Der Chef-Be(i)rater
Der Linzer Architekt Andreas Heidl, der neue Vorsitzende des Grazer „Fachbeirats für Baukultur“, gibt Einblicke in seine Arbeit als Planer und als Beirat.
Verhältnismäßig wenige der mehr als 1.700 österreichischen Architekten arbeiten auch in Beratungsgremien, etwa Gestaltungsbeiräten, was auch in der Fachöffentlichkeit nicht immer Beachtung findet. Einer davon ist Andreas Heidl, den Building Times zwischen zwei Beratungs- und Besichtigungstagen zum Interview im Hotel Daniel am Europaplatz getroffen hat. Unmittelbar gegenüber im Bauamtsgebäude hat der Fachbeirat seinen Sitz. „Am Vormittag haben wir neue Bauplätze besucht und Wiedervorlagen bearbeitet und morgen geht es weiter“, berichtet Heidl, der weiter feststellt, „dass wir die zwei Tage voll ausgelastet sind“. Der äußerst zurückhaltende Linzer lässt sich immerhin – trotz Verschwiegenheitspflicht – zur Aussage hinreißen, dass „momentan in Graz viel los“ sei.
Heidl folgte im November als Vorsitzender des Fachbeirats der Wiener Architektin Elke Delugan-Meissl nach, die weiter Mitglied ist, zusammen mit der Wiener Landschafts-Architektin Isolde Rajek, dem Innsbrucker Architekten Patrick Lüthi und dem Wiener Architekten Alfred Berger. Andreas Heidl, der im Juni 63 Jahre alt wird, hat eine langjährige Beziehung zu Graz: Nach dem Architekturstudium an der TU Graz und in Bath war er Mitarbeiter in den Architekturbüros von Günter Domenig und Konrad Frey. Seit 1999 ist er selbstständig und Alleineigentümer des Linzer Büros Heidl Architekten ZT GmbH.
Gestartet sei er mit dem Umbau des Bankhauses Spängler am Linzer Hauptplatz, einem „architektonischen Juwel“, wie er selbst sagt, „in dem ich mich auch heute noch, obwohl es lange zurückliegt, immer noch gerne aufhalte“. Heidl umschreibt damit, dass es sich dabei um sein liebstes Projekt handelt. „Wichtigstes“ sei immer jenes, an dem er gerade arbeite.
„Wichtig, dass die Bauaufgabe interessant ist“
Sein Büro habe „zehn bis 15“ Beschäftigte mit „über 50 Prozent Nicht-Österreicher:innen inklusive Migrations-Hintergrund aus Kroatien, Jordanien, einer halben Russin und Bosnien, sowie aus Deutschland und natürlich Österreich“. Ob er vor allem kleinere Projekte plane, wie die Homepage zeigt? „Wie es sich ergibt. Wichtig ist, dass die Bauaufgabe interessant ist. Es geht mehr um Qualität als um Quantität“. Derzeit seien vier Objekte, Stadthäuser in der Linzer Innenstadt, in Planung, ein fünftes Objekt, beim Linzer Schloss, sei in Fertigstellung.
Eine erhebliche Rolle spielen auch Architekten-Wettbewerbe: „Wir machen ungefähr vier bis fünf Wettbewerbe im Jahr, meist ist einer davon ein größerer. Sie sind die beste Akquisitions-Möglichkeit und mir die liebste, weil die Architektur nicht mehr in Frage steht und man schneller in die Realisierung kommt“, begründet der Planer. Modelle würden zwar in seinem Büro noch gebaut, „aber nicht mehr in dem Umfang wie früher“. BIM werde intern eingesetzt, im Holzbau habe er „noch nicht sehr viel“ gemacht, aber wir machen derzeit ein Projekt“, sagt Architekt Heidl im Building Times-Gespräch.
