viele althergebrachte Traditionen – sehr Gute, wie auch weniger Gute. Wir haben viele liebgewonnene Arbeitsabläufe modernisiert, allen voran das papierlose Büro. Das stößt natürlich als erstes auf Widerstand – wer verändert sich schon gerne?

Building Times: Was noch?

Samantha Stangl: Was uns auch wichtig ist, ist eine ruhige und offene Kommunikation. Mein Großvater war ein Mensch, von dem man sehr viel haben konnte. Aber wenn ihn etwas richtig gestört hat, konnte er auch einmal laut werden. Hier haben wir das Augenmerk auf einen Kulturwandel gelegt. Wir haben aber auch Traditionen aufrechterhalten, wir veranstalten Team-events und achten auf den Zusammenhalt der Belegschaft. Beibehalten haben wir außerdem, dass die Kundin und der Kunde im Fokus unseres Handelns steht. Insgesamt ist in den letzten Jahren sehr viel verändert worden, wir haben jedoch starke Unternehmenswerte, die uns leiten.

Building Times: Blicken wir in die Gegenwart. 2023 war für viele Player herausfordernd. Wie ist es bei Wolf Österreich gelaufen? Gab es einen Umsatzzuwachs?
Samantha Stangl: Wir hatten wirtschaftlich kein schlechtes Jahr, auch weil wir einige Optimierungen realisiert haben. Bei der Wärmepumpe sind wir im Vergleich zu 2022 hinter unseren Erwartungen geblieben. Lüftungsseitig waren wir zufrieden.

Building Times: Wie hoch war der Umsatz zuletzt?

Samantha Stangl: Wir landen etwa bei 33 Millionen Euro, inklusive Service und Wartung. Die verteilen sich ungefähr je zur Hälfte auf Heizung und Lüftung.

Building Times: Und wie ist 2024 angelaufen?

Samantha Stangl: Lüftungsseitig sind wir auf Plan. Bei der Heizung lag das erste Quartal hinter den Erwartungen. Hier machen sich der Rückgang im Neubau und die Verschiebung des Geschäfts aufgrund der zu früh angekündigten Förderung bemerkbar. Aufgrund des Kundenfeedbacks auf der Webuild in Wels gehen wir davon aus, dass die Heizung demnächst ordentlich anziehen wird.

Building Times: Aber es gibt doch die neue Förderung?

Samantha Stangl: Im Jänner und Februar hatten wir ein enorm hohes Anfragevolumen, die Frequenz an der Laderampe passt aber noch nicht dazu. Im Jahr 2022 war die Nachfrage gewaltig, da kauften Installateur:innen gleich 20 Wärmepumpen auf einmal, um die Versorgung zu sichern. Jetzt sind wir voll im Sanierungsgeschäft und jede bestellte Wärmepumpe gehört zu einem konkreten Projekt. Die Installatuerin und der Installateur kaufen also dann, wenn sie das Projekt haben, weil die Verfügbarkeit ohnehin gegeben ist. Dazu kommt, dass in den Wintermonaten die Heizungsumstellung nicht gefragt ist, weil damit ja ein gewisser Komfortverlust für die Endkund:innen verbunden ist.

Building Times: Im Bereich Lüftung läuft das Business vermutlich anders?

Samantha Stangl: Ja, da ist der Auftragseingang sehr gut. Auch hier ist der Trend zur Sanierung deutlich bemerkbar, wovon wir stark profitieren.

Building Times: Sie haben zudem auch eine Solarsparte. Ist das noch ein Geschäft?

Samantha Stangl: Wenig. Die Solarsparte schwächelt ordentlich, es plätschert auf niedrigem Niveau dahin und ist bereits seit Jahren sehr stark von der aktuellen Fördersituation abhängig.
Building Times: Wäre es nicht logischer, die Wärmepumpen mit PV und Speichern zu ergänzen?

Samantha Stangl: Das wäre logisch und wir haben diesen Schritt auch schon überlegt. Nachdem der Installateur nicht gerne auf das Dach geht, müssten wir uns andere Absatzkanäle erschließen, sprich wir bräuchten die Elektriker. Um das zu realisieren, braucht es Zeit.

Building Times: Nehmen Sie sich die Zeit?

Samantha Stangl: Wir sind gerade im Diskutieren, ob es sinnvoll und möglich ist, diese Sparte zu erschließen.

Building Times: Welche Wärmepumpen verkaufen sich derzeit am besten?

