Baufirmen als Klimastreber

Als erstes Bauunternehmen in Österreich hat die Porr das ÖGNI-Basiszertifikat für nachhaltige Baustellen im Hoch- und Tiefbau erhalten. Die Strabag startet unterdessen einen Praxistest mit einem Wasserstoff-Radlader.

Sie sind groß und mächtig und streben nach Grün. Die beiden größten heimischen Baufirmen Porr und Strabag trachten mit reichlich PR-Begleitung hin zur Nachhaltigkeit. Fast könnte man glauben sie tun das akkordiert. Wenn die Porr am 3. November um 9 Uhr 8 per Mail über das durckfrische ÖGNI-Basiszertifikat für nachhaltige Baustellen im Hoch- und Tiefbau informiert, lässt die Reaktion der Strabag nicht lange auf sich warten.
Genaugenommen vergingen nur 21 Minuten bis die Strabag um 9 Uhr 29 im Mailordner auf den Praxistest mit einem Wasserstoff-Radlader aufmerksam macht.

Ein Zertifikat mehr

Bisher konnten Baustellen in Österreich nur einzeln und projektbezogen nach festgelegten Kriterien zertifiziert werden. Mit dem ÖGNI-Basiszertifikat wurde nun erstmals ein unternehmensweiter Standard geschaffen, der eine Grundzertifizierung ermöglicht. Porr CEO Karl-Heinz Strauss sagt: „Als erstes Bauunternehmen in Österreich hat die Porr dieses Basiszertifikat erhalten – das erfüllt uns mit großem Stolz. Denn es untermauert, mit welch hohem Nachhaltigkeitsstandard die Porr bereits routinemäßig arbeitet.“
Auch ÖGNI-Geschäftsführer, Peter Engert hat seine Freude: „Nachhaltige Baustellen sind ein wertvoller erster Schritt zur Sanierung oder für den Bau nachhaltiger Gebäude. Unser Mitglied Porr hat sich in der ÖGNI-Arbeitsgruppe engagiert eingebracht und zeigt jetzt ‚Best Practice‘: Mit der ersten Basiszertifizierung „Nachhaltige Baustelle“ beweist die Porr, dass sie systematisch soziale, wirtschaftliche und ökologische Nachhaltigkeit in ihrem Tätigkeitsbereich umsetzt.“
Mit dem Basiszertifikat wird bestätigt, dass die Porr schon heute auf allen Baustellen die wesentlichen Nachhaltigkeitsstandards als Grundvoraussetzung erfüllt. Das umfasst beispielsweise die gesamte Baustellenorganisation, die Analyse von Umweltrisiken und die Entwicklung von Konzepten für den Lärm- und Staubschutz.
Das Nachhaltigkeitszertifikat für Baustellen wurde von der DGNB (Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen) entwickelt und wird in Österreich durch die ÖGNI (Österreichische Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft) vergeben.

Strabag brummt Wasserstoff

Nicht zeritifiziert, aber zum Test, fährt neuerdings ein Wasserstoff-Radlader von Liebherr im Kanzelsteinbruch der Strabag in Gratkorn. Die Firma testet das Gerät mit Wasserstoffmotor zwei Jahre lang und mindestens 50 Stunden pro Woche auf Herz und Niere. Kraftstoffe sind beim Baukonzern der größte CO2-Verursacher – etwa 40 Prozent der konzerneigenen Emissionen entfallen auf den Dieselverbrauch der Baumaschinen, Nutzfahrzeuge und PKW. „Um bis 2040 klimaneutral zu werden, brauchen wir effektive Lösungen: die Umstellung unserer Baumaschinen auf erneuerbare Antriebstechnologien ist ein essenzieller Hebel. Wir führen unseren Nachhaltigkeitskurs konsequent weiter: wissenschaftsbasiert und technologieoffen. Der Testeinsatz mit dem Wasserstoff-Radlader ist ein Beispiel, wie ein nachhaltiger Betrieb und die Dekarbonisierung unserer Großbaugeräte aussehen kann“, sagt CEO Stefan Kratochwill.

Die kommenden Jahre seien für das Unternehmen entscheidend, um von fossilen auf erneuerbare Energieträger umzustellen. STRABAG hat sich dafür der globalen Science Based Targets Initiative (SBTi) verpflichtet. Bis 2030 will das Unternehmen 42 Prozent seiner Scope 1- und 2-Emissionen reduzieren – also die Treibhausgase, auf die STRABAG direkten Einfluss hat. In diesem Rahmen wurden drei zentrale Hebel definiert: den Fuhrpark, die Baumaschinen und die Asphaltmischanlagen.

Grüner Wasserstoff

Die Umstellung von schweren Baumaschinen auf nachhaltige Antriebstechnologien ist herausfordernd. Eine marktreife Lösung fehlt bisher. Der Wasserstoffmotor des Radladers sei ein wichtiger Ansatz und hat großes Potenzial. „Neben der Wirkung für den Klimaschutz ermöglicht diese Technologie, ein hohes Maß an Wertschöpfung und technologischem Know-how in Westeuropa zu halten. Sie stärkt die Resilienz in den Lieferketten und bietet damit strategische Vorteile“, erklärt Herbert Pfab, technischer Geschäftsführer der Liebherr-Werk Bischofshofen GmbH.
Für den Praxistest wurde eine eigene Wasserstofftankstelle im Steinbruch errichtet, damit der Radlader unkompliziert betankt werden kann.
Internen Berechnungen zufolge können durch den Einsatz des Radladers 37.500 Liter Diesel und etwa 100 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden.