Viel Holz im Finale

Die vier Finalisten bei Deutscher Nachhaltigkeitspreis Architektur zeigen heuer ganz klar, dass sich unser Nachbarland ziemlich gründlich dem Holzbau verschrieben hat

Der Bau von Mehrfamilienhäusern ist hierzulande noch fest in massiver Hand. Aber: Im Bereich des Wohnbaus hat sich der Holzbauanteil zwischen 1998 und 2023 mit einer Steigerung von 10 auf 23 Prozent mehr als verdoppelt. Ganz ähnlich stellt sich die Sache in Deutschland dar, dort betrug die Holzbauquote beim Wohnungsneubau 2024 rund 24 Prozent. In Vorjahr wurden im Nachbarland 824 Mehrfamilienhäuser aus Holz genehmigt. Damit rückt der Baustoff immer mehr in den Vordergrund. Dazu kommen Nutzgebäude, Gewerbeimmobilien, bei denen der Baustoff Holz eine bedeutende Rolle einnimmt.
So auch beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis Architektur. Der Campus Holzbau Schmäh in Meersburg, die Mehrzweckhalle in Ingerkingen, das Suffizienzhaus U10 in Kassel und das Projekt „Unser Gartenhaus – Haus ohne Zement“ in München haben es ins Finale beim diesjährigen Deutschen Nachhaltigkeitspreis Architektur geschafft. Der Architekturpreis mit dem Fokus auf Nachhaltigkeit und Innovation wird am 27. November zum 13. Mal von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen – DGNB e.V.´zusammen mit der Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis e.V. vergeben. „Die diesjährigen Finalisten beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis Architektur setzen da an, wo die großen Herausforderungen der kommenden Jahre liegen: im Bestand, in der Nachverdichtung und im Gemeinwohl“, sagt DGNB Präsident und Juryvorsitzender Prof. Amandus Samsøe Sattler. „Alle vier Projekte integrieren unterschiedliche Ebenen der Nachhaltigkeit ganz selbstverständlich in ihrem Konzept – technisch innovativ, gesellschaftlich relevant und gestalterisch überzeugend. Die Finalisten stehen für ein zukunftsfähiges Bauen mit Haltung und geben Impulse für eine Baukultur, dieNachhaltigkeit und Klimaschutz unaufgeregt sichtbar macht.“

Soziale Verantwortung

In Meersburg am Bodensee hat das 1872 gegründete Familienunternehmen Holzbau Schmäh seine Wirkungsstätte vom Ortskern ins Gewerbegebiet verlegt und nach den Plänen von Klingelhöfer Krötsch Architekten erweitert. Die insgesamt 3.000 Quadratmeter großen, in Holzbauweise errichteten Neubauten bilden mit einer Fertigungshalle, einem sechsgeschossigen Büro- und Wohngebäude sowie gestalteten Freiflächen ein stimmiges Ensemble. „Die oft vernachlässigte Bauaufgabe Gewerbebau erhält im Zusammenspiel von Nachhaltigkeit und sozialer Verantwortung eine gelungene Referenz für zukunftsfähiges Bauen im ländlichen Raum“, so die Begründung für die Nominierung.

Weiterbauen

Im schwäbischen Ingerkingen haben die Architekten vom Büro Atelier Kaiser Shen die Mehrzweckhalle aus den 1960er Jahren maximal erhalten und zugleich eine völlig neue Art von Ästhetik geschaffen. Der Bestand bleibt sichtbar und wird durch ein Holztragwerk und sortenrein trennbare Materialien ergänzt. So wurde die Südfassade rückgebaut und nach außen versetzt, wodurch eine normgerechte Einfeldsporthalle und eine direkte Verbindung zum vorgelagerten Festplatz entstanden sind. Grund für die Nominierung: “Neben der ökologischen Sinnhaftigkeit des Bestanderhalts wurde der identitätsstiftende Ort unter Einbindung der Dorfgemeinschaft aufgewertet und zukunftsfähig gemacht“.

Wiederverwenden

Mit dem Suffizienzhaus U10 schließen foundation 5+ Architekten eine Baulücke am Rande des Martini-Quartiers in Kassel. Das fünfgeschossige, als Massivholzbau ausgeführte Wohnhaus demonstriert, wie durch ressourcenschonendes Bauen mit wiederverwendeten Materialien, flexiblen Grundrissen und einer gemeinschaftlich geplanten Bauweise kostengünstiger Wohnraum geschaffen werden kann. Der CO₂-Fußabdruck wurde erheblich reduziert und die Investitionskosten gesenkt. „Die klare Gebäude- und Fassadenstruktur ist durch den Einsatz von unterschiedlichen gebrauchten Materialien und Bauteilen geprägt, die erst im Laufe des Bauprozesses gefunden wurden“, so das Nominierungsprotokoll.

Nachverdichten

Mit dem Projekt „Unser Gartenhaus – Haus ohne Zement“ in München haben Florian Nagler Architekten die Wohn- und Bürofläche des bestehenden Vorderhauses im Sinne der Nachverdichtung erweitert. „Auf drei Geschossen wurde eine ressourcenschonende, energieeffiziente Bauweise mit ästhetischer Gestaltung und praktischer Funktionalität kombiniert“, so die Beschreibung des Projektes. Der Architekt setzt damit seinen Forschungsansatz des einfachen Bauens fort. Neben der nachhaltigen Holzbauweise in handwerklich hochwertiger Qualität, einer flächeneffizienten Raumaufteilung und einer minimalen Gründung wurde dabei konsequent auf Zement verzichtet.
Welches der vier Projekte beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis Architektur als Gewinner hervorgeht, wird wie erwähnt am 27. November 2025 entscheiden.