Faktoren des Fallens

Für das Scheitern von Fassadenbauern gibt es viele Ursachen. Das Business ist komplex und die Risiken sind hoch.

Im Fassadenbau ist das wirtschaftliche Stolpern hierzulande üblich. Es gibt eine ganze Reihe von Großprojekten, die verzögert fertig wurden, weil der Fassadenbauer insolvent geworden ist. Und es gibt da und dort Bauten, wo das Fassadenkleid modrig wird, bevor es überhaupt Patina angesetzt hat. Richtige Schlagzeilen machte die Wirtschaftsuniversität Wien, wo sich Glasscheiben lösten, was ja tatsächlich nicht ungefährlich ist.

Immer wieder wird gerätselt, warum dem Anschein nach potente Unternehmen ganz plötzlich scheitern. „Jeder Markt hat seine spezifischen Gegebenheiten“, erklärt dazu Thomas Spitzer, Geschäftsführer der zur Seele-Gruppe gehörenden se-austria GmbH. Sein Unternehmen ist gerade dabei, die Fühler nach Russland auszustrecken, und lässt dabei Vorsicht walten. Für den Einstieg möchte man ein eher kleineres Projekt angehen, um die Eigenheiten des Marktes zu erfassen, erklärt er. Er und seine Mannschaft haben das Engagement im Osten bewusst eher klein gehalten: „Wir sind bereit, manche Dinge nicht zu machen“, betont er. Aufträge nicht anzunehmen, geht nur, wenn man auch die Kraft dazu hat. Und die ging zuletzt der steirischen SFL-Technologies und aktuell der Waagner-Biro-Gruppe aus. Wie viel vom Glanz der 164 Jahre Firmen- und Industriegeschichte von Waagner-Biro und ihrem vielseitigen Kapitel österreichischer Stahlbautradition am Ende übrig bleibt, ist ungewiss. Nach Firmenangaben ist die Pleite auf ausbleibende Zahlungen für spektakuläre Großprojekte zurückzuführen. Für Branchenkenner ist das wenig überraschend, denn die Liquidität war schon ohne Zahlungsverzug nicht die beste.

Auch Ewald Müller, Geschäftsführer von AluKönigStahl, liefert im Interview mit Building Times ein paar Erklärungen für die angespannte Situation in der Branche: Seiner Ansicht nach sei der Preisdruck am Bau, der bis vor wenigen Monaten massiv an Fassadenbauer weitergegeben wurde, mitverantwortlich. „Weiters übernimmt heute der Fassadenbau in Kombination mit der Haustechnik wesentlich mehr Funktionen als in der Vergangenheit, was auch eine zusätzliche Übernahme von Risiken bedeutet“, so Müller. Er appelliert an die Fassadenbauer, sich ihrer bedeutenden Rolle noch bewusster zu werden. „Gerade der österreichische Metallbau ist europaweit einer der technisch besten, und es bedarf einer Anpassung der Preise an die Realität“, so Müller.

Für Waagner-Biro kommt all das zu spät. „Derzeit läuft der Verkaufsprozess für die Waagner-Biro Bridge Systems (Brückenbau), den wir Mitte Dezember abschließen wollen“, kündigt Insolvenzverwalterin Romana Weber-Wilfert gegenüber Building Times an. Die Bühnentechnik-Firma Waagner-Biro Stage Systems sei verkauft und bereits von der grosso Holding von Erhard Grossnig übernommen worden, die Stahlbau rma SBE Alpha sei geschlossen worden und die Mitarbeiter seien ausgetreten, ergänzt die Insolvenzverwalterin. Über den Verlauf des Insolvenzverfahrens der Muttergesellschaft, der Waagner-Biro AG, wollte deren Masseverwalter Stephan Riel auf Anfrage keine Angaben machen.