Komfort trifft Sicherheit
Sicherheit und Information sind neben Verspieltheit und Energieeffizienz die Treiber für Smart Home. Die intelligente Gebäudesicherheit gewinnt an Bedeutung.
Angst ist kein guter Berater, hört man oft. Trotzdem wird derzeit in weiten Teilen Europas Angst geschürt. Manchen Märkten schadet das, andere werden gestützt. Man muss kein Prophet sein, um einen tendenziell steigenden Waffenabsatz zu prognostizieren. Ganz ähnlich verhält es sich mit der Sicherheitstechnik, deren Anbieter Schutz versprechen. Nur mit Schloss und Riegel allein funktioniert das Geschäft aber auch nicht so prächtig, weil die Abnehmer von Sicherheit ein zweites wesentliches Bedürfnis erfüllt wissen wollen. Daraus resultiert, dass State-of-the-art-Sicherheitslösungen heute weit mehr können als abschließen, überwachen und melden.
„Es geht dabei um erweiterte Intelligenz, Steuerung und Komfort. Die Entwicklung in Richtung ‚Smart Secure Building‘ bringt die Sicherheitstechnik-Branche aus dem ‚verstaubten‘ Eck der Sicherheit und Überwachung heraus. Wir sind Impulsgeber für das vernetzte und intelligente Gebäude“, erklärt zum Beispiel Wilfried Hirmann, Geschäftsführer von Essecca, die Entwicklung zum „Smart Secure Home“. Ein solches Haus, eine solche Wohnung ist anders als ein normaler Bau. „Elektronischer Zutritt ist der Schlüssel zum intelligenten Gebäude. Mit einem kleinen Chip oder über das Smartphone verändert sich der Raum, sobald er betreten wird“, sagt Hirmann. Er sieht sein Unternehmen als Gesamtlösungsanbieter im Bereich der Sicherheitstechnik, das plant, installiert und serviciert, und das vom Großunternehmen bis hin zum privaten Wohnhaus.
Darüber hinaus agiert Essecca als österreichischer Exklusivdistributor unter anderem für Salto. Der spanische Marktführer für elektronische Zutrittslösungen bietet mit Salto KS ein System, das es ermöglicht, Türen aus der Ferne zu öffnen oder automatisch zu verschließen. Die entsprechenden Zutrittsberechtigungen werden auf das Smartphone übermittelt. Eine Spezialität stellt auch das elektronisch und mechanisch schließbare Danalock-Schloss dar: Es öffnet Türen im Vorübergehen über das Handy in der Hosentasche. Mittels App kann kontrolliert werden, welcher elektronische Schlüssel wann gesperrt hat, Berechtigungen können jederzeit wieder aufgehoben werden.
Einen Schritt weiter zum vernetzten Haus führt das System lares 4.0 von Ksenia: Das Mobiltelefon wird hier zu Kommandozentrale, in der Alarmanlage und weitere Funktionen wie Zutritt, Licht, Heizung, Klimaanlage, Videoüberwachung, Gartenbewässerung oder Rollläden integriert sind und gesteuert werden. Bislang waren solche Systeme mehrheitlich im gehobenen privaten Segment angesiedelt. Nachdem die Preise für die Lösungen sinken, findet man sie künftig vielleicht auch im geförderten Wohnbau.
Erst kürzlich gab das Grazer Unternehmen Nuki einen dicken Fisch bekannt: Die Sozialbau AG, Österreichs größtes privates und gemeinnütziges Wohnungsunternehmen, plant, ihren gesamten Wohnungsbestand mit dem Zutrittssystem von Nuki auszustatten. Damit sollen bis Ende 2019 die Bewohner von über 51.000 Wohnungen die Möglichkeit erhalten, ihren physischen Schlüssel durch das Smartphone zu ersetzen. Bestehende Sprechanlagen und Türen werden mit Nuki-Komponenten zu smarten Zutrittssystemen und das Smartphone zum intelligenten Schlüssel. Wer will, kann sich den Zutritt zum Wohnraum in Mehrfamilienhäusern komplett schlüssellos gestalten. Doch nicht nur Bewohner, auch Zustell-Dienstleister wie die Post und Mediaprint sowie die Mitarbeiter der Sozialbau können die Haustüren einfach und komfortabel per Nuki-App öffnen – natürlich nur, wenn sie über die entsprechende Berechtigung verfügen.
