Delle statt Knick

Der Mensch braucht Gebäude, und die brauchen Technik. So simpel das klingt, es spielt bei der Bewältigung der Krise eine tragende Rolle. Installateure und Hersteller von Gebäudetechnik leiden kaum unter Corona. Wenn ein Knick kommt, dann erst ab nächstem Jahr.

Mit etwas Distanz lassen sich erste Schlussfolgerungen aus der Covid-19 Pandemie ziehen. So deprimierend die Arbeitslosen-Statistik sich im Moment darstellt, gibt es dennoch auch Lichtblicke. Einer der hellsten ist sicherlich, dass die großen Baufirmen ihre vorübergehenden Stilllegungen oft nach Tagen oder zumindest nach wenigen Wochen wieder aufgehoben haben. Ähnliches gilt für die Großinstallateure, die eben auf diesen Baustellen ihre Arbeit nach einer kurzen Pause wieder aufgenommen haben. Und Anlagenbauer, die in Deutschland tätig sind, haben von der heimischen Virus-Infektion noch weniger mitgekriegt, dort wurde nämlich so gut wie überall durchgebaut.

Positiv gilt es weiters zu vermerken, dass die meisten Hersteller von Installationskomponenten ihre Betriebe weiterführen konnten und es kaum zu Materialengpässen gekommen ist. Die einzelnen Unternehmen und ihre Mitarbeiter haben sich trotz erschwerter Rahmenbedingungen ordentlich ins Zeug geworfen, um den Markt zu versorgen. Auch mit Dienstleistungen, die zum Großteil ins Netz verlagert wurden, was ziemlich gut funktioniert. Dasselbe gilt auch für den Großhandel, der sich flexibel zeigte und selbst die Quarantäne-Gegenden mit Installationsmaterial versorgte. All das hat sich gelohnt, wie die im April vom Verband der Installations-Zulieferindustrie (VIZ) erhobenen Marktzahlen zeigen. „Nach einem anfänglichen Schock im März, hat das Handwerk wieder Vertrauen in den Markt gefasst und sieht sich durchaus in einer positiven Entwicklung“, so der VIZ.

Installateure: gut ausgelastet

Mehr als 40 Prozent der Installateure geben in der Umfrage an „stark ausgelastet“ zu sein, weitere 21,5 Prozent geben an „sehr stark ausgelastet“ zu sein und weitere 9,6 % fühlen sich sogar überlastet. Etwa 20 Prozent beurteilt die Auslastung „durchschnittlich“ und lediglich 7,4 Prozent orten eine geringe Auslastung. Gar nicht ausgelastet sind lediglich 0,7 Prozent der Befragten. All das klingt nicht wirklich nach Krise, wenn überhaupt, dann bleibt der HKLS-Branche also eine Delle.

Ein „zartes blaues Auge“ ortet Gerhard Glinzerer, Eigentümer der Herz-Gruppe. „Im März haben wir so viele Armaturen verkauft wie selten zuvor, im April gab es hierzulande einen Knick und seit Mai geht es wieder aufwärts. Ich gehe davon aus, dass wir ab Juni wieder deutliche Zuwächse haben werden“, erklärt er. Bei Herz mit einem Exportanteil von mehr als 80 Prozent spielt die Produktvielfalt und die geografische Ausbreitung der Gruppe eine wesentliche Rolle. Osteuropa konnte sich den Lock-Down nicht leisten, weshalb dort durchgearbeitet wurde, erklärt Glinzerer. Auch in Deutschland gab es kaum Rückgänge. Und in der slowenischen Armaturenfertigung herrsche derzeit aufgrund des Auftragsbooms Hochbetrieb weil italienische Erzeuger längere Zeit ausgefallen sind, so der Unternehmer. Die Werke von Herz haben fast alle durchgehend gefertigt. Und es gab nur einen Corona-Fall, ein Außendienstmitarbeiter aus Tirol, der inzwischen wieder gesund ist. Wenn es etwas gibt, dass Glinzerers Stimmung trübt, dann ist das der niedrige Ölpreis, der Russland und dem arabischen Raum zu schaffen macht. Und natürlich der Blick in die Zukunft, wenn womöglich viele geplante Projekte verschoben oder gestrichen werden.

Ganz ähnliche Einschätzungen brachten Peter Huber, Geschäftsführer von Viessmann Österreich und Rudolf Donner, Geschäftsführer von Uponor Österreich im Zuge des Building Times Online-Expertenforums zum Ausdruck. Huber hält es sogar für möglich, dass die Verluste der letzten Wochen im Lauf des Jahres wieder wettgemacht werden könnten. Donner fürchtet jedoch, dass die schweren Tage erst kommen könnten – dann nämlich, wenn die derzeit genehmigten und in Bau befindlichen Projekte abgearbeitet sind und geplante Bauten nicht rechtzeitig nachfolgen. Die Behörden müssten ihren „Corona-Schlaf“ ganz schnell beenden, fordert Huber eine rasche Wiederaufnahme von Bauverfahren. Donner hofft zudem, dass der für das Land so wichtige Tourismus bald wieder Fahrt aufnimmt.

