Mann mit Lufthoheit

Pichler-Chef Gernot Pichler führt fort, was sein Großvater vor 65 Jahren begonnen hat. Mit dem Geschäftsjahr 2023 ist er bislang zufrieden, den großen Einbruch des Geschäfts sieht er derzeit noch nicht.

Der 16. Jänner war für Gernot Pichler heuer ein besonderer Tag. Vor genau 65 Jahren legte an diesem Datum sein Großvater den Grundstein für das heutige Unternehmen, die J. Pichler Gesellschaft m. b.H. mit Hauptsitz in Klagenfurt. Was mit einem Baustoffhandel begonnen hat, ist heute bekannt unter Pichler-Lüftung mit System, eine Fixgröße am heimischen Lüftungsmarkt. Das Unternehmen versteht sich als Gesamtanbieter und beschäftigt gut 300 Mitarbeiter:innen, 200 davon an den zwei Produktionsstandorten in Klagenfurt. In den Zweigwerken in Bosnien und Tschechien wird tendenziell handwerkliche und zeitintensive Fertigung erledigt. Am Stammsitz sorgt ein zwölfköpfiges Team für Optimierungen und Innovationen. In Normaljahren ist der Jahreswechsel jene Zeit, in der Pichler durchatmet, weil das Tagesgeschäft auf Sparflamme läuft. Nicht so heuer, denn aus dem bestehenden B2B-Shop sollte eine Customer Care-Plattform werden. Dabei handelt es sich um ein großes Digitalisierungsprojekt, das dem Chef laufend Entscheidungen abverlangt.

Direkt gestresst ist der Alleingeschäftsführer und Vater von zwei Kindern dennoch nicht. Er ist nach der HTL für Maschinenbau und einer BWL-Ausbildung 2002 in den väterlichen Betrieb eingestiegen und kennt die Firma in- und auswendig. Schon als Schüler hat er in den Ferien mit einfachen Arbeiten begonnen, seit nunmehr 12 Jahren ist er Geschäftsführer. Als solcher hat er eine zweite Verantwortungsebene etabliert, die das Führen weniger stressig macht. Sein Vater, Johann Pichler ist inzwischen 70 und operativ nicht mehr präsent, wenngleich das Vorbeischauen in der Firma noch immer zu seinem Alltag gehört. „Wir haben das klar geregelt und verstehen uns gut“, sagt der Junior.

Im letzten Jahr wurde Pichler positiv überrascht. Das Geschäft lief besser als geplant, der erwartete Knick hat sich bislang nicht eingestellt, wenngleich man den Rückgang im Wohnbau unmittelbar zu spüren bekommt. Diese Sparte macht ungefähr ein Drittel des Gesamtumsatzes von rund 60 Millionen Euro aus. Den Löwenanteil holt sich Pichler mit Lüftungsanlagen und Luftführung und Brandschutzklappen für gewerbliche Projekte. „Der Tourismus läuft gut, auch in den Sparten Gesundheitsbau und Pharma gibt es einige schöne Projekte“, so der Kärntner, der leidenschaftlich Ski fährt und im Sommer gerne segelt. Das war auch in den vergangenen Jahren so, wo Pichlers Umsatz jeweils zweistellig gewachsen ist.

Weniger schön ist, dass die gesamte Lüftungstechnik für das Kaufhaus Lamarr der Signa derzeit in einem Lager auf dem Firmenareal liegt. Pichler ist aber guter Dinge, dass das Projekt fertiggebaut wird, bislang gibt es also keinen Schaden. Einen solchen sieht Pichler eher schon in den hohen Lohnabschlüssen und den überbordenden Regelungen, die mit dem Green Deal, ESG, dem Lieferkettengesetz & Co. verbunden sind. „Für Mittelständler sind das immense Belastungen, es bräuchte für jede dieser Materien eigene Spezialist:innen, das ist aber nicht leistbar“, so der Unternehmer.

Die Hauptkund:innen von Pichler sind Installateur:innen und Anlagenbauer:innen. Bei großen Projekten bietet das Unternehmen mit eigener Mannschaft Dienstleistungen, wie Inbetriebnahme, Logistikberatung und Wartung. Ein No-Go sei aber die Montage. Rund 20 Prozent des Umsatzes wird in den angrenzenden Ländern erwirtschaftet. Neben Deutschland sieht Pichler auch in der Schweiz gute Chancen für eine Weiterentwicklung.