Dem geplanten großen Outroll ging in der ersten Jahreshälfte ein Pilotprojekt in über 30 bestehenden nicht geförderten Wohnobjekten der Sozialbau AG in Wien (Seestadt Aspern) voraus. Damit haben die Bewohner von rund 750 Wohneinheiten jetzt die Möglichkeit, ihren physischen Schlüssel komplett durch das Smartphone zu ersetzen. Auch Zusteller, wie die Post und die Mediaprint AG, können das System für ihre Leistungserbringung in den ausgestatteten Gebäuden nutzen. „Langfristig soll so der unsicherere Postzylinder komplett durch die digitale Online-Alternative ersetzt werden. Bisher konnten Zentralschlüssel einfach kopiert und illegal genutzt werden – das ist mit dem digitalen Schlüssel nicht möglich. Gerade Familien und pflegebedürftige Personen profitieren vom smarten Zutrittssystem – durch die flexible Schlüsselweitergabe bzw. die Möglichkeit, auch jederzeit einfach aus der Ferne die Tür zu öffnen”, erklärt Martin Pansy, Gründer und Geschäftsführer von Nuki Home Solutions.
Das Volumen des Sozialbau-Deals lässt nicht klar beziffern. Um die Funktionen des Systems gänzlich auszunutzen, braucht es mehrere Zahler. Als Basis der Installation dient eine sogenannte Nuki-Box, die das Wohnungsunternehmen 310 Euro inklusive 10-Jahres-Nutzung kostet. Diese Box und ein Code ermöglichen den Bewohnern das Öffnen der Haustür mit dem Handy für 30 Tage. Danach müssen sie ein Nuki-Produkt erwerben, um den Service zu nutzen. Wollen Mieter und Eigentümer auch die eigene Wohnungstür mit dem Handy öffnen, kostet das etwas mehr. Ein Smart Lock (das ist das elektronische Schloss) und ein Teil, das dieses über das Internet bestätigen lässt (genannt Bridge), kostet derzeit 199 Euro. Das Wohnungsunternehmen kommt also vergleichsweise günstig weg und darf sich noch ein wenig damit schmücken, Vorreiter der Digitalisierung zu sein. Das auch, weil das Zutrittssystem es in Kombination mit dem Smart TV in Sozialbau-Wohnungen ermöglicht, die Hauseingangstür mittels Fernbedienung zu öffnen. „Eine praktische Hilfe für den Alltag – besonders für unsere bewegungseingeschränkten Bewohner“, wie Ernst Bach, Direktor für die Hausbewirtschaftung in der Sozialbau AG, meint.
Das Management von Nuki hat jedenfalls große Pläne und möchte bis 2020 zehn Prozent des gesamten Wiener Wohnungsmarktes mit dem Zutrittssystem ausrüsten. Ob das gelingt, wird auch davon abhängen, ob die elektronischen Zutrittssysteme verlässlich arbeiten und die Daten sicher sind. Und natürlich von zahlreichen Mitbewerbern, die mit elektronischen und vernetzten Zutrittssystemen im Geschäft sind. Oder einfach mit Gegensprechanlagen, wie etwa Siedle. Dort hat man eben den mobilen Türöffner für Android-Smartphones lanciert. Dieser ermögliche eine sichere und komfortable Türkommunikation von unterwegs – über WLAN und Mobilfunk – und biete alle wichtigen Funktionen der Video-Türkommunikation, oder Hersteller. Zur Anbindung braucht es aber einen Smart Gateway. Ist der einmal da, so erhält man ein Live-Videobild und die Sprachübertragung, wer vor der Tür steht. Das Öffnen ist nach einer Sicherheitsabfrage ebenfalls möglich.
Neue Schlüsselerlebnisse
Was die Bereitschaft der Österreicher betrifft, ihren Hausschlüssel zugunsten des digitalen Schlüssels aufzugeben, sollte sich das Nuki-Mangement keine Sorgen machen. Der Aufzugshersteller Kone hat eben eine Studie über die Zukunft des urbanen Wohnens und die Wünsche der Gebäudebewohner präsentiert. Über ein Drittel (35%) der Befragten geben darin an, dass ihr tägliches Leben einfacher wäre, wenn sie ihre Smartphones anstelle ihrer Hausschlüssel benutzen könnten, um in ihr Zuhause zu gelangen. Mehr als die Hälfte (52%) der Befragten im Alter von 18 bis 22 Jahren sagen, dass es für sie von Vorteil wäre, wenn sie ihre Wohngebäude mit ihren Smartphones und nicht mit ihren Schlüsseln betreten könnten.
