Forever Young

Die Architekten des Wiener Büros g.o.y.a. sind Wohnbau-Spezialisten, planen überwiegend Projekte in Wien und Niederösterreich – und kümmern sich besonders gerne um den sakralen Raum.

Nein, beim spanischen Malerfürsten Francisco de Goya (1746 bis 1828) haben die Architekten der Wiener g.o.y.a. Ziviltechniker GmbH keine Namens-Anleihe genommen. Vielmehr entstand die Bürobezeichnung aus „group of young architects“. Die Gründer der heutigen Firma, Christoph Janauschek, Roman Drbusek und Paul Preiss, alle drei Jahrgang 1972, waren in den Gründungsjahren 2004/2005 Anfangs-Dreißiger, und da war die Bürobezeichnung zweifellos zutreffend. Kennengelernt haben sich Preiss und Janauschek über ihren gemeinsamen Freund Drbusek und bei dieser Gelegenheit stellten sie fest, dass Preiss ein Projekt hatte, ein Einfamilienhaus, aber einen 40-Stunden-Job, und Janauschek in Väterkarenz war. „Weil der Bauherr aber alles aus einer Hand wollte, hat Janauschek das Projekt übernommen, geplant und betreut“, schildert Architekt Preiss im Gespräch mit Building Times die Entstehungsgeschichte, die zur Bürogründung führte.

Den drei Architekten gehört je ein Drittel der Ziviltechniker GmbH und jeder ist alleinvertretungsberechtigt. „Wir haben derzeit 25 MitarbeiterInnen, waren aber auch schon 30 und auch 20“. Als Umsatz des Vorjahres nennt Preiss auf Basis eines Pro-Kopf-Umsatzes von rund 100.000 Euro „zwei bis drei Millionen Euro“. Heuer werde der Umsatz sehr ähnlich sein, denn man habe genug zu tun. „Schauen wir aber, was nächstes Jahr geschieht. Derzeit haben wir viel in der Projektentwicklung zu tun“, sagt der Architekt und Geschäftsführer.

Schwerpunkt Wohnbau

Der Arbeits-Schwerpunkt Wohnbau habe sich nicht zufällig ergeben, sondern sei ganz bewusst angestrebt worden, denn „Wohnen ist das wichtigste Anliegen der Architektur“, sagt Preiss. „Seit einem gewonnen Bauträger-Wettbewerb ganz zu Beginn ist der Wohnbau sehr stark. Wir haben uns auch nicht auf Wien beschränkt, sondern planen auch viel in Niederösterreich, woher wir alle drei kommen. Heute werden wir oft geladen und machen Wohnbau von 20 bis 300 Einheiten“, erläutert Preiss. Und nennt als Beispiel das „Neue Landgut“. Derzeit seien im Büro „15 Wohnbau-Projekte in Arbeit, von der Planung bis zur Fertigstellung“, so der Planer.

Für die Gemeinnützige Bau- und Siedlungsgenossenschaft Frieden plant g.o.y.a. auf dem Bauplatz D 04 „Gartenwerk“ des Projektes „Neues Landgut“ nach einem erfolgreichen Bauträger-Wettbewerb 143 geförderte Mietwohnungen und 148 Smart-Wohnungen inklusive Wohnmodellen für Alleinerziehende und Wohnungen für ÖBB-MitarbeiterInnen, sowie vier Lokale. Die Stadt Wien und das Immobilienmanagement der ÖBB planen hier insgesamt ein neues Stadtviertel für 4.000 WienerInnen. Ausgeführt wird das Ensemble in Holz-Beton-Mischbauweise, „ein mobiler Holzbau“, möglicherweise von Handler Bau, jedenfalls aber mit Betonkernaktivierung, Wärmepumpe, PV-Anlage, Fassaden-Begrünung und Regenwasser-Retention. Für das dritte Quartal 2025 ist der Bezug der Wohnungen geplant.

Stark im Nordbahnviertel

Im neuen Wiener Stadtteil-Entwicklungsprojekt „Nordbahnviertel“ ist g.o.y.a. aktuell gleich doppelt engagiert, beide Male im Auftrag von KIBB Immobilien nach gewonnenen Bauträger-Wettbewerben und auf der Basis eines Masterplans von Vlay Streeruwitz. Die hier übrigens auch zwei Wohnkomplexe planen. Schon im September 2020 erfolgte an der Bruno Marek-Allee auf einem rund 4.600 m² großen Grundstück der Spatenstich für 119 Wohnungen und Gewerbe-Räumlichkeiten. Letztere werden 1.147 m² bekommen, erstere ca. 8.100 m². „Das werden zwei Gebäude mit Vor- und Rücksprüngen mit Gewerbe- und Office im ersten OG sowie Miet- und Eigentums-Wohnungen darüber“, lautet die Kurzbeschreibung von Paul Preiss für das auch an die „Freie Mitte“ grenzende Ensemble, worauf die Planung mit zwei unterschiedlichen Bebauungsstrukturen reagiert: „Zur Bruno Marek-Allee hin orientiert sich eine geschlossene Zeilenbebauung mit zwei großzügigen Durchgängen im Sockelbereich. Parallel zu dieser Häuserzeile finden sich drei Punkthäuser, die durch ihre Platzierung weite städtebauliche Durchlässe und eine Verbindung zum angrenzenden Grünraum schaffen“, gibt die Projektbeschreibung Auskunft.

