Großsanierung im Forschungsmodus
In Wien-Penzing werden im Rahmen des Projektes EU-GUGLE 67.000 m2 Bruttogeschossfläche saniert. Manche Bauten werden zu Passivhäusern.
Weltweit gehört Wien zu den Städten mit höchster Lebensqualität. Um diesen Status auch für die Zukunft zu sichern, setzt Wien auf das Konzept einer „Smart City“, einer intelligenten, zukunftsfähigen und chancenorientierten Stadt. Im Rahmen des Smart City Projekts EU-GUGLE möchten die Projektpartner Wiener Wohnen,
MA20, Clean Energy Solution und die BOKU zeitgemäßen Wohnkomfort auf Niedrigenergie- und Passivhausniveau für die Bewohnerinnen und Bewohner mehrerer Gebäude schaffen. EU-GUGLE steht für “European cities serving as Green Urban Gate towards Leadership in sustainable Energy” und ist ein europäisches Projekt, das von 2013 bis 2019 unter Beteiligung von sechs Partnerstädten in sechs Ländern durchgeführt wird: Aachen (Deutschland), Bratislava (Slowakei), Mailand (Italien), Sestao (Spanien), Tampere (Finnland) und Wien (Österreich). In Wien werden für den 14. Bezirk, Penzing, ambitionierte Maßnahmen zur Verbesserung der Wohnqualität bei gleichzeitiger Senkung der Energiebilanz angestrebt. Penzing ist der viertgrößte Wiener Gemeindebezirk. Seine historische Prägung als Wohnvorort für Arbeiter ist bis heute für die sozial- räumliche Struktur bestimmend.
Insgesamt werden rund 67.000 m² konditionierter Bruttogeschoßfläche in Wien im Rahmen von EU-GUGLE saniert. Eine Reihe von Renovierungsarbeiten konnte bereits abgeschlossen werden. Für die innovativen Sanierungen sind rund 4,2 Mio. Euro vorgesehen. Saniert werden unter anderem ein Pflegehaus und eine Wohnhausanlage jeweils auf Passivhausstandard.
Im Rahmen einer weiteren innovativen Renovierung wird eine heute schlecht gedämmte Außenwand durch eine vorgefertigte Fassade mit integrierten Photovoltaikpanelen ersetzt. Das Fassadensystem basiert auf einer Wabenstruktur aus Karton mit einer Tragkonstruktion aus Holz und einer hinterlüfteten Außenschicht aus Glas. Im Winter absorbiert die Wabenstruktur aufgrund des Sonnenwinkels mehr Sonnenstrahlung und heizt die Wände des Gebäudes auf, wodurch die solaren Erträge des Gebäudes saisonal optimal genutzt werden. Im Sommer verschattet sich die Wabenkonstruktion selbst, da durch den höheren Sonnenstand die Sonnenstrahlen nicht tief in die Konstruktion eindringen können.
Durch die in die außenliegenden Glasplatten integrierten transparenten Photovoltaikzellen kann die Lüftungsanlage samt Wärmerückgewinnung mit Strom versorgt werden. Damit kann das Projekt dem wachsenden Bedarf nach Schallschutz durch das gestiegene Verkehrsaufkommen nachkommen. Ein Ziel des Projekts ist es auch, die Effekte von unterschiedlichen Lösungsansätzen zu evaluieren. In einem weiteren Objekt Wiener Wohnens ist der Einsatz einer Photovoltaik- Wärmepumpe-Kombination als Ergänzung zur örtlichen Fernwärmeversorgung geplant. Alle Applikationen dienen dem Sammeln von Erfahrungen für zukünftige Multiplikationen in Wien und anderen Städten. Analyse und Beurteilung der getroffenen Sanierungsmaßnahmen sind besonders wichtig, um aus den Projekten so viel wie möglich zu lernen. Ein wichtiger Bestandteil des Monitorings ist die Thermografie, da durch Aufnahmen vor und nach der Sanierung die Qualität der Maßnahmen beurteilt werden kann: Das Bild zeigt zwei Stiegen einer Wohnhausanlage, die noch nicht komplett saniert ist. Auf der linken Seite befindet sich der Teil ohne Wärmedämmverbundsystem. Hier ist neben der höheren Oberflächentemperatur (links ca. -4 °C, rechts ca. -6 °C) eine Vielzahl an Wärmebrücken erkennbar.
Speziell im Bereich der Geschoßdecken sind im unsanierten Zustand die Oberflächentemperaturen höher. Nach der Sanierung sind durch die Dämmung im Bereich der Geschoßdecken keine Verluste durch Wärmebrücken erkennbar.
Vor-Ort-Monitoring ermöglicht interessierten Wohnungs- und Wohnhausbesitzern, Daten über die Wirksamkeit von Sanierungsmaßnahmen zu erhalten, die dank öffentlicher Förderungen einem erweiterten Publikum in Form von sogenannten „Factsheets“ auf http://eu-gugle.eu/de/ zur Verfügung gestellt werden [1].