Ausstellung Eisenbeton

Beton prägt Wiens Baukultur seit über 100 Jahren. Das zeigt die Ausstellung „Eisenbeton. Anatomie einer Metropole“ ab 22. Mai im Wien Museum.

In der Ausstellung werden architektonische Meilensteine gezeigt, die nicht nur Baugeschichte geschrieben haben, sondern auch eindrucksvolle Zeugen eines nachhaltigen Umgangs mit Ressourcen sind. Denn die meisten Gebäude werden heute noch zum Wohnen oder als Büro und für Kultur genutzt. Was vor über 100 Jahren eine Revolution im Bauwesen einleitete, ist heute aktueller denn je: Der Anspruch, mit minimalem Materialeinsatz maximal langlebige und vielseitig nutzbare Gebäude zu schaffen.

Der Baustoff Beton spielte dabei eine zentrale Rolle – und tut es bis heute. Seine hohe Tragfähigkeit, die Flexibilität bezüglich Grundrisse wie auch die zeitlose Architektur ermöglichten bereits um 1900, weitgespannte Räume zu realisieren, die neue Maßstäbe im urbanen Bauen setzten. Entstanden sind dabei visionäre Mehrzweckbauten: Wohn- und Geschäftshäuser mit loftartigen Werkstätten, integrierten Theatern und Kinos oder funktionale Fabriken, viele davon noch heute im Gebrauch.

Technologische Pionierleistungen

Diese ingenieurtechnischen Pionierleistungen stehen im Zentrum der Ausstellung „Eisenbeton. Anatomie einer Metropole“ im Wien Museum. Mit Modellen, Plänen und Fotografien, Gemälden, Plakaten und originalen Ausstattungsstücken werden berühmte und weniger bekannte Eisenbetonbauten in Wien um 1900 und ihre zentrale Rolle im Alltag der Menschen vorgestellt. Auch heute ist der Baustoff Beton unverzichtbar, sowohl im Gebäudesektor als auch im Infrastruktur-Ausbau, für die Mobilitäts- und die Energiewende. Materialeffizienz spielt dabei nach wie vor eine große Rolle, zum Beispiel bei 3D-Druckverfahren, durch die bis zu 40 Prozent des Betons eingespart werden können.

Materialeffizienz als Bauprinzip

Was heute gut erforscht und mit Programmen und Modellen simuliert und berechnet werden kann, erforderte um die Jahrhundertwende mutige Planer und Bauherren. „Fast ein Jahrzehnt lang wurden mit Beton Gebäude gebaut, für die es – im Gegensatz zu den konventionellen Bauweisen – weder verbindliche Normen gab noch langfristig gesicherte Erfahrungswerte“, so Sebastian Spaun, Geschäftsführer der Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie und Vorstand von Beton Dialog Österreich. Dementsprechend spielten Wiener Bauherren und Planer um 1900 eine Vorreiterrolle bei der Entwicklung innovativer Betonstrukturen, die unter anderem in Otto Wagners Postsparkasse oder dem Geschäftshaus Goldman & Salatsch von Adolf Loos zum Einsatz kamen. Innovative heimische Bauunternehmen wie Pittel & Brausewetter, Wayss & Co. oder Porr sammelten in dieser Aufbruchszeit wertvolle Erfahrungen und leisteten wesentliche Beiträge im Hochbau. Zudem wurde um die Jahrhundertwende unermüdlich geforscht, Baustatik, Baumechanik und Bauphysik wurden stetig und signifikant verbessert, z. B. durch neue Methoden im Gewölbe- und Skelettbau.

Die revolutionären Innovationen um die Jahrhundertwende waren nur der Anfang. Modernes Bauen erfordert heute mehr denn je den sparsamen Einsatz von Ressourcen. Gefragt sind langlebige, anpassungsfähige Bauwerke mit möglichst geringem ökologischem Fußabdruck über ihren gesamten Lebenszyklus. Beton überzeugt dabei durch seine Tragfähigkeit und Flexibilität, durch die hohe Widerstandsfähigkeit, Wartungsarmut und Recyclingfähigkeit. Ob in modularer Bauweise, für flexible Grundrisse oder zur thermischen Speicherung – der Baustoff ermöglicht nachhaltige Konzepte, die sich an wechselnde Nutzungen und Anforderungen anpassen, ganz im Sinne einer langfristigen Baukultur.