Düstere Aussichten im Gewerbe und Handwerk
Schwäche von Bau und Industrie trifft Ausbaugewerbe und Zulieferer. Bundessparte mit fünf Vorschlägen gegen die konjunkturelle Abwärtsspirale an die neue Regierung.
Die quartalsmäßige Erhebung für die Bundessparte Gewerbe und Handwerk in der WKÖ sorgt nicht für Freudensprünge. Im ersten Halbjahr 2024 verzeichneten alle Branchen ein reales Minus. So betrug der reale (mengenmäßige) Umsatzrückgang -7,5 Prozent „Das Gewerbe und Handwerk steckt weiter in der Rezession, wobei sich der Abschwung noch verschärft hat“, resümiert Bundesspartenobfrau Renate Scheichelbauer-Schuster.
Besonders eklatant fiel das Minus einmal mehr in den investitionsgüternahen Brachen aus, z.B. in der Metalltechnik (-12,3 Prozent), im Holzbau (-11,9 Prozent) oder auch im Baugewerbe (-10,9 Prozent), wie die Konjunkturbeobachtung von KMU Forschung Austria ergab. „Die Rückgänge im Bau sind nun auch voll im Ausbaugewerbe angekommen“, erklärte Christina Enichlmair von KMU Forschung Austria. Auch der Auftragsbestand ist deutlich gesunken: 40 Prozent der Betriebe könnten sofort zusätzliche Aufträge ausführen – ein hoher Wert für das dritte Quartal.
Auch im konsumnahen Bereich ist die Geschäftsentwicklung im dritten Quartal insgesamt negativ: Nur 19 Prozent der Unternehmen hatten Umsatzsteigerungen, 27 Prozent verzeichneten Umsatzeinbußen (54 Prozent: unverändert). Die Situation hat sich somit gegenüber dem Vorquartal wieder verschlechtert. Der Saldo beträgt nun minus 8 Prozentpunkte. Besonders hohe Rückgänge verzeichnen die Mechatroniker mit -24 Prozent.
Negativer Ausblick
Das drückt auf die Stimmung und dämpft den Ausblick in Richtung Jahresende. Noch Anfang Juli hab es etwas Hoffnung. Dieser Trend hat sich leider nicht fortgesetzt – es geht wieder abwärts. Nur 16 Prozent der Betriebe erwarten für das vierte Quartal Steigerungen der Umsätze oder Aufträge, 29 Prozent rechnen mit weiteren Rückgängen. Somit ergibt sich ein Saldo von minus 13 Prozentpunkten (nach minus 9 im Vorquartal). Der investitionsgüternahe Bereich ist mit einem Saldo von -19 Prozentpunkten erneut deutlich negativer gestimmt als die konsumnahen Branchen (Saldo: 0).
„Nur wenn alle Zahnräder ineinander greifen, geht es für die Wirtschaft in die richtige Richtung. Das ist im Moment nicht der Fall“, sagt Renate Scheichelbauer-Schuster. „Bau und die Industrie schwächeln weiter und es herrscht Zurückhaltung bei Investitionen. Das trifft auch das Gewerbe und Handwerk wie ein Keulenschlag.“ Sie fordert fünf konkrete Wachstumsimpulse für das nächste Regierungsprogramm:
- Wohnbauförderung gezielt einsetzen: Die Unterstützung aus dem Baupaket ist bisher nicht bzw. noch zu wenig bei Wohnbauträgern und Bauwerbern angekommen. Die Bundeszuschüsse zur Wohnbauförderung und Rückflüsse aus Förderdarlehen müssen wieder zweckgewidmet werden. Ein laufendes Monitoring sollte das Volumen und die Treffsicherheit der Bundesländer-Maßnahmen evaluieren.
- Anreize für den Wohnbau: Verbesserte steuerliche Abschreibungen sieht die Bundessparte als ein bewährtes Mittel, um die Baukonjunktur im Neubau und als Nachverdichtung des Bestandes zeitnah und budgetschonend anzukurbeln. Die geltenden Sätze der sogenannten Absetzung für Abnutzung (kurz AfA) sollten um jeweils einen Prozentpunkt angehoben werden – für die gesamte Nutzungsdauer von Gebäuden, deren Errichtung bis Ende 2026 begonnen wird.
- Erleichterte Finanzierungen: „Wir haben eine Baukrise, keine Überhitzung am Immobiliensektor“, sagt Renate Scheichelbauer-Schuster. Das Gewerbe und Handwerk fordert deshalb ein ersatzloses Auslaufen der KIM-Verordnung im Jahr 2025, welche die Kreditvergabe drosselt.
- Investitionsprämie: Das Gewerbe und Handwerk schließt sich der Empfehlung des Wirtschaftsforschungsinstitutes Wifo an, das eine befristete Investitionsprämie oder eine befristete Erhöhung des Investitionsfreibetrages vorschlägt.
- Bürokratie-Abbau: Ein Zurückfahren des bürokratischen Mehraufwandes um nur 10 Prozent würde laut Bundessparte die Betriebe um 430 Millionen Euro pro Jahr entlasten.