Große Kluft bei Fernwärmepreisen
Die Transparenz-Plattform waermepreise.at zeigt, wie stark Preise bei der Fernwärmeversorgung variieren können. Linz ist günstig, St. Pölten teuer und in Wien ist die Bandbreite der Tarife enorm.
Die Leistbarkeit von Energie ist ein zentrales gesellschaftliches Thema. Gerade bei der Fernwärme, die viele österreichische Haushalte versorgt, war lange Zeit nur wenig Transparenz über die Tarife vorhanden. Mit der Energiepreiskrise hat sich der Bedarf nach Nachvollziehbarkeit deutlich verstärkt. Seit 2023 schafft die Plattform www.waermepreise.at einen Überblick. Die Österreichische Energieagentur ergänzt die Debatte um Fernwärmepreise mit einer Einordnung für die größeren Städte Österreichs.
Hohe Unterschiede bei Arbeitspreise in Städten
Der Arbeitspreis ist der verbrauchsabhängige Teil des Tarifs. Es ist zu erwarten, dass er unter anderem Brennstoffkosten, CO₂-Kosten und weitere variable Kostenbestandteile umfasst. Die untenstehende Abbildung zeigt große Unterschiede von bis zu mehr als 200 Prozent zwischen den angebotenen Tarifen. In Linz beträgt der Arbeitspreis 63 bzw. 68 Euro pro MWh, in Wien 42 bis 107 Euro pro MWh. In Graz beträgt der Arbeitspreis 75 bis 127 Euro pro MWh und St. Pölten liegt mit 125 bis 144 Euro pro MWh an der Spitze.
Die Gründe für die hohen Differenzen erklärt die Energieagentur mit zwei wesentlichen Komponenten. Es kommen unterschiedliche Energieträger mit abweichenden Beschaffungskosten zum Einsatz und die Preisgestaltung ist unterschiedlich: Einzelne Kostenbestandteile können entweder im Arbeitspreis oder im Grundpreis abgebildet werden.
Tarifvergleich für 7.000 kWh
Weil der Arbeitspreis nur einen Teil der Gesamtkosten darstellt, wird auf www.waermepreise.at zusätzlich die Kennzahl „Tarifvergleich“ ausgewiesen. Dieser Wert wird nicht von den meldenden Unternehmen, sondern von waermepreise.at basierend auf den einzelnen Meldungen berechnet.
Der Tarifvergleich wird für folgenden fiktiven Verbraucher gerechnet: 7.000 kWh Wärmeverbrauch pro Jahr, 75 m² Nutzfläche, 8 kW Anschlusswert. Berücksichtigt werden Arbeitspreis, Grund- oder Leistungspreis, Messpreis sowie 20 % Umsatzsteuer.
Linz günstig, St.Pölten teuer
Am günstigsten heizen Kund:innen demnach in Linz mit 982 bis 1.146 Euro pro Jahr. In Graz fällt die Rechnung zwischen 832 und 1.318 Euro aus. Wien zeigt mit 945 bis 1.628 Euro eine enorm große Bandbreite und St. Pölten liegt mit Tarifen zwischen 1.723 und 1828 Euro an der Spitze – abgesehen von Dornbirn, wo die Tarife zwischen 1.176 und 2.004 Euro liegen.
Wie der Tarifvergleich zeigt, gibt es deutliche Unterschiede. Besonders stark wirkt hier die Höhe des Grund- oder Leistungspreises, in dem typischerweise fixe Kosten wie Netzbetrieb, Instandhaltung oder neue Kundenanschlüsse enthalten sind – und der unabhängig vom Verbrauch ist. Die Unterschiede im Grundpreis können unter anderem entstehen durch:
- die Anzahl der an das Netz angeschlossenen Verbraucher:innen,
- die Größe und Dichte des Netzes,
- den Aufwand bei der Erweiterung des Netzes, v.a. hinsichtlich der Verlegung der Warmwasserleitungen in den Boden,
- Erneuerungsaufwand von Netzkomponenten (bspw. ältere Leitungen) oder Erneuerungen und Umbauten von Wärmekraftwerken,
- unterschiedliche Aufteilung von Kostenbestandteilen auf einzelne Tarifkomponenten.
Die großen Unterschiede im Arbeitspreis und im Tarifvergleich spiegeln sowohl unterschiedliche Bedingungen bei Erzeugung, Bau und Betrieb der Netze (inklusive Finanzierung) wider als auch die fehlende Einheitlichkeit in der Preisgestaltung. Unklar bleibt oft, welche Kosten in welchen Preisbestandteilen enthalten sind – etwa ob Ausgaben für Netzverdichtung im Grundpreis oder in den Anschlusskosten abgebildet werden.
Abwärme und KWK wirken preisdämpfend
Für 60 der 63 analysierten Tarife liegen Angaben zu den eingesetzten Primärenergieträgern vor. In 54 Fällen dominiert ein Energieträger mit mehr als 50 % Anteil. Aus der Auswertung dieser 54 Tarife ergeben sich folgende Schlüsse:
- Der Einsatz von Abwärme sowie Wärme aus Kraft-Wärme-Kopplung wirkt dämpfend auf den Arbeitspreis. Effiziente Nutzung von Energie kann also auch für Endkund:innen zu niedrigeren Preisen führen.
- Die höchsten Arbeitspreise erneuerbarer und fossiler Tarife liegen auf ähnlichem Niveau. Insgesamt sind die Arbeitspreise erneuerbarer Tarife jedoch meist niedriger als jene von Tarifen mit überwiegend fossilen Energieträgern.
Was diese Analyse zeigt – und was nicht
Die Daten zeigen eine große Spannbreite an Tarifen – sowohl zwischen Städten als auch innerhalb einzelner Städte. Für Endkund:innen macht das den Vergleich schwierig, da Kostenbestandteile oft unterschiedlich zugeordnet werden und verschiedene Fernwärmenetze sehr unterschiedliche Strukturen haben. Auch innerhalb einer Stadt können dadurch deutliche Preisunterschiede entstehen. „Für mehr Transparenz braucht es zusätzliche Schritte“, sagt Christian Furtwängler, Leiter des Centers Volkswirtschaft, Konsument:innen und Preise der Österreichischen Energieagentur. „Wichtige Punkte sind bessere Informationen über die Verteilung der Kund:innen auf einzelne Tarife und eine klarere Abgrenzung, welche Tarifkomponenten welche Kosten umfassen.
Hinweise zur Datenbasis
Die Analyse beruht auf den bis zum 15. September 2025 auf www.waermepreise.at veröffentlichten Angaben. Diese Daten werden von Wärmeabgebern oder deren Vertretungen gemeldet. Grundlage dafür ist § 89 des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes: Unternehmen, die an mehr als 20 Endkund:innen Wärme und/oder Kälte abgeben, müssen ihre Preise regelmäßig melden. Erfasst werden Fern- und Nahwärme ebenso wie -kälte sowie Tarife von Heiz- und Kältezentralen.
Für diese Auswertung wurden nur Fernwärmetarife in den Landeshauptstädten und weiteren Städten mit über 30.000 Einwohner:innen berücksichtigt. Tarife von Heizzentralen sind nicht enthalten. Wesentlich ist: Die Daten enthalten keine Angaben dazu, wie viele Kund:innen oder Energiemengen auf einen Tarif entfallen. Durchschnittswerte oder Mediane wären daher irreführend und werden nicht ausgewiesen. In den Abbildungen wird jeweils die Anzahl der Anbieter pro Stadt angegeben.


