Experten im Diskurs
„Trockenbau und Gebäudetechnik: Mit- oder gegeneinander?“, war das Thema des zweiten Building Times Expertenforum, das am 24. Jänner im Twin Tower über die Bühne ging.
Dem Podium und der Diskussion stellten sich Gregor Todt, Präsident des Österreichischen Stuckateur und Trockenbauverband, Rainer Haubenwaller, Geschäftsführer und Eigentümer der Firma rhtb Trockenbau GmbH und Kurt Böhm, bei der Linzer Firma Herbsthofer Anlagenbau Haustechnik. Im Zuge des Abends kamen eine Reihe von Fragen auf das Tapet: Sind die Trockenbauer die besseren Installateure und übernehmen sie zunehmend die Deckenheizung und Kühlung? Wie können die Gewerke der Gebäudetechnik und der Trockenbau die ihnen übertragenen Aufgaben besser miteinander erledigen? Welche Normen und Richtlinien gilt es zu beachten und wie steht es um die Planungskultur und ist der Trockenbau tatsächlich zu einem Schlüsselgewerk geworden? Gemeinsam mit einem sehr diskussionsfreudigen Publikum wurde nach Antworten gesucht und am Ende waren sich alle Teilnehmer einig: Nur durch zeitgerechte und gegenseitige Einbindung der Partner ist eine Optimierung der Abläufe und eine Sicherung der Qualität möglich.
Ernüchternde Realität
„Wenn die Wände und Decken erst einmal zu sind, sieht es eh keiner mehr. Das ist meiner Ansicht nach die Einstellung auf den Baustellen“. Mit dieser Feststellung eröffnete Gregor Todt, zertifizierter Sachverständiger und Unternehmer den Abend. „Glauben Sie mir, da erlebe ich sehr viel Interessantes was unser Gewerk betrifft“, so Todt und zeigt dem Publikum anhand von einigen Bildern was damit genau gemeint ist. Zu sehen sind sehr häufig Trockenbau-Profile, die mit mehr oder weniger geeignetem Werkzeug bearbeitet wurden, um Platz zu schaffen für Leitungen. Auch sehr imposant improvisierte Leitungsdurchführungen hat der Experte auf Bildern festgehalten. „Alle arbeiten mit und tun irgendwas um ihre Leitungen und Rohre unterzubringen“, kommentiert Todt. Und sie greifen damit ein in die Statik, den Brandschutz, die Bauphysik und die Akustik einer Trockenbaukonstruktion. Mit teilweise gravierenden Folgen.
„Die Schnittstellen zu anderen Gewerken, besonders der Haustechnik, also den Sparten Heizung, Lüftung, Klima, Sanitär und Elektrotechnik, sind wesentlich für den Trockenbau“ betont Todt, der mit seiner Firma auch als Generalunternehmer tätig ist. Ihm ist wichtig zu betonen, dass der Trockenbauer kein Planer, sondern ein Systemverarbeiter ist. Er sei verpflichtet, die Systeme normgerecht und mangelfrei einzubauen und keine eigenen Erfindungen zu kreieren. In der für den Trockenbau relevanten Ö-Norm 3415 sei auch klar festgehalten, dass der Planer dafür zu sorgen hat, dass ein reibungsloser Bauablauf in Bezug auf die technische Vereinbarkeit und ordnungsgemäße Leistungserbringung möglich ist. Dafür brauche es eine Werkplanung, betont Todt. „Wir erhalten aber maximal eine Ausführungsplanung“, weiß er und fügt hinzu: „Aus anderen Ländern weiß ich, dass eine Detailplanung das Bauen verbessert, weil damit die potenziellen Schnittstellen sichtbar werden“, fordert Todt die Gewerke dazu sich besser zu koordinieren.
„Wir sind Verfechter des Miteinander“, ergänzte dazu Rainer Haubenwaller, Geschäftsführer und Eigentümer der Firma rhtb Trockenbau GmbH. Sein Unternehmen versteht sich als Generalunternehmer für den Innenausbau und hat neben dem klassischen Trockenbau auch Böden, Integrierte Klimasysteme, die thermische Isolierung sowie System-Trennwände und Innentüren im Portfolio. Seit kurzem hat rhtb einen Haustechniker mit an Bord, was man klar als Signal werten kann, dass Haubenwaller danach trachtet seinen Aktionsradius zu erweitern. Die Vorteile von Heiz-Kühldecken und Niedrigenergie-Heizlösungen seien unumstritten, so der Firmenchef. Er behauptet auch nicht, dass der Trockenbauer der bessere Installateur wäre. „Ich sehe die Gewerkgrenze am vernünftigsten am Raumverteiler. Damit sind die Dinge auch gewährleistungstechnisch klarer. Wir haben aber 2018 in München ein Projekt mit 30.000 m² Flächer gemacht, wo wir auch die hydraulische Berechnung gemacht haben und das Projekt vom Schacht weg übernommen haben. Der Normalfall sei aber die Übergabe am Raumverteiler, so Haubenwaller.
