„CoolBrick“ – Nachtlüften im Praxistext

Ein Forschungsprojekt hat unter Realbedingungen untersucht, wie sich verschiedene Lüftungsszenarien in der Nacht auf das Raumklima auswirken. Die Ergebnisse sollen fundierte Antworten für die Baupraxis liefern.

Rund 90 Prozent unseres Lebens verbringen wir in Innenräumen – ein Anteil, der in Zeiten zunehmender Hitzewellen besondere Aufmerksamkeit erfordert. Während Dämmung und luftdichte Gebäudehüllen im Winter helfen, Energie zu sparen, werden sie im Sommer häufig zum Problem: Wärme staut sich, Räume überhitzen, die Aufenthaltsqualität leidet. Klimageräte versprechen schnelle Abhilfe, erhöhen aber den Energieverbrauch und damit auch die CO₂-Bilanz. Eine einfache und energiesparende Lösung liegt dagegen buchstäblich auf der Hand: die gezielte Nachtlüftung.

Mehr als 200 Sensoren untersuchen Kühlpotenzial

Dass sich mit abgestimmten Fensteröffnungen Räume über Nacht effektiv abkühlen lassen, zeigt das Forschungsprojekt CoolBrick. An zwei baugleichen Testhäusern am Gelände der BAUAkademie Salzburg untersuchten Fachleute, wie groß das Kühlpotenzial tatsächlich ist. Mehr als 200 Sensoren zeichneten Daten zu Temperaturverläufen und Luftwechselraten unter realen Bedingungen auf. Begleitend dazu wurden Gebäudesimulationen durchgeführt. Das Projekt wurde vom Forschungsverein Steine-Keramik, dem Verband Österreichischer Ziegelwerke (VÖZ), der Fachhochschule Salzburg, der Universität für Weiterbildung Krems, der ZAB Zukunftsagentur Bau und Velux Österreich mit der Unterstützung des Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) umgesetzt. Untersuchungszeitraum waren Sommer und Herbst 2024.

Die Ergebnisse sprechen für sich

Klassisches Lüften mit gekipptem Fenster reicht oftmals nur für einen hygienischen Luftaustausch. Sobald jedoch Fenster auf gegenüberliegenden Seiten geöffnet werden, entsteht ein deutlicher Temperaturabfall. In den Messungen zeigte sich, dass Querlüftung selbst bei geringen Windgeschwindigkeiten zu mehrfach höheren Luftwechselraten führt als ein einzelnes gekipptes Fenster. Während letzteres die Raumluft etwa zweimal pro Stunde austauschen konnte, stieg dieser Wert bei Querlüftung auf bis zu vier Luftwechsel pro Stunde – und bei vollständiger Öffnung noch deutlich höher. Die Folge: eine nächtliche Temperaturabsenkung von bis zu 5,5 Grad Celsius.

Noch wirksamer erwies sich die sogenannte Kaminlüftung, bei der warme Luft über Dachfenster abströmt, während kühlere Luft von unten nachströmt. In den Tests wurden hier Luftwechselraten von bis zu zwölf pro Stunde gemessen – ausreichend, um die massiven Ziegelwände deutlich auszukühlen. Tagsüber können diese wie thermische Speicher wirken und den Wärmeeintrag abpuffern.

Intelligente Steuerung steigert den Effekt

Neben der reinen Lüftungsstrategie spielte auch die Steuerungstechnik eine wichtige Rolle. Automatisierte Systeme, die Fenster im richtigen Zeitfenster öffnen und schließen, steigern den Effekt erheblich. Besonders Modelle, die die vorhandene Wandwärme berücksichtigen und anhand von Algorithmen die optimale Öffnungsdauer berechnen, erwiesen sich als effizient.

Lüftungskonzepte, die Nachtkühlung bewusst vorsehen, bieten eine kostengünstige Möglichkeit, den thermischen Komfort zu. Entscheidend ist nicht allein die Dämmung oder der Hitzeschutz an Fenstern, sondern die intelligente Kombination aus Fensteranordnung, Speichermassen und Steuerungstechnik. Für die Bauwirtschaft ergibt sich daraus ein klarer Auftrag: Kein Entwurf und keine Renovierung sollte ohne durchdachtes Lüftungskonzept erfolgen. Denn Gebäude, die nachts „durchatmen“, sind nicht nur komfortabler, sondern leisten auch einen erheblichen Beitrag zu Klimaschutz und Energieeffizienz.