Nach Rekordjahr bremst sich Bau-Konjunktur ein

Bank Austria Branchenbericht: Viele Aufträge aus 2021 sorgen auch Anfang 2022 für starke Kapazitätsauslastung. Hohe Preise und Materialmangel bremsen jedoch. Sanierungen gelten als künftiger Wachstumstreiber.

Die Bank Austria hat die österreichische Bauwirtschaft im Jahr 2021 genau unter die Lupe genommen: Im Jahresdurchschnitt dürfte die Branche ein Umsatzplus von rund 14 Prozent und ein Umsatzvolumen von mehr als 61 Milliarden Euro erreicht haben (Dezemberdaten liegen noch nicht vor). Zwar sieht der Bericht eine spürbare Abkühlung seit der Jahresmitte 2021, diese wird in erster Linie auf die stark gestiegene Materialknappheit und einem in den letzten Monaten wieder wachsenden Arbeitskräftemangel zurückgeführt. So nannten im Dezember 39 Prozent der Bauunternehmen eine zu geringe Zahl an Beschäftigten und 23 Prozent zu wenige Baumaterialien als die wesentlichen Produktionshindernisse.

Dem gegenüber steht laut der Bank Austria eine Rekordauslastung bei den Bauaufträgen. Noch im vierten Quartal 2021 berichteten die Unternehmen eine Auslastung der Produktionskapazitäten von 7,6 Monaten, ein Wert, der weit über dem zehnjährigen Durchschnitt von 6 Monaten lag. „Das Jahr 2021 hätte für die Bauwirtschaft noch besser ausfallen können, wenn nicht der Materialmangel und gegen Jahresende erneut der Arbeitskräftemangel die Bauproduktion gebremst hätten“, sagt UniCredit Bank Austria Ökonom Günter Wolf.

Abkühlung nach Rekordjahr erwartet
Im Lauf von 2022 muss laut Bank Austria mit einer deutlichen Abkühlung der Baukonjunktur gerechnet werden. Zumindest im ersten Quartal noch aufgrund von Lieferengpässen bei Baumaterial. „Vor allem in Teilen des Wohnimmobilienmarktes wird das hohe Preisniveau die Nachfrage nach neuen Bauprojekten dämpfen. Auch von der Finanzierungsseite sind trotz weiterhin günstiger Finanzierungskosten kaum wesentliche Impulse für die Baukonjunktur zu erwarten“, sagt Wolf. Im Wirtschaftsbau wird nicht damit gerechnet, dass vom Einzelhandel oder der Industrie stärkere Impulse für den Neubau kommen. Die Bank Austria erwartet daher, dass sich die Baunachfrage schon 2022 weniger auf neue Flächen, sondern verstärkt auf Sanierungsleistungen konzentrieren wird. Einen weiteren Hinweis darauf sieht der Branchenbericht in Budgeteinsparungsmaßnahmen im öffentlichen Hochbau. Entsprechend dem aktuellen Budgetvoranschlag des Bundes werden die Investitionsausgaben der BIG 2022 um 11 Prozent gekürzt.

Baukosten-Entspannung im 2. Quartal
Etwa seit dem 2. Quartal 2021 nennen die Unternehmen Materialmangel als Hauptgrund für Einschränkungen der Bautätigkeit. Gleichzeitig sind die Preise für viele Baumaterialien massiv gestiegen. Beispielsweise kosteten Baustahlgitter im zweiten Halbjahr im Großhandel in Österreich um durchschnittlich 77 Prozent, Spanplatten um 35 Prozent und Kunststoffrohre um 25 Prozent mehr als im Vorjahr. Eine nennenswerte Verlangsamung wird laut Branchenbericht erst ab dem zweiten Quartal 2022 erwartet, wenn sich die Vormaterialversorgung verbessert hat und die Baunachfrage stärker abgekühlt ist. Wobei die Bank Austria mit keinem Kostenrückgang rechnet. Die jüngste Entwicklung der Preise für Bauholz und Baustahl an den Terminbörsen in Chicago und London zeigt, dass erst ab Mitte 2022 mit deutlich niedrigeren Preisen in den Segmenten zu rechnen ist.

Sanierungen als Wachstumstreiber
In ihrem Branchenbericht sieht die Bank einen Bereich als zukünftig treibende Kraft: Die Sanierung von Gebäuden. Denn nur so kann 2040 die Klimaneutralität erreicht werden. Etwa 8 Millionen Tonnen beziehungsweise 10 Prozent aller Treibhausgasemissionen im Land werden laut dem Bericht bei der Heizung, Kühlung und Warmwasserbereitung in Gebäuden freigesetzt. Im Wesentlichen zielen die Klimaschutzmaßnahmen im Gebäudesektor auf die thermisch-energetische Sanierung des Wohnungsbestandes ab. Das aktuelle Regierungsprogramm sieht in den nächsten zehn Jahren eine Erhöhung der jährlichen Sanierungsrate von derzeit 1,6 Prozent in Richtung 3 Prozent aller Haupt- und Nebenwohnsitzwohnungen.