Pro Woche werden in der Zentrale rund tausend Aufträge abgewickelt. Für Standardprodukte gibt es die Partnerschaft mit dem Großhandel, anders wäre das aus rund 40.000 Artikeln bestehende Portfolio nur mit viel Aufwand zu bewältigen. Weitgehend bewältigt hat das Unternehmen eine Modernisierung der eigenen Infrastruktur. Alle Hallen sind mit LED-Leuchten ausgestattet und mit PV-Anlagen bestückt, was in Summe eine Leistung von immerhin rund 600 kWpeak ergibt.
Was den Unternehmer Gernot Pichler bewegt und wie er die aktuelle Marktsituation beurteilt, lesen Sie im Building Times-Exklusivinterview.

Building Times: Eine aktuelle Interconnection-Studie sieht die Lüftungsbranche im Aufwind. Können Sie diesen Optimismus teilen?

Gernot Pichler: Ja, Corona hat das Bewusstsein für die Luftqualität zweifellos gesteigert. Aber wir bewegen uns insgesamt immer noch auf niedrigem Niveau.

Building Times: Österreich und andere Länder erlebten zuletzt einen regelrechten Bauboom. Konnten Sie davon profitieren? Wie ist es Ihnen 2023 ergangen?

Gernot Pichler: Das Jahr 2023 war zu Beginn von etwas Unsicherheit geprägt. Wir hatten auch pessimistisch geplant und dann hat sich das Jahr relativ gut entwickelt. Unser Geschäftsjahr endet am 31. März und wir sind derzeit über Plan.

Building Times: Zeichnet sich für die verbleibenden Wochen ein Einbruch ab?

Gernot Pichler: Es ist derzeit sehr schwierig, Prognosen abzugeben. Wir sind aber bis Mitte des Jahres gut ausgelastet, deshalb sehe ich den großen Einbruch nicht.

Building Times: Spüren Sie die Flaute im Wohnbau nicht?

Gernot Pichler: Bei uns überwiegt
die gewerbliche Lüftung. Der Wohnbau ist natürlich ein Thema, der ist auch zurückgegangen, aber hierzulande nicht so stark, wie in Deutschland. Im Einfamilienhaussegment kann man aber insgesamt schon von massiven Rückgängen sprechen.

Building Times: Wie stark sind Sie im Wohnbau vertreten?

Gernot Pichler: In Österreich entfällt etwa ein Drittel des Umsatzes auf dieses Segment.

Building Times: Wie hoch schätzen Sie den Umsatz, der hierzulande mit Lüftung insgesamt gemacht wird?

Gernot Pichler: Es hängt immer davon ab, was hinzugerechnet wird. Bei einer breiteren Betrachtung kann man von rund 600 Millionen Euro ausgehen.

Building Times: In welcher Größenordnung bewegt sich Pichler?

Gernot Pichler: Wir liegen bei einem Umsatz von rund 60 Millionen Euro. Erfreulich ist, dass wir in den letzten Jahren jeweils zweistellig gewachsen sind.

Building Times: Wieviel Ihrer Produkte geht in den Export?

Gernot Pichler: Der Exportanteil beträgt ungefähr 20 Prozent und ist nahezu stabil.

Building Times: Welche Länder spielen dabei eine besondere Rolle?

Gernot Pichler: Die angrenzenden Länder, besonders Deutschland und die Schweiz.

Building Times: Wie viele Mitarbeiter:innen beschäftigen Sie in Summe?

Gernot Pichler: In Österreich liegen wir bei gut 200, in Summe beschäftigen wir über 300 Mitarbeiter:innen.

Building Times: Das heißt, die einfachen Tätigkeiten sind ausgelagert?

Gernot Pichler: Nicht nur. Wir haben zwei Produktionen hier in Klagenfurt. Weiters eine Fertigung in Bosnien und eine in Tschechien.

Building Times: Wer macht was?

Gernot Pichler: In Bosnien produzieren wir mit rund 70 Beschäftigten. Dort fertigen wir Komponenten, Baugruppen und Luftleitungen. Wir haben dort einen umfassenden Maschinenpark, womit wir sehr flexibel auf Auslastungsspitzen reagieren können. In Tschechien spielt die Nähe zu Wien eine Rolle, weil sich durch kurze Wege die Transportkosten in Grenzen halten.

