Rauchwarnmelder in Diskussion
Ende Februar traf sich im Twin Tower eine hochkarätige Runde zur Round Table-Diskussion über die heikle Thematik der Nachrüstung, Instandhaltung und Wartung von Rauchwarnmeldern.
Der Gurt im Auto und Rauchwarnmelder haben etwas gemeinsam. Beide Schutzeinrichtungen retten täglich Leben. So selbstverständlich der Sicherheitsgurt seit Jahrzehnten im Auto ist, so rar sind Rauchwarnmelder in bestehenden Wohngebäuden. Eine gesetzliche Nachrüstpflicht in Bestandsbauten gibt es nur in Kärnten – und das bereits seit 2013. Warum das so ist und welche rechtlichen Auswirkungen damit verbunden sind, diskutierte auf Einladung von Ei Electronics eine Expertenrunde. Zum Round Table gekommen sind: Andreas Vonkilch, Universitätsprofessor und Ordinarius für Zivilrecht an der Uni Innsbruck, Bernhard List, stellvertretender Abteilungsleiter für die Technik und Instandhaltung bei der WBV GPA, Peter Anderwald, Eigentümer der AH Safety Engineering, Robert Punzenberger, Geschäftsführer der Fix Gebäudesicherheit+Service GmbH, Rainer Eisenach, Bereichsleiter für die Wohnungswirtschaft bei Ei Electronics in Deutschland und Gerald Rausch, Vertriebsleiter von Ei Electronics in Österreich.
Zur Einstimmung auf das Thema und zur Orientierung legte Gerald Rausch aktuelle Daten vor. Die Statistik weist demnach 2024 österreichweit rund 85 Tote und etwa 660 Verletzte durch Brandgeschehen aus. Belastbare und eindeutige Daten sind aber rar, da die Aufzeichnungen zu Schadensfällen in den Bundesländern unterschiedlich gehandhabt werden. Fest steht jedoch, dass der überwiegende Teil der Brandopfer eigentlich Rauchopfer sind und durch Ersticken, also durch eine Rauchgasvergiftung sterben, so Rausch. Das liegt nicht zuletzt an den Einrichtungen der Wohnungen und deren Materialien, die im Brandfall häufig eine massive Verrauchung mit sich bringen.
Dass Rauchwarnmelder Leben retten, ist unter Fachleuten unumstritten. Dennoch fehlt eine Pflicht zur Nachrüstung. Brandrauch führt nicht zum Aufwachen, weshalb das Ableben durch Rauchgas auch als „stiller Tod“ bezeichnet wird. „Absolut unverständlich“, ist das für Peter Anderwald, Ingenieur und Sachverständiger, der sich seit 25 Jahren mit dem Thema Sicherheit, Umweltschutz und Brandschutz beschäftigt. Er plädiert dafür, die Sache nüchtern zu betrachten und über den „Stand der Technik“ zu reden. „Der Melder sollte so selbstverständlich sein, wie der Sicherheitsgurt im Auto“, betont Anderwald. Was in Kärnten inzwischen auch wirkt.
Warum gibt es trotzdem keine Pflicht? Anderwald ortet in der Politik häufig Lippenbekenntnisse, die jedoch keine Konsequenzen nach sich ziehen. An den Kosten kann es seiner Ansicht nach nicht liegen, diese belaufen sich bei Qualitätsmeldern auf 20 bis 25 Euro pro Gerät. Pro Wohnung fallen also je nach Größe und Anzahl der Räume 80 bis 140 Euro an, so der Experte. Sein Eindruck: „Die Sicherheit verliert an Bedeutung“.
Nicht so im deutschsprachigen Nachbarland, dort ist die Nachrüstung im Bestand in allen Bundesländern verpflichtend, wie Rainer Eisenach, Bereichsleiter für die Wohnungswirtschaft bei Ei Electronics Deutschland erklärt. Was nicht selbstverständlich war und ist. „Der politische Wille für eine gesetzliche Verpflichtung kommt oft erst nach tragischen, prägenden Unfällen“, wie Anderwald an dieser Stelle einfügt.
Die Herausforderungen
Dass die Installation und Inspektion von Rauchwarnmeldern herausfordernd sind, weiß Bernhard List. Er ist stellvertretender Abteilungsleiter für die Technik und Instandhaltung bei der WBV GPA. Der gemeinnützige Bauträger betreut rund 140 Immobilien in Wien, Niederösterreich und der Steiermark und bietet mehr als 20.000 Menschen ein lebenswertes, leistbares Zuhause. List und sein Team stehen an vorderster Front der Gebäudeinstandhaltung und fungieren somit direkt als Schnittstelle zwischen dem Bauträger und Mietern. „Die Technik lässt sich leicht handhaben, das wirkliche Problem seien viel mehr die Menschen, die sich gegen eine Montage und Wartung des Rauchmelders zur Wehr setzen bzw. schlichtweg über lange Zeit nicht erreichbar sind“, schildert List. In Einzelfällen bedarf es sogar eines richterlichen Beschlusses, dass beauftragte Dienstleister Zutritt zur Wohnung erhalten, um ihrer Wartungspflicht nachzukommen, so der Experte. Das sei auch einer der Hauptgründe, warum sein Unternehmen derzeit nur Neubauobjekte mit Rauchwarnmeldern ausrüstet, wie List ausführt.