Keine Gefängnisse und Kasernen
No-Gos seien für ihn Gefängnisse und Kasernen. Umsätze seines Büros will Heidl auf keinen Fall nennen, auch keine Umsatz-Erwartungen, denn er wolle keinerlei Zahlen lesen, gibt er sich sehr zurückhaltend. Genauso wortkarg verhält er sich zu Fragen nach einer allfälligen Familie sowie Freizeitgestaltung und Hobbies, „sogar ziemlich viele“, will sie aber nicht nennen.
Auf ihrer Homepage stellt sich die Planungs-Firma unter anderem wie folgt vor: „Das Linzer Büro Heidl Architekten ZT GmbH ist eine feste Größe in der oberösterreichischen Architekturlandschaft. Das Büro steht für Qualität, Kompetenz, Kontinuität, zeitlose Formensprache, Funktionalität und einen hohen baukünstlerischen Anspruch. Keine Massenprodukte, sondern unverwechselbare Orte, die in positiver Erinnerung bleiben, werden hier geschaffen“. In der Architektur geändert hätten sich in den letzten 25 Jahren die Kommunikations-Medien „dramatisch“, die Arbeits-Methodik und die Regulative. „Regelwerke kommen exzessiv zum Einsatz. Die Frage ist aber, ob auch zum besseren Nutzen. Ich bin der Meinung, es wird überreguliert“.
In der Gebäudetechnik seien „die Systeme professionalisiert und einfacher geworden. Nicht aufgearbeitet ist aber das Nachhaltigkeits-Thema, weil die Meinung vorherrscht, dass wir mit technischen Komponenten den Klimahaushalt bewerkstelligen. Wir brauchen Häuser, die so gebaut sind, dass man ein komfortables Wohnklima schafft, einfacher als derzeit. Wir kühlen nach wie vor aktiv statt passiv – aber das ist ja für die Wirtschaft uninteressant. Und es gibt keine belastbaren Daten. Wir verbrauchen im Hochbau zu viel CO2, hier haben wir Antworten zu finden“. Und wieder folgt die Forderung an Universitäten und Forschungseinrichtungen nach „belastbaren Daten“. Architektur bedeutet für Heidl „die Schaffung von Lebensraum, der eine gewisse Nachhaltigkeit mitbringt, sodass sich auch die zweite Generation noch darüber freut“. Ans Aufhören denkt der Architekt nicht, sondern will weiterarbeiten, „solange der Kopf mittut“.
„Wir diskutieren die architektonische Qualität“
Doch zurück zum Grazer Fachbeirat: In Graz werde relativ viel gebaut und die Stadt bemühe sich, die Qualitätsstandards hochzuhalten. Der Fachbeirat sei ein Instrument, um das zu bewerkstelligen. „Der Beirat besteht aus planenden Architekten und Städtebau-Experten, die zum Zeitpunkt ihrer Beiratstätigkeit keine wirtschaftlichen Interessen in der Stadt haben und hier auch keine Projekte planen“, hält Heidl fest.
„Wir diskutieren die architektonische Qualität von Projekten mit einer Brutto-Geschoßfläche von mehr als 2.000 Quadratmetern außerhalb der Altstadtschutzzone und des Gewerbegebietes. Die Frage, ob ein Bau nach städtebaulichen Kriterien im jeweiligen Umfeld vertretbar ist, steht im Mittelpunkt unserer Arbeit“, erläutert der Beirats-Vorsitzende.
„Beirats-Kultur schafft Mehrwert“
Wobei der Beirat lediglich eine beratende Rolle spielt und keinerlei Einspruchsrecht hat: „Es gibt keinen Daumen rauf oder runter“. Die Mitglieder des Fachbeirats sind mit einem Werkvertrag ausgestattet und bekommen ein im Vorfeld festgesetztes Honorar. „Der Gestaltungsbeirat, beispielsweise auch der von Linz, ermöglicht es uns Architekten, unsere Architektur umzusetzen. Die Beirats-Kultur entwickelt sich sehr gut in Österreich und schafft Mehrwert“, fasst Andreas Heidl zusammen.