Eher skeptisch sind ältere Zeitgenossen: Nur 27% der 56- bis 65-Jährigen denken genauso. Darüber hinaus ergab die Studie, dass etwa jeder vierte Befragte der Meinung ist, dass er nicht genügend relevante und zeitnahe Informationen zu Themen im Zusammenhang mit seinem Gebäude erhalte, wie Renovierungen sowie Strom- und Wasserausfälle. „Die Nachfrage nach intelligenten digitalen Lösungen steigt in den meisten Branchen stetig an, auch im Wohnbau“, sagt Gernot Schöbitz, Geschäftsführer von Kone Österreich. „Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass sich die zukünftige Entwicklung des Wohnungsbaus zunehmend auf die Bedürfnisse junger Erwachsener und Familien sowie auf digitale Innovationen für intelligentere Gebäude konzentrieren sollte.“
Mit Kone Residential Flow hat die Aufzugsfirma gemeinsam mit Kunden ein System entwickelt, um Bewohnern das tägliche Leben zu erleichtern. Die im Herbst 2017 erstmals lancierte Lösung basiert auf Mobil- und Cloud-Technologie und ermöglicht es, Türen, Aufzüge und Gegensprechanlagen per Smartphone zu steuern und über die Kone Smartphone-App auf Informationen über das Wohngebäude zuzugreifen. Eine Lösung, die auch Hausverwaltungen den Kontakt zu den Bewohnern erleichtert, wie man bei Kone betont. Das System wurde hierzulande eben erst verkauft und wird bei einem Wohnbauprojekt in OÖ installiert.
Die volle Vernetzung für ein smartes Zuhause hat sich auch die ABB-Tochter Busch-Jaeger zum Motto gemacht. Zuletzt zeigte das Unternehmen auf der IFA in Berlin Lösungen mit dem Fokus Sicherheit und Interoperabilität im Smart Home. Kurzum, auch bei Busch geht es darum, möglichst alle Aspekte im smarten Zuhause abzudecken. Für mehr Sicherheit in den eigenen vier Wänden soll beispielsweise die neue Alarmmeldeanlage Busch-secure@home sorgen. Das funkbasierte, eigenständige System kann ganz stand alone oder in das hauseigene Busch-free@home® integriert betrieben werden. Das Herzstück ist die Systemzentrale. Das Gerät ist mit einem Display und einer Tastatur für die schnelle Scharf-/Unscharfschaltung des Systems ausgestattet. Das Sicherheitssystem bietet eine effektive Infraroterkennung in Innen- und Außenräumen sowie eine Tür- und Fensterüberwachung. Fensterkontakte aus
Busch-secure@home können in Busch-free@home genutzt werden und über den Menüpunkt „Aktionen” in die Alarmmeldung eingebunden werden. Bis zu vier Außensirenen können in einer Anlage betrieben werden. Sicherheitssensoren können in vordefinierte oder benutzerspezifische Zonen aufgeteilt werden, die entsprechend den Nutzerbedürfnissen aktiviert werden. Gleichzeitig schützen sie das Gebäude, indem diese auch austretenden Rauch oder Wasserlecks melden.
Durch das funkbasierte System lassen sich Sensoren und Schutzvorrichtungen überall anbringen, wo sie auch wirklich benötigt werden. Das soll für maximale Sicherheit sorgen, denn die Kommunikation des Systems und dessen Sensoren werden konstant überwacht. Komprimiert sieht man bei Busch-Jaeger ein einfaches System, welches dennoch einen hohen Schutz gewährleistet. Es biete den Bewohner attraktive Perspektiven durch die Kombination von Sicherheitssystem und smarter Haussteuerung. Das ermögliche ein Plus an Komfort und Sicherheit, so er Hersteller. Ein Ende der Entwicklung ist klarerweise nicht erreicht, eher ist das Gegenteil der Fall.
Mittlerweile fordern Endkunden auch die Einbindung der im Haus installierten Weißware. Busch-free@home ermöglicht die Steuerung von Miele- und Bosch-Geräten. Ein weiterer Baustein für voll vernetzte Smart-Home-Systeme ist die neue Partnerschaft von ABB und Busch-Jaeger mit Signify (ehemals Philips Lighting) und dem Partnerprogramm „Friends of Hue“. Passend dazu zeigen ABB und Busch-Jaeger auf der IFA neue, intelligente Lichtschalter, die sich nahtlos in das Hue Beleuchtungssystem integrieren. Die Benutzer können ihren Schalter in der Philips-Hue-App einrichten und dann die Beleuchtung ganz nach den individuellen Wünschen nutzen.