Die Komplexität im Umgang mit Mietern kennt auch Robert Punzenberger, Geschäftsführer der Firma Fix Gebäudesicherheit und Service. Sein Unternehmen hat in Kärnten, nach Ablauf der 10 Jahre seit Einführung der Pflicht im Bestand, tausende Rauchwarnmelder getauscht. Natürlich sei es ein Aufwand, Skeptiker von der Sinnhaftigkeit zu überzeugen, so Punzenberger. Er verweist auf die Situation in gewerblichen Objekten, wo das kein Thema sei. „Die Versicherungen lehnen Objekte ab, in denen keine Brandmeldeanlage installiert ist, damit ist der Zugang ein anderer“, weiß er aus Erfahrung.
Dass Mieter mitunter problematisch sind, weiß auch Spitzenjurist Andreas Vonkilch. Einer seiner Forschungsschwerpunkte ist das Wohn- und Immobilienrecht und er hat in dieser Funktion führende Kommentare zum Mietrechts- sowie Wohnungseigentumsgesetz herausgegeben. Vonkilch hat ein Gutachten erstellt, das sich mit der Installation von Rauchwarnmeldern in gemeinnützigen Wohnbauten beschäftigt. Darin ortet er aus drei Gründen eine Verkehrssicherungspflicht für Gemeinnützige. Erstens sei die Wahrscheinlichkeit einer Schädigung durch einen Brand realistisch. Zweitens sei die Höhe eines Schadens als hoch anzunehmen und drittens sei der finanzielle Aufwand, um einen Schaden abzuwehren, relativ niedrig. Dazu kommt, dass die gemeinnützige Wohnungswirtschaft einer Erhaltungspflicht unterliegt, die es ermögliche, die Kosten für die Installation und Wartung von Rauchwarnmeldern über die laufenden Erhaltungsbeiträge zu finanzieren. Daraus abgeleitet ergibt sich für Vonkilch im Schadensfall ohne Brandrauchmelder ein zivilrechtlicher Pflichtverstoß, der auch strafrechtliche Folgen nach sich ziehen kann. Sein nüchternes Resümee: „Es ist nicht gescheit, dass Gemeinnützige ihren Bestand, Bestand sein lassen“.
Dem häufig vorgebrachten Argument, dass alte Gebäude ohne Rauchwarnmelder zur Nutzung bewilligt wurden, entbindet nach Ansicht des Juristen nicht von der Nachrüstung. Es sei gesicherte Rechtsprechung, dass der Verweis auf den öffentlich-rechtlichen Konsens die schadenersatzrechtliche Verantwortlichkeit der Verkehrssicherungspflichten nicht aufhebt, sagt er. Vonkilch findet die Gesetzeslage, wie er zugibt, etwas problematisch, weil einerseits kein Gesetz zur Nachrüstung verpflichtet und zugleich zivilrechtlich dennoch eine Pflicht entstehen kann.
Was passiert im Schadensfall
Daraus ergibt sich die Frage, wann im Einzelfall zivilrechtliche Nachrüstpflichten anzunehmen sind. Hierzu gibt es keine exakten Regelungen, das werde von Gerichten immer nur im Nachhinein beurteilt, wenn ein Schadensfall eingetreten ist, so Vonkilch. Er warnt: „Passiert etwas Schreckliches, neigen Gerichte dazu, zu argumentieren, dass eine entsprechende Vorsorge angebracht gewesen wäre, so der Anwalt. Demgegenüber stünde der verhältnismäßig geringe Aufwand, der anfällt, um schwerwiegende körperliche und materielle Schäden abzuwehren. Nachdem die Kosten für Rauchwarnmelder keineswegs ausufernd sind, lässt sich feststellen, dass ein sehr realistisches Risiko mit dramatischen Schäden durch die Investition von durchschnittlich 200 Euro abgefedert werden könnte. Seine Schlussfolgerung: „Dann halte ich die Wahrscheinlichkeit für sehr groß, dass ein Gericht im Nachhinein urteilt, das hätte freiwillig installiert werden müssen, auch wenn die Bauordnung es nicht vorsieht“. Das Resümee des Juristen fällt eindeutig aus: „Es gibt auch eine öffentlich rechtliche Verpflichtung zur Nachrüstung im Bestand, auch wenn die gesetzliche Vorgabe dafür fehlt“.