Das zweite Projekt im Nordbahnviertel auf dem Baufeld 6a hat vor eineinhalb Jahren Baubeginn gehabt, liegt an der Leystraße/Ecke Taborstraße und schafft 3.950 m² Nutzfläche zum Wohnen, 956 m² NF für Gewerbe und 890 m² NF für Büros. „Hier gibt es Höhensprünge mit einem Turm in der Mitte, wodurch auch die angrenzenden Gebäude Aussicht auf die ‚Freie Mitte‘ haben“, erläutert Preiss. Bald sollen hier die ersten Mieter einziehen. Knapp vor der Fertigstellung sei die Neue Mittelschule im burgenländischen Oberpullendorf, ebenfalls ein Wettbewerbsgewinn, und zwar schon aus dem Jahr 2017. Das Schulzentrum besteht einerseits aus neu zu errichtenden Gebäudeteilen und andererseits bestehenden Gebäudeteilen, die zu sanieren und/oder umzubauen sind.

Keine eingeschoßigen Schulen mehr

Stellt sich die Frage, ob die g.o.y.a.-Architekten Material-Präferenzen haben? „Nein, aber eingeschoßige Schulen machen wir wegen des Bodenverbrauchs nicht mehr. Alle unsere Schulen sind Holzbauten und wir vermeiden Stahlbeton, damit für die nächsten Generationen mehr Flexibilität bleibt, etwa Richtung CO2-Emissionen, usw.“, sagt Preiss und nimmt ganz klar zu No-Gos Stellung, also Bauten, die er nicht planen will: „Nein, wir haben nicht per se No-Gos, denn wir wollen zuerst sehen, was die Grundvoraussetzungen für ein Projekt sind“.

Nach dem bisher Gesagten ist schon klar, dass Wettbewerbe für die Planer aus der Wiener Schottenfeldgasse, in der es übrigens mehrere Architekturbüros gibt, einen kleinen Cluster gar auf Hausnummer 72, große Bedeutung haben: „Unser Büro lebt zu 80 Prozent von Wettbewerben, die wir gewinnen“, bestätigt Preiss. „Wir machen 15 bis 20 pro Jahr, das kommt ein bisschen schwallartig. Im Vorjahr haben wir damit zwei Schulen und zwei Kindergärten gewonnen, die wir jetzt alle bearbeiten“.

„Architektur ist größte Leidenschaft“

Was Architektur für ihn persönlich bedeute, wollte Building Times von Paul Preiss wissen? „Architektur ist eine meiner größten Leidenschaften und auch mein Hobby. Aber Architektur ist nicht mein Leben. Es gibt was daneben, was mir die Kraft für die Architektur gibt. Spätestens um 19:00 Uhr, 19:30 Uhr ist im Büro das Licht aus und am Wochenende wird nicht gearbeitet“. Die Klima- und die Energiekrise „nehmen die Hälfte unserer Bürozeit in Anspruch, denn wir befinden uns in einer Phase des Umbruchs Richtung Nachhaltigkeit und Ökologie. Kürzlich erst bei einem Wettbewerbs-Hearing hat das einer der Auslober komplett missverstanden und gesagt, ‚Hörts mir auf mit Nachhaltigkeit‘ – und da machen wir nicht mit. Wir bemühen uns, einen möglichst geringen Fußabdruck zu hinterlassen“, betont Architekt Paul Preiss. „Dafür müssen wir kämpfen“.

Sakrale Räume „besonders gern“

Ganz als Gegensatz zu vereinzelten Projekten, Bauweisen und Materialien mag der Architekt eines „besonders gern“. Die Arbeit im sakralen Raum. „Wir haben zwei Projekte mit der Erzdiözese Wien und der Diözese St. Pölten in Matzendorf und in Purgstall an der Erlauf gemacht. Die Zusammenarbeit war großartig, die Teams sehr professionell, sehr offen gegenüber neuen Ideen. Die sind immer mitgegangen“, sagt Preiss. Ein Altar sei kein Möbel, ein Altar sei mehr, sagt der Architekt und meint zu jenem in der Pfarrkirche in Purgstall an der Erlauf, nach einem geladenen Wettbewerb fertiggestellt im Dezember 2019: „Alle haben Platz an diesem Tisch. Zur symbolischen Verstärkung der Gemeinschaft ist die Form des Altars ein Quadrat. Alle vier Seiten haben die gleiche Anmutung – wir alle haben Platz darin – jeder Einzelne ist Teil der Gemeinschaft“.

In Matzendorf hingegen wählten die g.o.y.a.-Architekten für den Altar die Form einer Schleife – „zur symbolischen Verstärkung der Gemeinschaft und als Symbol der Unendlichkeit“. Die horizontal stehenden, nach oben offenen Holzlamellen des Ambos sollen die Symbolik des Verkündens verstärken, sagen die Architekten, die auch das Taufbecken gestaltet haben.

„Besonders gern“, abseits der Architektur, macht Paul Preiss „gemeinsames Musizieren. Das hat sehr viel mit Architektur gemeinsam. Am schönsten in Harmonie“. Preiss ist eigentlich Gitarrist, hat aber vor vier Jahren mit der Trompete begonnen, „was sehr viel Spaß macht“. Zudem ist der seit 21 Jahren verheiratete Vater von zwei Kindern, die 14 und 16 sind, auch noch Modellflieger. Bei diesem Hobby holt er sich auch die Kraft für die architektonische Arbeit. Frei nach dem Motto: „Forever Young“.