Building Times: Planen Sie weitere Auslagerungen?

Gernot Pichler: Wir haben diese Schritte schon vor Jahren gemacht. Die einfachen Produkte mit viel Handarbeit werden seit vielen Jahren teilweise im Ausland erledigt.
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Building Times: Das heißt, die Zukunft in Klagenfurt ist gesichert?

Gernot Pichler: Ja, die hochwertigen Produkte werden hier gefertigt und wir beabsichtigen auch eine Erweiterung der Produktion. Wir haben hier auch unser Forschungs- und Entwicklungslabor.

Building Times: Sie bieten Lüftungsgeräte, Luftführung und Verteilung sowie Brandschutzklappen. Auf welches Segment entfällt der größte Teil des Umsatzes?

Gernot Pichler: Grundsätzlich ist es unser Ansinnen Gesamtanlagen mit der dazugehörigen Dienstleistung zu verkaufen. Rein umsatzmäßig liegen Lüftungsgeräte und Luftleitungen in etwa gleichauf, wobei sich die Geräte in den letzten Jahren sehr gut entwickelt haben. Hier sehe ich auch noch weiteres Potenzial.

Building Times: Die Range von Pichler reicht vom Einfamilienhaus bis hin zur Großanlage. Wie groß geht sich aus?

Gernot Pichler: Die Begrenzungen der Größe liegen in der Regel beim Transport, weil man bemüht ist, Sondertransporte zu vermeiden.

Building Times: Gab es 2023 eine besonders große Anlage?
Gernot Pichler: Nein, es ist auch nicht unser Ziel besonders große Anlagen zu liefern. Unser Schwerpunkt liegt im mittleren Bereich, bei Kompaktanlagen, bei denen die einzelnen Komponenten aufeinander abgestimmt sind.

Building Times: Bis zu welchem Volumen geht es da?

Gernot Pichler: Bis 50.000 m³ ist Standard.

Building Times: Wie wichtig ist für Sie die Sanierung?

Gernot Pichler: Über die Sanierung wird schon lange sehr viel gesprochen. Ich denke, dass die Bedeutung künftig steigen wird.

Building Times: Liefern Sie schon verstärkt in die Sanierung?

Gernot Pichler: Nein, bei uns überwiegt eindeutig der Neubau. Wir wissen aber nicht immer genau, wo unsere Produkte zum Einsatz kommen.

Building Times: Sie konzipieren Anlagen mit, machen aber keine Montagen?

Gernot Pichler: Richtig, die Montage überlassen wir unseren Partnern. Bei mittleren und großen Anlagen konzipieren wir in Abstimmung mit dem Planer. Bei sehr großen Projekten stellen wir für die Einbringung und Aufstellung einen Richtmeister. Das kommt immer mehr, weil die Anlagen und Raumverhältnisse komplexer werden.

Building Times: Sie verfügen über eine eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung. Woran wird dort gerade getüftelt?

Gernot Pichler: Unser F & E-Team inkl. Konstruktion umfasst zwölf Köpfe. Was laufend passiert, ist die Optimierung von Geräten. Auch im Bereich des Brandschutzes, des Schallschutzes und der Schullüftung gibt es einige Neuerungen.

Building Times: Stichwort Schullüftung. Es wurde im Zuge von Covid viel geredet und wenig gemacht. Sehen Sie da Fortschritte?

Gernot Pichler: Ja, bei umfassenden Sanierungen wird jetzt eine Lüftung eingebaut, wenn die BIG neu baut, auch. Im Bestand hat das große Umdenken noch nicht begonnen, es werden Gebäude thermisch saniert, aber keine Lüftung installiert. Wir haben inzwischen dezentrale Geräte entwickelt, mit denen wir ein paar Projekte machen.

Building Times: Der renommierte Architekt Christoph Achammer hat kürzlich gemeint, es würden bei Großbauten große Mengen an Lüftungsleitungen nicht verbaut. Stimmt das?

Gernot Pichler: Nein, sicher nicht. Eckige Luftleitungen werden auftragsbezogen gefertigt, da beträgt die Rücklaufquote Null. Bei runden Standardprodukten bestellt der Installateur sicher mehr, damit er nicht während des Einbaus behindert ist, weil Ware fehlt. Rohre, die übrigbleiben holen wir zurück und das funktioniert auch.