Optimierung der Wartung
Qualitativ hochwertige Rauchwarnmelder sind unproblematische Technik. Dennoch müssen die Geräte regelmäßig überprüft werden. Um die Wartungszyklen lang zu halten, sollte ein Gerätetausch im besten Fall alle 10 Jahre stattfinden, so schreibt es auch die TRVB 122 vor, betont Anderwald. Hier könne auch die Digitalisierung helfen, meint der Experte Eisenach. Er setzt auf die direkte Beratung der Wohnungswirtschaft sowie die Prozessoptimierung der Montage und Inspektion von Rauchwarnmeldern. „Wir treiben Digitalisierung und Prozessoptimierung voran und sind die einzigen, die bis ins ERP-System denken und versuchen damit das Thema auch für die Wohnungswirtschaft möglichst einfach und händelbar zu machen“, so Eisenach. Unter Ausnutzung der Möglichkeiten von interoperablen ferninspizierbaren Systemen gestalten sich die oben beschriebenen mieterabhängigen Prozesse einfach und effizient. Auch mieterseitigen Vorbehalten kann hier wirksam entgegengewirkt werden.
Reicht nicht die Freiwilligkeit?
Da Rauchwarnmelder sinnvoll sind und schwere Schäden verhindern können, stellt sich natürlich auch die Frage, ob es tatsächlich gesetzliche Vorgaben braucht. Reicht es nicht mit Aufklärung auf die Sinnhaftigkeit von Rauchwarnmeldern hinzuweisen? „Die Freiwilligkeit kommt leider oft zu spät. Das Verlangen nach Sicherheit ist meist zu niedrig, um sich freiwillig einen Rauchmelder zu organisieren. Jungfamilien sind noch am ehesten dazu gewillt“, weiß dazu Punzenberger aus der Praxis. Er spricht sich klar für eine gesetzliche Regelung aus. Dennoch müsse auch mehr Bewusstsein für Rauchwarnmelder gebildet werden. Und zu den Kosten für die Installation und Wartung von Meldern, verweist er auf die Gesetze des Marktes: „Wenn mehr Geräte in den Markt kommen, sinken die Preis und die Dienstleisterdichte steigt“, ist er überzeugt.
Der Jurist Vonkilch findet, dass eine Regelung zum „Stand der Technik“ nötig wäre. „Die Bauordnung schreibt derzeit nicht vor, dass zu einem späteren Zeitpunkt nachgerüstet werden muss. Deshalb fühlen sich Menschen sicher, weil sie sich der Gefahr nicht bewusst sind“, so sein Resümee.
Berhard List, als Vertreter der Wohnungswirtschaft, würde eine Plicht einerseits bedeuten, dass Konsumenten, also Mieter, besser geschützt würden. Zugleich würde der Aufwand für die Wohnungsunternehmen und Hausverwaltungen steigen. Eine Auslagerung von Wartung von Brandmeldern sei aufgrund von Verträgen nicht komplett möglich, sagt er. Seine Privatmeinung ist aber dennoch eindeutig: „Sinnvoll wäre eine Pflicht meiner Einschätzung nach schon“, sagt er.
Gerald Rausch spricht sich nach den Erfahrungen in Kärnten auf jeden Fall für ein bundesweites Gesetz aus. Der Mehraufwand sei vernachlässigbar, wenn man sich die Folgen eines Brandes vergegenwärtig. „Den Menschen muss klar gemacht werden, was alles verhindert werden kann“, betont er und fügt hinzu: „Es kann einfach nicht sein, dass es zu einer Ungleichbehandlung zwischen Menschen, die in Neubauten leben und jenen im Bestandsbau, kommt. Hier auf Freiwilligkeit zu setzen, bedeutet für einen großen Teil der Bevölkerung erhöhtes Risiko.
Rauchwarnmelder – die rechtliche Situation
Rauchwarnmelder retten Leben. Dennoch gibt es auch im gemeinnützigen Wohnbau Unsicherheit, was den nachträglichen Einbau, die Instandhaltung und den Tausch von Rauchwarnmeldern betrifft. In Österreich besteht laut OIB-Richtlinie 2 eine öffentlich-rechtliche Vorschrift zur Installation von Rauchwarnmeldern bei Neu- und Umbauten. In Kärnten ist darüber hinaus auch die Nachrüstung von Bestandsbauten Pflicht. Die Instandhaltung der bestehenden Rauchwarnmelder wird in den Technischen Richtlinien Vorbeugender Brandschutz (TRVB) geregelt, diese sind jedoch kein Gesetz und lassen Fragen nach Verantwortlichkeiten offen.
