Typisch TÜV

Das Technology & Innovation Center von TÜV Austria in Wien 23 nimmt Formen an. Bald können dort auch große Wärmepumpen-Prüfaufgaben erledigt werden. Auch der Test und die Zertifizierung von E-Mobilitäts-Komponenten stehen künftig auf dem Plan.

Die Deutschstraße 10 und 12 sind an sich unauffällige Adressen im 23. Wiener Gemeindebezirk. Noch, denn langsam, aber sicher wird inzwischen sichtbar, was an diesem Ort entsteht. TÜV Austria hat die Liegenschaften zusammengelegt und schrittweise entsteht dort bis Mitte 2023 ein Prüf-Campus von besonderer Größe und besonderer Optik, denn die Immobilien erhalten allesamt das Corporate Design des TÜV. Dazu werden bestehende Hallen abgetragen oder einer neuen Nutzung zugeführt, und die Infrastruktur erneuert und ausgebaut. Gerade eben wurden zwei Stromtransformatoren mit einer Netzleistung von 2,5 MW installiert. „Diese Kapazität benötigen wir für unsere Prüfdienstleitungen“, erklärt Stefan Pfefferer, Leiter der Business Unit Real Estate Management. Er betreut mit seinen Teams normalerweise Hausverwaltungen, Bauherrn und Gemeinden in Sachen Immobilien von der Idee bis zur Umsetzung. Dieses Know-how bringt Pfefferer eben nun auch bei der eigenen Bautätigkeit ein.

In Summe werden rund 10 Millionen Euro in Wien-Inzersdorf investiert. Ein erster Meilenstein wurde bereits erreicht und im Juli werden die ersten Anlagen, wie eine Netz- und Batteriesimulation bis zu 400kW Leistung, in Betrieb genommen. „Die Kombination mit bereits bestehenden Einrichtungen wie Österreichs größter EMV Prüfhalle lässt uns ein einzigartiges Prüfspektrum anbieten, so Pfefferer.

Weitere geplante und bereits eingereichte Investitionen sind u.a. eine große Klimakammer, die auf Mehrfachnutzung ausgelegt wurde und damit die notwendige Flexiblität mitbringt, um klassische Temperatur- und Feuchtigkeit zu simulieren, aber beispielsweise auch Wärmeeffizienzmessungen für die Zulassung von Wärmepumpen ermöglicht. „Wir wachsen mit den Kundenanforderungen, sämtliche Dienstleistungen entstehen aus Anfragen und Anforderungen von unseren Kunden“, so Pfefferer.

Jedes Produkt ist unterschiedlich und bedarf unterschiedlicher Prüfungen. So wird bei der Prüfplanung und bei der Abwicklung bis zu Markteinführung unterstützt.

Weiters werden Prüfstände für E-Mobilität installiert. Dabei geht es um die Prüfung und Netzsimulation von sogenannten High-Performance-Chargern. Diese Art der Ladung enthält eine Reihe von Sicherheitsaspekten, die geprüft und zertifiziert werden können. In E-Mobilität investiert der TÜV am Standort selbst aber auch erheblich. Vorgesehen sind acht Ladestationen am Campus, an allen Standorten des TÜV gibt es damit 28 Ladesäulen für Mitarbeiter, Besucher und Schulungsteilnehmer. Auf einer neu entstehenden Prüfhalle wird zudem eine Photovoltaikanlage installiert, die Speicherung von Strom ist derzeit noch kein Thema.

Blackout-Sensibilität steigt

Sehr wohl aber beschäftigen sich Experten im Haus mit der Thematik Blackout. „Wir erstellen Blackout-Konzepte, dabei hinterfragen wir den Ist-Stand und erstellen eine Kosten-Nutzen-Analyse. Dazu erhalten wir vermehrt auch Anfragen, so Pfefferer. Nach und nach rücke ein Totalausfall der Stromversorgung bei Facility-Managern und in den Vorstandsebenen in das Bewusstsein, weiß er. Das gelte auch für viele weitere von TÜV Austria angebotene Dienstleistungen. Ein umfangreiches Portfolio entfällt dabei auf die Sparte Bautechnik. Das reicht von der Objektsicherheitsprüfung in Anlehnung an die Ö-Norm B1300/B1301 über die Erstellung von Energieausweisen bis hin zu Brandschutzberatung und Gutachten in den Bereichen Bau, HKLS und Elektro.

INTERVIEW: Stefan Pfefferer

Building Times: Herr Pfefferer, mit Ihren Teams erstellen Sie Ausschreibungsunterlagen, Sanierungskonzepte, und bieten auch begleitende Kontrolle. Das sind klassische Planertätigkeiten. Warum sollte jemand zu Ihnen kommen?

Pfefferer: Unser Vorteil ist, dass wir im Haus über eine ganze Reihe von bestens geschulten Experten verfügen, die mit den neuesten Normen vertraut sind. Dazu kommt, dass wir auch problemlos größere Projekte abwickeln können und über sehr gute digitale Tools verfügen. Die Ergebnisdokumentation wird mit dem Kunden abgestimmt, er kann damit sofort weiterarbeiten.

Building Times: Verstehen Sie sich als so etwas Ähnliches wie ein überdimensioniertes Ingenieurbüro?

Pfefferer: Ja, in Summe sind bei TÜV Austria über 2.000 Mitarbeiter beschäftigt.

Building Times: Wirkt sich diese Größe nicht auf die Preise aus? Sind Sie nicht zu teuer für kleine Bauvorhaben?

Pfefferer: Preisdebatten sind selten. Wenn man fair vergleicht, sind wir nicht zu teuer. Wir betreuen im Übrigen auch Privatkunden mit Gutachten.

Building Times: Hat Corona Ihr Geschäft im Bereich der Prüftätigkeit beeinflusst?

Pfefferer: Ja, wir rechnen damit, dass speziell im Bereich der Hotellerie viel Arbeit auf uns zukommen wird. Durch die Schließungen haben manche Eigentümer und Betreiber ihre Prüfpflichten verschoben. Das wird jetzt nachgeholt werden.

Building Times: Welche Bereiche betrifft das?

Pfefferer: Die Lüftung, das Trinkwasser, Aufzüge und ebenso die Kontrolle von Brandmeldeanlagen und vieles mehr. Das trifft übrigens teilweise auch auf Büroimmobilien zu. Dazu machen wir am 16. Juni ein Business-Frühstück zum Thema „Rückkehr in den Büroalltag“.