Building Times: Sie vertreiben direkt oder über den Großhandel?

Gernot Pichler: Beides. Unser wichtigster Kunde sind Installateur:innen und Anlagenbauer:innen, denen wir auch zum Produkt gehörende Dienstleistungen anbieten. Wir wickeln in der Woche bis zu tausend Aufträge ab und liefern das Material auch direkt auf die Baustelle. Weiters erledigen wir bei Bedarf die Inbetriebnahme und Wartung.

Building Times: Und fakturiert wird über den Großhandel?

Gernot Pichler: Nein, unser bestellender und bezahlender Kunde ist der Installateur. Über den Großhandel verkaufen wir Standardprodukte.

Building Times: Die letzten Jahre waren in vielen Sparten geprägt von Lieferkettenproblemen und massiven Preiserhöhungen. Wie stark waren Sie davon betroffen?

Gernot Pichler: Es gab Engpässe, speziell bei Elektronikbauteilen und bei Ventilatoren. Auch wir hatten Baustellen, bei denen Geräte ohne Ventilatoren verbaut wurden, um die Liefervereinbarungen zu halten. Diese Geräte wurden dann im Zuge der Inbetriebnahme komplettiert, das ist aber vorbei.

Building Times: Gibt es gegenwärtig noch Lieferengpässe?

Gernot Pichler: Ich sage hier ganz vorsichtig, nein. Aktuell sind die Lager überall voll. Das kann sich aber rasch wieder ändern, etwa wenn sich die Situation im Roten Meer verschärft.

Building Times: Sind die Preise für Komponenten wieder gesunken?
Gernot Pichler: Nein, der Wert unseres Lagerbestandes hat sich in den vergangenen Jahren in etwa verdoppelt. Das bringt zwar eine hohe Verfügbarkeit, muss andererseits aber auch vorfinanziert werden.

Building Times: Die Geräte sind aber auch teurer geworden, oder?

Gernot Pichler: Die Lüftungsgeräte selbst sind geringfügig teurer geworden. Bei den Elektronikbauteilen hatten wir enorme Preissteigerungen und bei den Rohmaterialien für die Luft-
leitungen eine sehr hohe Volatilität. Die Vor-Corona-Preise erreichen wir damit nicht mehr.

Building Times: Sie betreiben einen B2B-Shop und es gibt auch für Endkund:innen die Möglichkeit, Filter zu bestellen. Bereiten Sie da etwas vor?

Gernot Pichler: Nein, unser Schwerpunkt ist B2B und es gibt derzeit keine Pläne das zu ändern.
Building Times: Funktioniert die elektronische Bestellung?

Gernot Pichler: Ja, immer mehr junge Techniker bestellen lieber so als telefonisch. Im nächsten Quartal bekommt unser Shop ein Update, das die Performance steigert, das wird einen weiteren Schub bringen.

Building Times: BIM wird häufig als Schlüssel für die Zukunft des Bauens gesehen. Wie gehen Sie mit diesem Thema um?
Gernot Pichler: Bei manchen Bauaufträgen ist BIM inzwischen Pflicht. Wir haben dazu einiges realisiert, sind aber noch nicht fertig. Bis Mitte des Jahres werden unsere wichtigsten Produkte aber aufbereitet, also „BIM-ready“, sein.

Building Times: Wie schaut es mit der Nachfrage aus?

Gernot Pichler: Im letzten Jahr hatten wir zwei Projekte, bei denen BIM verlangt wurde. Das ist nicht viel, es wird aber weiter in diese Richtung gehen. Weitaus mehr als BIM beschäftigen uns aber EPD´s, also die Environmental Product Declarations.

Building Times: Was ist daran herausfordernd?

Gernot Pichler: Das ist eine gewaltige Herausforderung für alle Hersteller. Es herrscht eine große Uneinigkeit in Europa, in einigen Ländern gibt es schon gesetzliche Bestimmungen, die Branche hinkt da aber insgesamt hinterher. Absehbar sind aber immense Herausforderungen, die auf die gesamte Industrie zukommen.

Building Times: Kommen eigentlich schon Lüftungsgeräte aus China?

Gernot Pichler: Nein, gerade im DACH-Raum haben wir mit kalten Wintern und heißen Sommern spezielle Bedingungen, die sich nicht so einfach lösen lassen. Wir konzipieren und bauen unsere Anlagen schon sehr sorgfältig.