Wohnungs-Drama auf der Biennale

Der Österreich-Beitrag zur 19. Architekturausstellung – La Biennale di Venezia von Sabine Pollak, Michael Obrist und Lorenzo Romito thematisiert die Wohnfrage.

Anker für die Auseinandersetzung ist eine europa- und weltweit um sich greifende Wohnungskrise. Mieten steigen in unglaubliche Höhen, eine höchst fragwürdige Immobilienpolitik macht sich breit, der kommunale Wohnbau verschwindet, Stadtteile werden an Tourist:innen vermietet und spekulativer Leerstand ist zum Normalfall geworden. Für einen großen Teil der Bevölkerung ist das Leben in Städten nicht mehr bezahlbar.

Die Frage ist, welche Haltung die Architektur dazu einnehmen wird. Die Kurator:innen Sabine Pollak, Michael Obrist und Lorenzo Romito eröffnen daher die Agency für better Living. Sie möchten Möglichkeiten, Räume und Regeln für ein besseres Leben für alle, ausloten und zeigen, dass man etwas gegen aktuelle Entwicklungen am Wohnungsmarkt tun kann.

Wien und Rom im Fokus

Ausgangspunkt dabei bildet Wien mit seiner Vorreiterrolle in der Frage des leistbaren Wohnens für alle. Im Sinne des Gesamtthemas der Biennale, „Intelligens. Natural. Artificial. Collective“, wird das Wiener System des Sozialen Wohnbaus in einer „Intelligens“ erweitert, ausgedehnt und weitergedacht. Der Stadt Wien wird daher eine andere europäische Stadt gegenübergestellt, in der es als Reaktion auf das Scheitern von Planungsprozessen zu selbstorganisierten Wohn- und Lebensformen kam: Rom. Beide Städte, Wien und Rom, zeigen unterschiedliche „Intelligenzen“, wie man es machen kann. Wien ist eine Stadt, die sich kümmert, eine Caring City. In einem Top-Down-Prozess sorgt die Stadt dafür, dass alle, die eine leistbare Wohnung suchen, diese auch bekommen. Rom ist die Stadt der Ruinen, in der hart erkämpfte Bottom-up-Prozesse informellen Wohnraum mit oft erstaunlichen Formen der Selbstorganisation schaffen.

Das Wiener System schafft Sicherheit, das römische System eine aktive und kreative Zivilgesellschaft. Beide bringen innovative Lebensformen durch sehr unterschiedliche, sogar gegensätzliche Prozesse hervor. Überlagert man beide, könnte die Utopie eines zukünftigen Zusammenlebens mit einer klugen Strategie für ungewöhnliche, inklusive, leistbare und klimafreundliche Formen des Zusammenlebens in einer offenen Gesellschaft entstehen.