Samantha Stangl: Wir sehen einen starken Trend hin zu den Monoblockwärmepumpen mit natürlichem Kältemittel. Unsere Bestseller zurzeit sind alle Wärmepumpen, die man im Sanierungsgeschäft einsetzen kann, also die CHA Monoblock mit 10 und vor allem 16/20 kW, aber auch die FHA in verschiedenen Leistungsklassen.

Building Times: Wo ist das Limit bei Wolf?

Samantha Stangl: Bei 20 kW, es ist aber ein Modell in Entwicklung, das bis 25 kW reicht.

Building Times: Die Heizungsbranche ist inzwischen stark von den jeweiligen Förderungen abhängig. Halten Sie das für gesund

Samantha Stangl: Ich sehe das problematisch. Das hat man auch bei der Solarthermie schon gesehen. Auch bei der PV gibt es diese großen Ausschläge, welche die Planung in den Unternehmen erschwert. Niemand weiß, ob und wie lange es dauert, bis etwas kommt oder nicht. Etwas niedrigere Förderhöhen, dafür längere Förderperioden würden allen Unternehmen zugutekommen. Es führt aber kein Weg daran vorbei, die Klimaziele zu erreichen und das geht halt nur mit massiver Förderung.
Building Times: Wolf gehört seit 2022 zur Ariston-Gruppe. Hat sich durch die Übernahme für Sie in Österreich etwas geändert?

Samantha Stangl: Unmittelbar nicht, da wir als eigenständiger Handelspartner keine Tochtergesellschaft sind. Wir haben die gleichen Ansprechpartner bei Wolf in Mainburg wie bisher. Am meisten spüren wir es beim Brand-Management, wo jetzt mehr Aufmerksamkeit auf den Markenauftritt gelegt wird. Das erhöht den Abstimmungsaufwand etwas, ist aber kein Problem. Zukünftig gehen wir aber davon aus, dass die Einbettung in einen so großen Konzern einen zusätzlichen Innovationsschub bringen wird.

Building Times: Hat Ariston bei Ihnen schon angeklopft?

Samantha Stangl: Nein. Wir sind aber etwas anders als die anderen. In Deutschland und in den meisten anderen Ländern wird die Heizung dreistufig vertrieben, in Österreich sind wir ausschließlich im Direktvertrieb an unsere Installateur:innen und Anlagenbauer:innen. Vielleicht ist unser Volumen aber auch nicht groß genug, um in den Fokus zu gelangen.

Building Times: Haben Sie Vorgaben, wieviel Sie verkaufen müssen?

Samantha Stangl: Nein, aber wir planen gemeinsam. Nach 50 Jahren Partnerschaft hat man eine gute Vertrauensbasis, wir kommunizieren offen und stimmen uns ab. Wir geben bekannt, was wir glauben, verkaufen zu können. Das erleichtert die Planung in der Produktion.

Building Times: Es gab 2022 massive Lieferprobleme, ist das Thema abgeschlossen?

Samantha Stangl: Grundsätzlich ist die Lieferfähigkeit über alle Produktgruppen sehr gut, mit Ausnahme der Schnittstellenmodule, welche gerade ein Update bekommen. Sie ermöglichen es, die Wärmepumpe ins Internet zu bringen. Das wird aber bis September erledigt sein und kann natürlich nachgerüstet werden. Auf der Lüftungsseite hatten wir auch in 2022 überdurchschnittlich gute Lieferzeiten und auch jetzt sehr gute Verfügbarkeit.

Building Times: Gab es einen Preisverfall bei Wärmepumpen?

Samantha Stangl: Im dritten und vierten Quartal 2023 gab es leichte Reduktionen, heuer ist der Markt stabil.

Building Times: Wolf war jahrzehntelang eine relevante Größe bei Öl- und Gasgeräten. Wie viel vom Umsatz in Österreich entfällt noch auf diese Sparte?

Samantha Stangl: Das Gasgeschäft war okay, aber rückläufig. Ich denke, wir hatten in der Vergangenheit schon mehr Marktanteile im Gasgeschäft. Das hängt auch damit zusammen, dass Wolf seine sehr günstigen Gasgeräte auslaufen hat lassen und inzwischen im Mittel- bis Oberklasse-Segment präsent ist. Wir haben aber jetzt wieder ein sehr kostengünstiges Gerät, mit dem sich die Menge wieder steigern lässt.

Building Times: Die Bedeutung von Wartung und Service steigen, meinen manche Branchenkenner. Wie sehen Sie die Sache? Was bringt der eigene Werkskundendienst? Steigt dessen Bedeutung?

