Ein Spediteur elektrisiert die Branche

Auf dem Betriebsgelände von Schlager Transporte in Saxen (OÖ), läuft etwas anders – oder besser gesagt leiser. Zwischen Photovoltaikanalgen, Trafostation und Batteriespeichern betreibt das Unternehmen ein beispielhaftes Mikronetz für die Energiezukunft im Güterverkehr.

Der Ansatz verdient Beachtung. „Wir wollten nicht nur unsere LKW auf Strom umstellen, sondern das System dahinter begreifen“, sagt Hubert Schlager. Im März 2024 begann die Mühlviertler Firma mit der Anschaffung der ersten Elektro-LKW. Mit derzeit fünf fossilfreien Zugmaschinen – drei Volvo FH Electric, ein Mercedes eActros 400 und ein Scania 40 R – hat man in den letzten 18 Monaten bereits über 905.000 vollelektrische Kilometer zurückgelegt. Die Bilanz kann sich durchaus sehen lassen: Rund 217.000 Liter Diesel wurden durch Ökostrom ersetzt und mehr als 440 Tonnen CO₂ eingespart.

Trafo, Speicher und Strommanagement

Das Herzstück der Anlage ist eine eigene Trafostation mit 400 kW Anschlussleistung, die das Netz stabilisiert und die Ladeinfrastruktur steuert. Über zehn DC-Ladepunkte mit bis zu 150 kW Schnellladeleistung werden die Fahrzeuge versorgt, koordiniert über das Lastmanagementsystem des österreichischen Partners kW-Solutions. „Das entlastet das Netz erheblich und zeigt, wie durch Speicher und Software künftige Ladeinfrastrukturen netzfreundlich gestaltet werden können“, erklärt Schlager.

Damit der Strom dort fließt, wo er gebraucht wird, wird die Anlage durch die Energieplattformen Neoom Connect und Charly gesteuert. Das System begrenzt Lastspitzen auf 300 kW und ermöglicht dennoch eine Gesamtleistung von 1,1 MW – ohne das öffentliche Netz zu überlasten.

Photovoltaik mit Schwerlastcharakter

Auf den Dachflächen der Betriebshallen erzeugt eine Photovoltaikanlage mit 765 kWp Leistung die Energie für Flotte und Betrieb. Anfangs war sie kleiner geplant, doch die Erfahrung hat schnell gezeigt, dass Tagesertrag und nächtliche Ladezyklen über Speicher verbunden werden müssen. „Ich kann nicht auf meinem Betriebshof nach Öl bohren. Aber ich kann Strom erzeugen – und das sogar besser, als ich anfangs dachte“, kommentiert Schlager seine Mission.

Die Anlage wird über ein intelligentes Energiemanagementsystem geregelt. Überschüsse fließen in die Batteriespeicher – aktuell mit 1,6 MWh Kapazität – und stehen bei Nacht oder Schlechtwetter für das Depotladen bereit. So deckt das Unternehmen mittlerweile rund 61 Prozent seines Strombedarfs selbst (2024 waren es noch rund 45 Prozent). Schlager sieht darin kein ökologisches Experiment, sondern ein betriebswirtschaftlich nachvollziehbares Konzept: „Depotladen mit PV ist der Schlüssel zur Wirtschaftlichkeit. Öffentliche Ladesäulen braucht man, aber verdienen kann man nur am eigenen Hof.“

Wirtschaftlichkeit und Weitblick

Rund 1,5 Millionen Euro investierte der Logistiker in Ladeinfrastruktur, PV-Anlage, Energiespeicher und Steuerungssysteme. Über den enormen behördlichen Genehmigungsaufwand sagt Schlager: „Manchmal fühlt sich das so an, als würde man ein Atomkraftwerk bauen“. Bei der Anschaffung der Elektro-Flotte war die Förderung durch das ENIN-Programm entscheidend, auch wenn sich die Zugmaschinen rasch amortisieren. Reduzierte Maut, geringere Wartungskosten und vor allem planbare Strompreise sind hier die größten Vorteile. „Mit 36 Cent brutto bin ich gegenüber dem Diesel kostenneutral“, erklärt er. Dank Eigenstrom liegt der reale Wert aktuell bei etwa zehn Cent pro Kilowattstunde.

Der Betrieb in Saxen gilt inzwischen als Best-Practice-Beispiel für Forschung und Industrie. Selbst Entwicklungsingenieure von MAN, Daimler Truck, Volvo und Scania analysieren die dort gesammelten, realen Daten.