Bauen vom Feinsten

Die geplante Verbauung des ehemaligen Geländes des Wiener Nordwestbahnhofs zeigt, was geht. Gebaut wird auch mit Holz, Hanf, Stroh, Lehm und CO2-reduziertem Beton. Building Times bringt die TGA- und Energiekonzepte für drei Projekte.

Aus einem Bauträger-Wettbewerb für die Bebauung des Geländes des ehemaligen Nordwestbahnhofs im 20. Wiener Gemeindebezirk sind drei Siegerteams hervorgegangen. Mit den Bauarbeiten wurde teilweise bereits begonnen, begleitet vom wohnfonds-wien.

„Wiener Luft“ ist ein Projekt der EGW-Schönere Zukunft, geplant von einszueins architektur/feld 72 mit EGKK Landschaftsarchitektur und der Collective Wisdom-Caritas Österreich Stadtteilarbeit. Gebäudetechnik-Planer Peter Holzer, Geschäftsführer der Larix Engineering, erläutert für Building Times das Konzept; „Konstruktiv ist das Gebäude eine konsequent ökologische Holz-Skelettbauweise, ergänzt durch Hanf, Stroh und Lehm. Die Treibhausgasemissionen der Errichtung sind dank der naturnahen Baustoffe sehr niedrig und werden durch die Kohlenstoffspeicherung in den Bauteilen mehr als kompensiert“. Im Betrieb werde „Wiener Luft“ sehr effizient am übergeordneten Energiesystem teilnehmen und dieses mit seiner Gebäudetechnik unterstützen: „Mit Niedertemperatur-Wärmepumpen, mit Fußbodenheizung und -temperierung, angebunden an die Erdsonden bzw. an das übergeordnete Anergienetz. Mit großer PV-Anlage, mit netzdienlicher Batteriepufferung und mit wirtschaftlichen Anreizen für seine Bewohner:innen zum Ökostrombezug“.

Besonderes Element von Wiener Luft seien mehrere Klimabrunnen, ausgeführt als schlanke Innenhöfe mit der Möglichkeit des temporären winterlichen Abschlusses, aber mit großzügiger Durchlüftung im Sommer. Dadurch werde allen Wohnungen die Querdurchlüftung angeboten, im Sommer sogar an Zonen mit Temperauren deutlich unter der Außentemperatur, erläutert Holzer. Das Klima-Engineering stammt vom IBR&I Institute of Building Research und wurde von der Larix Engineering GmbH begleitet.

„Luv+Lee“ mit Anergie
Das Gebäude des Bauträgers Arwag, geplant vom Architekturbüro querkraft, zusammen mit Larix und Green4Cities und begleitet von der Stadtteilarbeit der Caritas Österreich, „ist zeitgemäß sparsam im Energiebedarf, der vollständig erneuerbar gedeckt wird. Das Gebäude nimmt Teil am übergeordneten Wärmeversorgungskonzept der Wien Energie mit Anergie aus Umweltenergiequellen und -senken“, erklärt so Holzer gegenüber der Building Times. Die Gebäudeteile seien klimafit, mit maßvoller Befensterung, außenliegendem Sonnenschutz, umlaufend auskragend-beschattender Balkone, durchgesteckten Wohnungen und Bauteilaktivierung. „Es werden außerdem durchgängig klimafitte Raumhöhen von 2,80 m ausgeführt, welche die Umnutzbarkeit ermöglichen oder, falls notwendig, mit zusätzlichen, abgehängten Kühlplatten ausstattbar sind“, so Holzer.

Auch der Außenraum werde klimawirksam gestaltet, mit vielfältiger Vegetation, bodengebundener Fassadenbegrünung und gezielt angeordneten Kaltluftsenken, den „Kühlen Kuhlen“. Luft aus einer der „Kühlen Kuhlen“ wird zur Luftdurchströmung der Erschließungszonen im Osttrakt genutzt – und ermögliche über Oberlichten der Wohnungseingangstüren Querdurchlüftung der nicht-durchgesteckten Wohnungen in diesem Gebäudeteil. Heizung und sommerliche Temperierung erfolgten mit oberflächennaher Bauteilaktivierung. „Die Warmwasserbereitung wird hoch innovativ und wirtschaftlich mit dezentralen Elektro-Durchlauferhitzern bewerkstelligt. Sie brauchen gegenüber zentralen Systemen mit Wärmepumpen weniger Strom, sind thermisch verlustfrei, tragen damit nicht zur sommerlichen Überwärmung bei und vermeiden die Probleme mit Legionellen und unbeabsichtigter Erwärmung des Kaltwassers. Zur Netzschonung werden Spitzenlast-Batterien und intelligente Regelung eingesetzt“, erläutert TGA-Planer Holzer weiter. Auch komme eine gesonderte Grauwasserableitung aus den Bädern zur Ausführung und das Grauwasser werde mit Biomembranfiltern gereinigt und für die Gartenbewässerung eingesetzt. Und: „Die Treibhausgasemissionen aus der Errichtung und Erhaltung des Gebäudes werden mit materialsparenden und dauerhaften Konstruktionen wirksam reduziert. Es kommt außerdem CO2-reduzierter Beton (RCC – Reduced Carbon Concrete) zum Einsatz, bei dem bei gleicher Festigkeit und Haltbarkeit 25 Prozent der Treibhausgasemissionen aus der Betonherstellung eingespart werden“, sagt Holzer.

Familienwohnbau mit Stromspeicher
Für den Familienwohnbau auf dem Bauplatz 4, der von den Architekten Dietrich Untertrifaller mit Yewo Landscapes und art:phalanx geplant wurde, stammt das Energiekonzept vom teamgmi, dessen Geschäftsführer Michael Berger es für die Building Times vorstellt. „Zur Bereitstellung von Wärme (Heizung und Warmwasser) sowie Kühlung (Temperierung und aktive Kälte) wird die erneuerbare Quartierslösung in Form eines Anergie- Netzes in Anspruch genommen. Diese bauplatzübergreifende Versorgung wird lokal durch Wärmepumpen in Verbindung mit einer 49kWp- Photovoltaikanlage auf den Dachflächen sowie 47kWp an den Fassaden Süd und Ost ergänzt. Um den Eigennutzungsgrad zu optimieren wird der Solarstrom lokal gespeichert. Dafür sind im Sinne einer kreislauffähigen Materialwahl Natrium-Ionen Akkus auf Salzwasser-Basis für 200kWh Speicherkapazität vorgesehen“, so Berger.

Raumseitig werde die Wärme über Fußbodenheizung eingebracht bzw. abgeführt. Im Sinne verbesserter Kreislauffähigkeit wird auch hier CO2-reduzierter Zement verwendet. Die Waschmaschinen der gemeinschaftlichen Waschküche würden mit Warmwasser und Kaltwasser angeschlossen, in den Wohnungen bestehe ebenso die Möglichkeit, eine Waschmaschine mit Warmwasseranschluss anzuschließen. Für die Energieeinsparung beim Duschen würden die Duschrinnen mit einer Wärmerückgewinnung aus dem Abwasser versehen. „Zur Schonung der Trinkwasserressourcen werden die Entwässerungsgegenstände der Geschoße Untergeschoß, Erdgeschoß und 1. Obergeschoß mit einer getrennten Sammlung des Grauwassers ausgestattet und im Untergeschoß aufbereitet. Das so gewonnene Nutzwasser wird zur Verwendung für die WC- Spülung in diesen unteren drei Geschoßen verwendet. Zu Bewässerungszwecken wird ein Grundwasserbrunnen errichtet“, ergänzt Planer Michael Berger.