Ein Allrounder

Matthias Lemp macht viel und er macht es gern. Was 2003 mit dem Sieg in der Berufsweltmeisterschaft begann, ist innerhalb von zwei Jahrzehnten zu einem Vorzeigebeispiel für erfolgreiches Handwerken und mehr geworden.

Er ist Installateur mit gut hundert Mitarbeiter:innen, er ist Obmann einer Energiegemeinschaft, er ist verheiratet und Vater von drei Kindern, er ist Miteigentümer des Lüftungsunternehmens KL Lufttechnik, ihm gehört das Ferien-Wohnprojekt Korngut und er hält 50 Prozent am Start-up DataB, das sich der Digitalisierung des Bauwesens verschrieben hat. Nebenbei bewirtschaftet Lemp den elterlichen Bauernhof und wenn dann noch Zeit bleibt, geht er Mountainbiken oder Laufen. Es ist nicht einfach, Matthias Lemp in kurzen Worten zu beschreiben. Er ist ein weltoffener Tausendsassa und erfolgreich, er ist offen für Neues und schaut gern über den Tellerrand. Und auch manchmal zurück. 2003 wurde Lemp in der Schweiz zum Berufsweltmeister der Sanitär-Installateur:innen gekürt. Damals bereitete ihm der Heimatort Marbach einen großen Empfang. 2023, also 20 Jahre später, bedankte Lemp sich bei den Marbachern und lud sie zum großen Sommerfest. Zum Feiern hat der Unternehmer Gründe genug, allein mit dem Installationsunternehmen Lemp Energietechnik erwirtschaftet das Team einen Umsatz von rund 30 Millionen Euro. Einen Großteil davon in der Region, ganz ohne Wien wäre diese Größenordung aber nicht möglich, wie Lemp sagt.

Im Moment liegt dem quirligen und bodenständigen Mann das eben fertiggestellte Hotelprojekt Korngut in Niedergrünbach nahe dem Ottensteiner Stausee besonders am Herzen. Der um 1700 errichtete Getreidespeicher wurde mit einem Investitionsvolumen von rund 6,5 Millionen Euro sorgsam auf Vordermann gebracht. Das stolze Anwesen verfügt auf drei Stockwerken über 40 Zimmer, die tageweise oder länger angemietet werden können. Das Zielpublikum sind Individualreisende und Seminargäste. Der gesamte Bau wird mit einer Wärmepumpe beheizt und sanft gekühlt. Die PV-Anlage auf einem Nebentrakt liefert einen Teil der verbrauchten Energie. Wird mehr benötigt kauft Lemp den Strom von der Energiegemeinschaft, deren Obmann er ist. Building Times hat Lemp in seinem Installationsunternehmen und im wenige Minuten davon entfernten Hotel zum Interview getroffen.

Interview: Matthias Lemp

Building Times: Herr Lemp, Sie wurden 2003 Berufsweltmeister in der Sparte Sanitär-Installateur. Was haben Sie sich damals zu Ihrem weiteren Berufsweg gedacht?

Matthias Lemp: Eigentlich gar nichts. Ich habe lediglich registriert, dass ich viel Zeit habe, weil ich vorher viel für den Wettbewerb trainiert habe. Dann habe ich die Matura nachgeholt und begonnen, die Meisterprüfung vorzubereiten. Danach habe ich begonnen am Wochenende Energie- und Umweltmanagement zu studieren, pararell dazu habe ich die Firma gegründet. Die ersten Aufträge habe ich mit den Autoanhänger erledigt.

Building TIMES: Davor waren Sie selbst Lehrling?

Matthias Lemp: Ja, ich habe traditionell gelernt, bei der Firma Lux und habe danach eben die Meisterprüfung abgelegt. Darauffolgend habe ich sechs Jahre im Meisterkurs junge Kolleg:innen unterrichtet. Nachdem die Firma gewachsen ist, habe ich diese Tätigkeit zurückgelegt.

Building TIMES: Sie führen inzwischen einen mittelgroßen Installateurbetrieb und sind Miteigentümer mehrerer Unternehmen. Wie geht sich das alles aus?

