Richtig schlechte Schulluft
Im Projekt ImpAQS (Improving Air Quality in Schools) der TU Graz wurden die CO2- Konzentrationen, die Belüftungsraten sowie die Umweltdaten in Innenräumen und im Freien in 1200 österreichischen Klassenzimmern in 9 Bundesländer gemessen. Die erfassten CO2-Daten deuten darauf hin, dass die bestehenden Lüftungsrichtlinien in Schulen weitestgehend nicht eingehalten werden.
Die Ergebnisse zeigten, dass weniger als 25 % der Schulen in der Lage sind, eine jährliche tägliche mittlere CO2-Konzentration unter dem bestehenden Richtwert von 1000 ppm (BMK, 2024) zu halten. In mehr als einem Viertel des Schuljahres wurde der in der Ö-Norm EN 16798-1:2024 empfohlene Mindestluftvolumenstrom von 4 l/(s·Person) nicht eingehalten. Im Winter ist die Situation noch schlimmer: In weniger als 12 % der Schulen lag die tägliche mittlere CO2-Konzentration unter dem Schwellenwert von 1000 ppm, so die Kurzfassung der Studie.
Gravierende Unterschiede
Es gibt erhebliche Unterschiede zwischen den Schulen. Der tägliche Mittelwert zwischen den 10 besten und den 10 schlechtesten Schulen im Winter betrug mehr als 1000 ppm. Auch je nach Schultyp, Bundesland und Lüftungsart wurden erhebliche Unterschiede festgestellt. Bemerkenswert ist, dass es keine einzige Schule gab, die das ganze Jahr über die bestehenden Richtlinien einhielt. In den schlimmsten Fällen lagen die stündlichen mittleren CO2-Werte in einigen Unterrichtsstunden fast siebenmal über dem Richtwert (über 6900 ppm), wobei in kürzeren Zeitabständen noch höhere Werte gemessen wurden.
Frischluft, Kälte und Lärm
Qualitative Umfragen, die parallel zur quantitativen Überwachung durchgeführt wurden, zeigten, dass die Lüftungspraktiken stark von zwei Hauptfaktoren beeinflusst werden: der Raumlufttemperatur und dem Außenlärm. In vielen Fällen wurde festgestellt, dass physische Hindernisse eine angemessene natürliche Belüftung behindern (z. B. Fensterbegrenzer oder ungesicherte, nach innen öffnende Fenster, die mit den Tischen kollidieren). Zu den Faktoren, die die Einhaltung der CO2-Ziele beeinflussen, gehören die Belegungsdichte, die Außen- und Innenlufttemperaturen sowie die Lüftungsmethode (mechanisch oder natürlich).
Mechanische Lüftung wirkt …
Beispielsweise weisen mechanisch belüftete Klassenzimmer bei Außenlufttemperaturen von 10 °C oder darunter im Durchschnitt 450–600 ppm niedrigere tägliche mittlere CO2-Konzentrationen auf als natürlich belüftete Schulen. Während mechanisch belüftete Schulen insgesamt besser abschnitten, gehörten drei natürlich belüftete Schulen zu den zehn leistungsstärksten Schulen. Ihre niedrigen CO2-Werte lassen sich auf das sorgfältige Öffnen der Fenster durch die Nutzenden, eine überdurchschnittlich hohe räumliche Dichte in den Klassenzimmern (mehr als 3,2 m2 pro Schüler*in) und große, uneingeschränkt zu öffnende Fenster zurückführen.
… nur wenn sie auch läuft
Es sollte auch beachtet werden, dass in einigen Fällen mechanische Lüftungssysteme aufgrund hoher Betriebskosten dauerhaft abgeschaltet waren, was auf ein großes Hindernis für ihren Einsatz in finanziell benachteiligten Schulen hinweist.
Schlechte Außenluft
Vier wichtige Außenluftschadstoffe (PM2,5, PM10, NO2, O3) wurden in der Nähe der untersuchten Schulen anhand von Daten des Umweltbundesamtes (UBA) bewertet. Die Ergebnisse zeigen, dass die Mehrheit der Messstationen die Referenzwerte der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für jeden Schadstoff überschritt, wobei einige Standorte Mittelwerte über den Schwellenwerten aufwiesen, die nicht mehr als dreimal pro Jahr überschritten werden sollten. Trotz dieser Ergebnisse gaben die Lehrer*innen an, dass die Luftverschmutzung im Freien kein großes Hindernis für das Öffnen der Fenster darstelle.
Diese Situation lege nahe, dass die Verwendung einer mechanischen Belüftung mit geeigneten Partikel- und/oder Aktivkohlefiltern empfohlen werden sollte, um die Gesundheit der Schüler:innen und Lehrkörper in den am stärksten betroffenen Schulen zu schützen, so die Verfasser der Studie.
Monitore motivieren
Der Einsatz von sichtbaren CO2-Monitoren und Lüftungsempfehlungen machte einen signifikanten Unterschied bei den Lüftungspraktiken in natürlich belüfteten Klassenzimmern im Vergleich zu ähnlichen Klassenzimmern ohne sichtbare Informationen. Im Jänner meldete ein Viertel der natürlich belüfteten Klassen (mit sichtbaren CO2-Monitoren) CO2-Konzentrationen, die 500 ppm niedriger waren als in den entsprechenden Klassenzimmern ohne sichtbare Sensoren.
Dieses Ergebnis zeigt den Mehrwert des Einsatzes von CO2-Sensoren in natürlich belüfteten Klassenzimmern (mit sichtbaren Ampelsystemen), insbesondere in den kälteren Monaten. Im Allgemeinen wurde die Installation von CO2-Sensoren von der Mehrheit der Klassenlehrer:innen und Schuldirektor:innen sehr positiv aufgenommen. Während der Projektlaufzeit stieg die Zahl der CO2-Champions in den Klassenzimmern (Schüler:in, die ihre Lehrer:in auf regelmäßiges Lüften aufmerksam machen).
Studie mit Tragweite
Die Ergebnisse der ImpAQS-Studie sind von nationaler und europäischer Bedeutung, da sie das Bewusstsein für die dringende Notwendigkeit schärfen, die Belüftung und Luftqualität in Schulen zu verbessern. Die Ergebnisse liefern umsetzbare Informationen, die zur Verbesserung der Lernergebnisse, der Gesundheit und des Wohlbefindens von Schüler:innen und Lehrkräften in ganz Österreich genutzt werden sollten. Die Einhaltung bestehender Richtlinien und Standards sollte als erster Schritt in eine Zukunft gesehen werden, in der „gesundheitsorientierte“ Lüftungspraktiken eine Selbstverständlichkeit sind. Um weitere Ungleichheiten bei den bestehenden Lüftungspraktiken zu vermeiden, sind die Autor:innen der Meinung, dass die Verantwortung für diesen Übergang nicht an einzelne Schulen delegiert werden kann, sondern Teil eines national koordinierten Prozesses sein muss.
Die Studie wurde vom BMBWF finanziert und ist eine der größten und umfassendsten Studien zu Belüftung und Luftqualität, die bisher an österreichischen Schulen durchgeführt wurden.