Die große Frage: Wer hat das Sagen?
„Unser Ansatz ist, dass den Auftrag für die Heiz-Kühldecke der Anlagenbauer, also der Installateur übernimmt. Er zieht dann einen Trockenbauer hinzu, der das System liefert und montiert“, sieht der Anlagenbauer Böhm die Sache ganz anders. Die Funktion einer Heiz-Kühldecke beschränke sich nicht auf die Module an der Decke. „Es hängt bei diesen Systemen ein riesiges hydraulisches System davor. Und wenn die Hydraulik nicht passt oder wenn die verwendeten Werkstoffe nicht richtig gewählt werden, dann wird es nicht funktionieren. Es gibt solche Projekte, wo wir die Versorgung installiert haben und der Trockenbau hat dann weitergebaut. Das hat nicht funktioniert“, betont Böhm.
Todt möchte den Trockenbauer nicht als Sub-Sub-Unternehmer sehen: „Wir wollen das Handwerk als Ganzes betrachten. Die Decke muss entsprechend montiert werden, die Heizkreise müssen dort positioniert werden, wo sie hingehören. Auch ich bin der Meinung, dass unsere Schnittstelle der Verteiler in den Raum sein sollte. Weil die Zeit der gewöhnlichen Gipskartondecke längst vorbei ist. Wir ha- ben heute Metalldecken und andere hochwertige Systeme“, argumentiert er. „Ich glaube nicht, dass der Installateur beurteilen kann, wie er unter Berücksichtigung aller Einbauteile die für den Raum erforderliche Heiz-Kühlleistung und die akustischen Anforderungen erbringen kann. In solchen Fällen muss aus unserer Sicht eine Systementscheidung zu treffen, weil unterschiedliche system unterschiedliche Belegungsgrade zulassen. In solchen Fällen halte ich es für zweckmäßiger, wenn der Trockenbauer vom Raumverteiler weg übernimmt“, erklärt wiederum rhtb-Chef Haubenwaller.
Auftritt des Publikums: Publikums. Harald Mezler, Geschäftsführer der Firma Lindner findet, dass man beiden Positionen etwas abgewinnen kann: „Es gibt am Markt Trockenbau-Anbieter, die sich hydraulische Kompetenz angeeignet haben und das auch können. Andererseits besteht die Gefahr, dass künftig Trockenbauer mit Arbeiten konfrontiert sind, denen sie nicht gewachsen sind. Es wäre problematisch, wenn dann nur mehr die Auslegung der Industrie ohne eigenes Wissen übernommen wird. Ganz anders sieht die Sache Klaus Reisinger, früherer Engie-Chef und jetziger Partner der ic-Consulenten: Die Gebäudetechnik in modernen Großbauten sei inzwischen hochkomplex, er plädiert dafür, dass die Trockenbauer bei ihrem Gewerk bleiben sollen.
Gegen Ende der Diskussion kam auch noch die Gewährleitung zur Sprache. Der Herbsthofer-Mann Böhm spricht sich eindeutig dafür aus, dass sämtliche wasserführenden Systeme in der Hand des Installateurs bleiben sollen. Sonst findet ein Gewährleistungssplitting statt. Da würde dann darüber gestritten, ob die Kühlung unzureichend ist, weil die Versorgung nicht ausreichend ist, oder Verteilung nicht richtig konzipiert ist. Für den Bauherrn ist es einfacher, wenn er einen Ansprechpartner dafür hat, meint Böhm.
Miteinander und Kompetenz sind entscheidend
Eine klare Übereinstimmung fanden die Vertreter der Gewerke dann schließlich bei der Frage des Miteinander. „Wenn der Trockenbauer sehr früh in die Planung eingebunden wird, kann man die Systemauswahl gemeinsam treffen und damit die Erfordernisse und Qualität sichern“, erklärt Böhm. Nahezu gleichlautend argumentiert Haubenwaller. Letztlich ist es nicht entscheidend, wer was im Leistungsverzeichnis hat. Entscheidend sei, dass man sich früh genug mit den passenden Partnern zusammensetzt und ein dem Projekt entsprechendes System auswählt, erklärter. Die Abstimmung sollte im Idealfall schon mit der Planung beginnen, wo auch die Abstimmung der beiden Gewerke mitentscheiden wird. Was die Montage- und Werkplanung betrifft gäbe es sehr viel Verbesserungspotenzial: „Je ungenauer etwas in der Planung definiert ist, desto höher werden unsere Risikoaufschläge. Auch die Nachtragsforderungen werden dadurch mehr. Die Verträge werden immer umfangreicher und der wertschöpfende Teil der Arbeit wird immer geringer“, kritisiert Haubenwaller.
Gegen das Gemeinsame hat auch Böhm nichts einzuwenden. Der Trockenbau sei ein sehr wichtiges Gewerk und sollte möglichst früh vergeben werden, damit Vertreter dieser Sparte eben auch an Baubesprechungen teilnehmen können. Genau das war auch das Resümee des Abends: Miteinander Rede und gegenseitiges Verständnis schaffen.