Matthias Lemp: Ich versuche immer motivierte, gut ausgebildete und loyale Mitarbeiter:innen zu finden und zu binden. Ich möchte meinen Betrieb so führen wie einen Bauernhof. Das heißt, gemeinsam, kollegial, mit gegenseitiger Wertschätzung und Vertrauen. Im Installationsunternehmen bin ich am meisten involviert, in der Technik, im Verkauf und in der Planung. In den anderen Unternehmen agieren die Geschäftsführer weitgehend eigenständig. Lediglich die Buchhaltung ist zentral bei uns in Marbach angesiedelt.

Building TIMES: Und das funktioniert?

Matthias Lemp: Ja, das funktioniert. Das ist natürlich keine Einbahn, wenn jemand Hilfe oder Unterstützung braucht, schaut man, dass er sie erhält.

Building TIMES: Wie entwickelt sich das Geschäft mit Heizungen und Bädern gegenwärtig?

Matthias Lemp: Was wir deutlich spüren, ist die Umstellung von alten Heizungen und Heizzentralen auf Wärmepumpen. Unser Riesenvorteil dabei ist, dass wir schon vor 20 Jahren mit Wärmepumpen begonnen haben. Dadurch haben wir in der jetzigen Boomphase einen Vorteil, weil wir die Technologie kennen.

Building TIMES: Bauen Sie mehr Luftwärmepumpen oder Erdwärmepumpen?

Matthias Lemp: Es überwiegen die Luftwärmepumpen, aber wir bauen auch sehr viele Anlagen mit Tiefenbohrung und Erdkollektoren. Gerade im mehrgeschoßigen Wohnbau, wo auch die Kühlung ein Thema ist, machen wir viel mit Tiefenbohrung, weil damit eine Passivkühlung möglich ist und Energie für den Winter im Erdreich eingelagert wird. Unser Ziel ist immer ein Energiekreislauf.

Building TIMES: Planen Sie selbst die Anlagen?

Matthias Lemp: Wir haben ein Team, aber ich mache auch selbst viele Hydraulikkonzepte. Wir haben einige Planer und Ingenieure im Haus. Wir haben eine eigene Regeltechnik-Abteilung und eine PV-Abteilung. Mein Ziel ist es aber immer, dass die Mitarbeiter:innen im Büro auch mit der Baustelle vertraut sind.
Building TIMES: Wie steht es um die Bäder?

Matthias Lemp: Wir machen Bäder nur, wenn wir gesamte Häuser installieren. Das Einzelbad ist nicht unser Fokus.

Building TIMES: Und in der Photovoltaik gibt es vermutlich einen Einbruch?

Matthias Lemp: Wir haben im Frühjahr gemerkt, dass es ruhiger wird. Das hat sich inzwischen verflüchtigt. Wir haben drei bis vier Monate Auslastungszeit. Der große Druck ist aber weg. Viele Private, die PV wollten, haben sie bereits. Auch der Strompreis ist wieder gesunken, was auch eine Rolle spielt.

Building TIMES: Wie stark macht sich die Heizungsförderung in Ihrem Betrieb bemerkbar?

Matthias Lemp: Mir persönlich ist die Förderung zu hoch, weil damit die Qualität der Angebote sinkt. Die Angebote werden weniger sorgfältig ausgearbeitet und auch die Ausführungsqualität könnte leiden. Ich würde für eine langfristige Förderung in der Höhe von 40 oder 50 Prozent plädieren, die dafür aber langfristig. Es ist ja unfair, dass jene, die jetzt umstellen, so hoch gefördert werden und jene, die es später machen, womöglich gar nicht oder sehr gering.

Building TIMES: Worin sehen Sie derzeit die größten Herausforderungen in Ihrem Geschäft?