Auf Basis der Rechtsprechung für das Bestehen einer Verkehrssicherungspflicht sprechen gewichtige Gründe für einen nachträglichen Einbau von Rauchwarnmeldern in Bestandsbauten. Die Gründe dafür sind u. a. die leichte Vorhersehbarkeit einer Brandgefahr, die Verpflichtung zum Einbau von Rauchwarnmeldern in Neubauten, welche einen entsprechend angehobenen Stand der Technik indiziert und die geringen Kosten, die mit dem nachträglichen Einbau von Rauchwarnmeldern verbunden sind.
Wartungspflichten durch den Vermieter
Die Wartung von Rauchwarnmeldern in Bestandsobjekten obliegt nach § 8 Abs. 1 MRG dem Mieter, weil der Rauchwarnmelder als für den Mietgegenstand bestimmte Einrichtung zu qualifizieren ist. Möglich ist aber die vertragliche Übernahme der gesetzlich dem Mieter obliegenden Wartung durch den Vermieter, da dies zu seinem Vorteil geschieht. Wenn der Vermieter die Inspektion übernimmt, entfällt für den Mieter das Haftungsrisiko. Die entstehenden Kosten für die Wartung kann der Vermieter an den Mieter weiterberechnen.
Der Austausch defekter Melder in Bestandsobjekten obliegt nach § 14b Abs. 2 Z 2b WGG immer dem Vermieter. Es handelt sich dabei nicht um eine Bagatellreparatur im Sinne des § 14b Abs. 2 Z 2b WGG, weil der Austausch eines Rauchwarnmelders vom Mieter nicht selbst ohne Beiziehung eines Professionisten vorgenommen werden kann.
Bei Mietverträgen nach dem Wohnungsgemeinnützigkeits-Gesetz müssen Vermieter vor dem Hintergrund der deliktischen Verkehrssicherungspflicht eine mögliche Schädigung der Bewohner abwehren. Im Verstoßfall kann der Vermieter schadenersatzpflichtig gegenüber dem Mieter werden, wenn diesem wegen des Fehlens eines Rauchwarnmelders ein Schaden entsteht. Aufgrund dieser Faktenlage empfiehlt der Hersteller Ei Electronics die Nachrüstung aller Wohngebäude im Bestand mit Rauchwarnmeldern.
Die Expertenrunde
Andreas Vonkilch
Andreas Vonkilch ist Jurist, Universitätsprofessor und Ordinarius für Zivilrecht in Innsbruck. Einer seiner Forschungsschwerpunkte ist das Wohn- und Immobilienrecht und er hat in dieser Funktion führende Kommentare zum Mietrechtsgesetz zum Wohnungseigentumsgesetz herausgegeben. Als Experte hat ein Gutachten zum Thema Rauchwarnmelder in der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft erstellt.
Bernhard List
Bernhard List ist stellvertretender Abteilungsleiter für die Technik und Instandhaltung bei der WBV GPA. Der gemeinnützige Bauträger betreut rund 140 Immobilien in Wien, Niederösterreich und der Steiermark. List und sein Team stehen an vorderster Front der Gebäudeinstandhaltung und fungiert somit direkt als Schnittstelle zwischen unserem Bauträger und dem Mieter.
Peter Anderwald
Peter Anderwald ist Eigentümer der AH Safety Engineering, einem Sachverständigen- und Ingenieurbüro, das sich seit 25 Jahren mit dem Thema Sicherheit, Umweltschutz und Brandschutz beschäftigt. Anderwald ist Gerichtssachverständiger in 13 Fachgebieten und arbeitet mit seinem 14-köpfigen Team mittlerweile in ganz Österreich:
Robert Punzenberger
Robert Punzenberger ist Geschäftsführer der Fix Gebäudesicherheit + Service GmbH und der Peneder Bau-Elemente GmbH für das Geschäftsfeld Industriebau. Das Unternehmen Fix installiert und wartet u. a. auch Rauchwarnmelder in Wohnanlagen und Bürogebäuden.
Rainer Eisenach
Rainer Eisenach ist Bereichsleiter für die Wohnungswirtschaft bei Ei Electronics in Deutschland und beschäftigt sich seit 17 Jahren mit Rauchermeldern im wohnungswirtschaftlichen Kontext. Er treibt die Digitalisierung und Prozessoptimierung voran, um das Thema Rauchwarnmelder, deren Montage und Wartung für die Wohnungswirtschaft möglichst einfach zu machen.
Gerald Rausch
Gerald Rausch ist Vertriebsleiter von Ei Electronics in Österreich und Initiator des Round Table. Ei Electronics ist Europas Marktführer für Rauchwarnmelder in Wohngebäuden. Die Geräte werden in Irland produziert. Rausch selbst beschäftigt sich intensiv mit der Aufklärung rund um das Thema Rauchwarnmelder und pflegt Kooperationen mit verschiedenen Institutionen aus den Bereichen Brandschutz und Sicherheit.