Bereits Ende März hat sich der Windhager Geschäftsführer Manfred Faustmann Gedanken zur aktuellen Branchenlage gemacht. Er sieht für die Heizungsbranche einige Vorteile, die sich bei der Überwindung der Krise als hilfreich erweisen. Erstens bietet eine Heizung Behaglichkeit, was bei einem pandemiebedingten Rückzug der Menschen ein Asset sei. Zweitens erfolge die Abwicklung der Heizungsbauer im relativ kleinen Kreis – die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen können damit sehr einfach umgesetzt werden. Weiters bleibe der Klimaschutz auch im Zeitalter einer Pandemie bestehen, was klar für die Modernisierung der Heizungen spreche, so Faustmann.

Dass die Branche mit einem blauen Auge davonkommt, findet Martin Hagleitner, Geschäftsführer von Austria Email „im Moment fast negativ übertrieben“. Im Vergleich zu anderen Wirtschaftsbereichen sei die Sparte Heizung und Warmwasser bislang gut weggekommen, findet er. Dazu trage auch das 142-Millionen-Euro schwere Konjunkturpaket bei, das bereits vor Corona eingefädelt wurde und jetzt beschlossene Sache ist. Diese Mittel sind bekanntlich als Öl-Ausstiegshilfe bei Heizungen und für die thermische Sanierung gedacht. Auch der Umstand, dass Lieferanten und Partner, die für eine Weiterarbeit nötigen Hygienebestimmungen rasch umgesetzt haben, war mitentscheidend, so Hagleitner. Wie wichtig das war, erklärt er an einem Beispiel: So habe kurz vor dem allgemeinen Lock-Down ein italienischer Zulieferer Tag und Nacht produziert, um die Lager bei Austria Email noch aufzufüllen. Eine Aktion, die sich gelohnt hat, es gab und gibt im AEWerk Knittelfeld keine Kündigungen und keine Kurzarbeit. „Ich hoffe, dass das so bleibt und nicht eine zweite Vollnarkose für die Wirtschaft kommt, die hätte verheerende Folgen“, fürchtet der Manager. Danach sieht es im Moment nicht aus, die Covid-19-Infektionen sind inzwischen europaweit stark zurückgegangen. Was sich zwar mit der Lockerung der Maßnahmen und der Grenzöffnung rasch wieder ändern kann, aber wir alle sind inzwischen schlauer und sensibler geworden und ein zweites Ischgl sollte nicht erneut passieren, nicht einmal in Tirol. Dort gibt es übrigens schon Landstriche, deren Installateure von der späten Schließung des Ballermann-Schizirkus nun hart betroffen sind. Im Unterland sei die Situation nicht einfach, so die Innungsmeisterin der Installateure Veronika Opbacher. Ihr Unternehmen arbeitet derzeit an vier Hotels, dass in nächster Zukunft welche nachkommen, glaubt sie nicht.

Abgesehen von solchen Tiefschlägen, gibt es natürlich auch die Befürchtung, dass Corona in Kombination mit der Digitalisierung in der Immobilienwirtschaft Schaden hinterlässt. Wenn Home-Office zum Standard wird, braucht es in Zukunft weniger Büroflächen, so die einfache Rechnung. Und die wird vermutlich auch schlagend werden, die Frage ist lediglich in welchem Tempo. Vor Corona wurden jedenfalls Desk-Sharing-Ansätze vielfach noch mit Skepsis betrachtet, das ist nun vorbei. Aber, wenn in den Büros künftig ein Arbeitsplatz temporär von unterschiedlichen Personen genutzt wird, müssen die Flächen flexibel nutzbar sein. Das gilt nicht nur für den Bürostuhl, sondern insgesamt und ganz sicher auch für die Gebäudetechnik. Zufriedenheit der Mitarbeiter wird sich nur dann einstellen, wenn sich Raumtemperatur und Licht unkompliziert an die jeweiligen persönlichen Bedürfnisse anpassen lassen. Das ist mit intelligenter Steuerung möglich, vorhanden sind solche Lösungen aber keineswegs flächendeckend, sondern eher noch die Ausnahme. Im Bestand gibt es hier riesigen Nachholbedarf, was wohl  Automatisierungsspezialisten und Elektrotechnikern neuen Business bringen wird. Weiters kann man damit rechnen, dass die Betreiber von Gebäuden künftig ein großes Augenmerk auf die Wartung und den Betrieb von Lüftungsanlagen legen werden. In den Wiener Twin Towers ist das bereits geschehen. „Die Luftmengen und Betriebszeiten der Lüftungsanlagen wurden erweitert. Alle Lüftungsanlagen laufen zu 100% mit Frischluft, es gibt keinen Umluftbetrieb. Im Zeitraum März/April wurden sämtliche Anlagen außerplanmäßig gewartet und alle Filter getauscht. Die Zuluftfeuchtigkeit ist nach Expertenvorgabe erhöht worden“, teilt der Betreiber Immofinanz in einem Rundmail mit.

Ganz nebenbei sei hier noch erwähnt, dass es auch unmittelbare Covid-Gewinner gibt. Die Hersteller von Swimming-Pools und allem, was es für Installation und Betrieb braucht, gehören auf jeden Fall dazu. Auch bei vielen Unternehmen, die sich mit Hygiene, Desinfektion und Luftreinigung beschäftigen, läutet derzeit öfter das Telefon. Und selbst bei den Konsumgütern gibt es Gewinner. Beim Elektrogroßhändler Schäcke etwa zeigte sich, dass die Nachfrage nach Kühlschränken seit dem Ausbruch von Corona hochgeschnellt ist. Klar, irgendwo muss der Hamsterkauf ja auch eingebunkert werden.