Matthias Lemp: Mitarbeitergewinnung, Mitarbeiterqualität und Schulung. Wir investieren viel in die Lehrlingsausbildung und heuer starten wieder fünf junge Männer, man merkt aber, dass es schwieriger wird. Eine weitere Herausforderung ist der Zeitdruck. Die Entscheidungen der Planung und der Bauherr:innen dauern mitunter sehr lang und wenn sie gefallen ist, sollten wir am nächsten Tag starten. Es scheint so zu sein, dass sich diese Problematik von Jahr zu Jahr verstärkt, vielleicht auch weil eine gewisse Unsicherheit gegeben ist.

Building TIMES: Die Wohnbauflaute trifft Sie gar nicht?

Matthias Lemp: Doch, natürlich spüren wir hier deutliche Rückgänge. Wir sind nicht zuletzt wegen der gestiegenen Sanierung trotzdem sehr gut ausgelastet.

Building TIMES: Haben Sie spezielle Goodies für die Mitarbeiter:innen, zum Beispiel 4-Tage-Woche oder ähnliches?

Matthias Lemp: Wir haben ausschließlich die 4-Tage-Woche. Nur die Servicetechniker haben am Wochenende Bereitschaft. Wir machen Betriebsausflüge und jeden Montag eine Jause für die Mitarbeiter:innen. Weiters kaufen wir Mineralwasser zentral, das sich die Mitarbeiter:innen auf die Baustelle mitnehmen können. Derzeit denken wir über ein Fitness-Angebot nach.

Building TIMES: Wie verteilt sich bei Ihnen das Geschäft?

Matthias Lemp: Wir haben rund 30 Prozent Gewerbebau, 20 bis 25 Prozent entfallen auf den Einfamilienhausbereich und die Reihenhäuser und der mehrgeschoßige Wohnbau machen mit Neubau und Sanierung auch um die 40 Prozent aus.

Building TIMES: Und Ihr Aktionsradius reicht bis Wien?

Matthias Lemp: Ja, auch. Ganz ohne Wien wäre diese Größe nicht machbar. 20 bis 25 Prozent entfallen auf den Wiener Markt mit all seinen Tücken, wie der schwierigen Logistik und ähnlichen Dingen.

Building TIMES: Sie halten 50 Prozent am Lüftungsunternehmen KL Lufttechnik. Was hat Sie bewogen, sich im Bereich Lüftung zu engagieren?

Matthias Lemp: Das hat sich zufällig ergeben. Als wir gestartet sind, ist die Lüftung immer mehr geworden, auch wir haben viel verbaut. Mein Partner hatte die Technologie, ich das Startnetzwerk, so haben wir zusammengefunden. Heute haben wir mit Holter einen sehr engagierten Vertrieb, der auch in Deutschland aktiv ist.

Building TIMES: In welcher Größenordnung bewegt sich der Umsatz der KL Lufttechnik?

Matthias Lemp: In etwa 9 Millionen Euro. Wir machen inzwischen auch die Wickelfalzrohre selbst. Wir entwickeln auch gerade Kleingeräte, die direkt in die Wand eingebaut werden können.

Building TIMES: Zu Ihren Beteiligungen gehört auch jene der Data B. Was macht dieses Unternehmen, in wenigen Worten?

Matthias Lemp: Data B ist ein Technologieunternehmen und ist ähnlich entstanden wie die KL. Es geht um präzise Bauteile und Steckverbindungen aus Holz, womit Schalungen für Betonbau, sowie Holzbauteile für Hochbau generiert werden. Der Geschäftsführer David Dabic hat mich vor einigen Jahren kontaktiert, dass er ein cooles Produkt hat. Dann habe ich mir die Sache angesehen und bin eingestiegen. Dahinter steckt die Idee, dass wir künftig vollkommen technologisch bauen wollen und dafür eine Plattform und der Technologielieferant für viele ausführende Baufirmen werden wollen. Das wird auch an der Haustechnik nicht Halt machen und früher oder später wird auch die Haustechnik automatisiert eingeplant.

Building TIMES: Sie haben zum Test ein eigenes Projekt mit Data B realisiert?