Samantha Stangl: Natürlich machen wir Service und die Wartung mit unserem Werkskundendienst gerne selbst. Im Westen, also Tirol und Vorarlberg, haben wir aber sehr gute Servicepartner. Auch in Teilen anderer Bundesländer ergänzen externe Partner den eigenen Service.

Building Times: Ihr Hauptsitz ist in Linz. Machen Sie auch hier den meisten Umsatz?

Samantha Stangl: Der umsatzstärkste Markt in beiden Segmenten ist Wien und Umgebung, gefolgt von Oberösterreich. Wir haben in den beiden Bundesländern auch unsere größten Niederlassungen.

Building Times: Eines Ihrer Steckenpferde ist die Digitalisierung. Was tut sich da?

Samantha Stangl: Anfang 2025 steht die Einführung eines neuen ERP-Systems, das in die Cloud verlagert wird auf dem Programm. Das wird ein großer Schritt. Weiters planen wir eine neue Homepage und ein umfangreiches Datenportal. In der Logistik und beim Kundendienst planen wir eine weitere Modernisierung, weg vom Papier.

Building Times: Haben Sie aktuell Personalbedarf?

Samantha Stangl: Im technischen Bereich stehen bei uns einige Pensionierungen an, da gilt es, rechtzeitig die Nachfolge zu planen. Das betrifft Konstrukteur:innen, Planer:innen und technische Verkäufer:innen mit spezifischen Kenntnissen. Und bei Servicetechniker:innen steht im 2. Halbjahr eine weitere Aufstockung an.

Building Times: Die Techniker:innen waren jahrzehntelang auf Gas, jetzt sollen sie Wärmepumpe. Geht die Umschulung überhaupt?

Samantha Stangl: Das ist eine große Herausforderung. Es gibt Techniker:innen, die wollen in die Zukunft schauen und aufspringen, andere sagen, die paar Jahre bis zur Pension bleibe ich Spezialist:in für Öl- und Gasgeräte. Wir brauchen beide.

Building Times: Wie viele Geräte hat Wolf im Feld?

Samantha Stangl: In den letzten 20 Jahren haben wir in Summe über 140.000 Geräte verkauft.

Building Times: Gibt es im Bereich der Lüftung eine Grenze nach oben?

Samantha Stangl: Es gibt eigentlich kein Limit, entscheidend ist häufig der verfügbare Platz, wir haben hier die Möglichkeiten auf nahezu jede Kundenanforderung flexibel einzugehen.
Building Times: In welchem Segment ist Wolf besonders stark vertreten?

Samantha Stangl: Wir haben Referenzen in fast allen Bereichen – von Spitälern bis Sportstätten. Im Moment ist das Segment Hotellerie, Hallenbäder und Thermen interessant. Da stehen einige Sanierungen an. Es ist generell so, dass die Sanierungen steigen, deshalb haben wir seit 2022 das Know-how in diesem Bereich forciert. Für diesen Markt braucht es einen anderen Zugang als im Neubau. Hier gilt es mitunter auch, Fremdgeräte, wie Schaltschränke und Steuerungen anzugreifen, was wir inzwischen auch machen. Da bin ich auch sehr stolz auf unsere Mannschaft.

Building Times: Gibt es ein aktuelles Großprojekt?

Samantha Stangl: Die WKO – Haus der Wirtschaft in Oberösterreich oder der neue Produktionsabschnitt von Haribo sind aktuelle Großprojekte.

Building Times: Ihr Vorstandskollege Florian Bouchal ist im Verein Zuluft Gründungsmitglied. Wolf ist auch bei Wärmepumpe Austria. Sie selbst treten nicht auf?

Samantha Stangl: Wir sind auch VÖK-Mitglied und haben eine inoffizielle Aufteilung im Unternehmen, er Außenminister, ich Innenministerin. Wir sind aber immer eng abgestimmt und teilen uns sogar ein Büro.

Building Times: Was sagen Sie dazu, dass VÖK und Wärmepumpe Austria sich gar so mögen?

Samantha Stangl: Ich denke, dass man große Synergien erreichen könnte, wenn man gemeinsam an einem Strang ziehen würde. Das Ganze ist historisch gewachsen, es gibt aber immerhin Bemühungen die Gemeinsamkeiten zu pflegen.

Building Times: Die Situation am Immobilienmarkt ist nicht ganz einfach. Haben Sie Insolvenzausfälle?

Samantha Stangl: Nein, bislang nicht. Man merkt aber am Verhalten der Projektentwickler:innen, dass sie vorsichtiger geworden sind. 