Corona und die Städte

„Corona und die Städte – Suche nach einer neuen Normalität“ hat die emeritierte Professorin für Stadtraum und Stadtentwicklung Ingrid Krau ihre jüngste Publikation betitelt. „Hört endlich auf zu bauen!“ lautet ihr Plädoyer. Widerspruch ist garantiert.

Für Ingrid Krau, die bis 2010 den Lehrstuhl für Stadtraum und Stadtentwicklung an der Architektur-Fakultät der TU München innehatte, ist die Pandemie die größte Herausforderung der westlichen Gesellschaften, bei der es auch darum gehe: „unsere freiheitlichen Werte gegenüber den teilweise autoritär organisierten Gesellschaften Asiens zu verteidigen“.

Die Geschwindigkeit, mit der sich das Sars-CoV-2-Virus über den Globus ausbreite und die Menschheit aller Kontinente nun als Pandemie im Griff habe, gebe Anlass genug, über ihre Existenzbedingungen und die Folgen nachzudenken, schreibt Krau. „Im Zentrum meiner Überlegungen stehen dabei die wachsenden und sich nachverdichtenden Städte, die sich ihrer früheren Planungsmaxime ‚Licht, Luft und Sonne‘ in erstaunlichem Maß entledigt haben; das vor dem Hintergrund dramatisch gesteigerter Klimafragen mit urbaner Überhitzung, mit Dürre trotz partiellem Starkregen und dem Absterben von Stadtvegetation“, schreibt die nunmehrige Publizistin, die sich in weiterer Folge auch intensiv mit der Pandemie-Entwicklung in den ländlichen Regionen beschäftigt. Krau hat auch eine familiäre Vorprägung, weil ihr Berliner Großvater an der Spanischen Grippe verstorben war.

Was Kraus Broschüre wichtig macht, ist die holistische Herangehensweise, die vom „Leben in dicht bebauten Metropolen“ über „Urbanität als Lebensform“, „Flugrouten, Seidenstraßen und Lieferketten“ bis zur „Welt im Ungleichgewicht“ und den Lehren aus der Corona-Pandemie reicht. Ihr Plädoyer: „Hört endlich auf zu bauen! Leistet euch das notwendige Grün auf den letzten Freiflächen. Dann könnt ihr wenigstens vor der nächsten Pandemie bestehen“ scheint im Buch deutlich durch, wurde aber erst in einem Interview mit den Salzburger Nachrichten expressis verbis aus- und angesprochen.

Auch wenn Widerspruch dazu garantiert scheint, sollte man sich mit Kraus Lösungsansätzen ernsthaft auseinandersetzen, selbst wenn man die Pandemie weitgehend überwunden glaubt, und „nur“ den Klimaschutz verfolgt. Das allein wäre bei weitem Anlass genug.

 

Corona und die Städte – Suche nach einer neuen Normalität

Ingrid Krau, oekom verlag, München, 2021, 120 Seiten, ISBN 978-3-96238-291-9, 16 Euro