Matthias Lemp: Ja, das hat gut gepasst. Ich hatte damals die Firma Schnauer übernommen und wollte dort einen Neubau realisieren. Da haben wir umgeplant und eine Holzhalle mit der Technologie von Data B realisiert. Wir können ein fixfertiges Datenmodell zu einer Fräsmaschine schicken, wo die einzelnen Bauteile automatisiert gefertigt werden. Wir haben dann realisiert, dass die Technik auch im Schalungsbau sehr nützlich ist. Daraus wiederum resultiert eine Kooperation mit der Firma Peri. Wir werden demnächst eine gemeinsame Gesellschaft für den europäischen Markt gründen. Unser Ziel ist es, die größte Fabrik der Welt zu schaffen, aber ohne eigener Produktionsstätte. Wir verborgen die Maschine an Baufirmen und bekommen pro gefräster Platte den Aufwand vergütet.

Building TIMES: Wie kommt es, dass Sie so technologieaffin und technologieoffen sind?

Matthias Lemp: Weil ich überzeugt bin, dass eine Verweigerung von Technologie mittel- und langfristig ins Nichts führt. Wir können die Elektronisierung des Baugeschehens nicht bremsen, daher müssen wir mit ihr lernen und sie nutzen.

Building TIMES: Und Sie haben auch schon eine Idee für die Haustechnik?

Matthias Lemp: Wir probieren Ideen der Vorfertigung, das ist aber noch nicht spruchreif, weil nicht ausgereift. Die Vorfertigung wird aber kommen, weil die Handwerksqualität auf der Baustelle immer schwieriger wird, weil die Technologien stets voranschreiten. Der klassische Installateur ist mehr als ein Rohrverbinder. Er braucht die Elektrotechnik.

Building TIMES: Haben Sie dazu jemanden im Haus?

Matthias Lemp: Ja, wir haben eine eigene Regeltechnik-Sparte und trachten danach, alle von uns gebauten Anlagen selbst in Betrieb zu nehmen. Wir wollen unseren Kund:innen ein Komplettpaket und die beste technologische Lösung bieten.

Building TIMES: Das setzt das entsprechende Know-how voraus, geht sich das bei der Vielzahl von Industriepartnern aus?

Matthias Lemp: Wir haben im Segment der Wärmepumpen mit Idm, Daikin und Waterkotte sowie bei den Heizkesseln Fa. Fröling als präferierte Lieferanten, für deren Produkte unsere Leute auch entsprechend geschult werden.

Building TIMES: Wäre es nicht reizvoll, auch den Bereich der Elektrotechnik aufzubauen, um die gesamte Haustechnik in den Griff zu kriegen?

Matthias Lemp: Nein, wir haben mit der Regeltechnik mehr als genug zu tun und wollen deshalb die Hauselektrik nicht dazu ergänzen, hier arbeiten wir lieber mit den Firmen in der Region zusammen und vergeben dort Aufträge weiter.

Building TIMES: Sie sind auch Eigentümer des Projektes Korngut. Was ist daran reizvoll, Hotelier zu werden?

Matthias Lemp: Ich bin nicht Hotelier, den Betrieb führt künftig meine Schwester Verena. Wir machen die kaufmännische Unterstützung und haben den Umbau gemanagt.

Building TIMES: Sie sind auch Obmann der Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft Lemp. War Ihnen mit den anderen Aufgaben schon fad?

Matthias Lemp: Unser Ziel ist es, in Form eines Vereins, die PV-Anlagen der Region Stausee Ottenstein zu bündeln und Stromüberschüsse an regionale Abnehmer:innen zu verteilen.

Building TIMES: Was kostet die Kilowattstunde und wie viele Anlagen sind schon dabei?

Matthias Lemp: Wir sind derzeit über 90 Vereinsmitglieder. Wir kaufen um 10 Cent ein und verkaufen um 11 Cent, der 1 Cent trägt den Verein. Wir sind nicht gewinnorientiert.

Building TIMES: Sie wirken auf mich dynamisch, haben Sie keine Ambitionen für die Innung?

Matthias Lemp: Nein, das lässt sich aus zeitlichen Gründen nicht machen.