The Brain inside

In Berlin entsteht derzeit the cube, eine der ersten Immobilien, die denken kann. Bis das allerdings funktioniert, muss das Gehirn der Immobilie getestet werden. Wir waren dabei.

Wenn man einen Rohbau betrachtet, stellt man sich schwer vor, dass das Gerüst aus Stahl und Beton irgendwann einmal denken wird können. Ein solcher Rohbau steht derzeit in Berlin, nahe dem Hauptbahnhof, die CA Immo entwickelt ihn. Im kommenden Sommer wird das würfelförmige Bürogebäude fertiggestellt werden – und eines der intelligentesten Büroobjekte Europas sein, so das Versprechen. Nutzer sollen dann nicht nur die klimatischen Bedingungen individuell steuern können, andere Kollegen innerhalb des Komplexes finden – das Gebäude selbst soll erkennen, wo wann wie eine Reinigungskraft zu beauftragen ist, wann Lichter abgeschaltet werden können, und, und, und.

All das soll mit künstlicher Intelligenz geschehen. Und der Schlüssel, den cube zu bedienen, ist das Smartphone. Von all dem ist beim Rohbau freilich noch nichts zu sehen. Doch auch das Gehirn des Würfels entlang der Spree muss entsprechend gebaut werden. Ein Beispiel, wie die Haustechnik von morgen aussehen – und funktionieren könnte und sich in Richtung Smart City bewegt. Die Immobilie – weg von der Hardware, hin zur Software.

Etwa 640 Kilometer südwestlich von Berlin – quasi am anderen Ende von Deutschland – liegt Aachen, nur einen Steinwurf von der niederländischen Grenze entfernt. Dort, ein paar Kilometer außerhalb des geschichtsträchtigen Zentrums, wird besagtes Gehirn, „Brain“ genannt, in der RWTH Aachen Campus zusammengefügt und getestet. Ein unscheinbar wirkender schwarzer Kasten mit unzähligen Drähten, Kabeln und bunt leuchtenden Dioden steht da neben einer futuristisch leuchtenden, an Star Trek erinnernden Konsole mit mehreren Displays, mit denen dargestellt werden sollen, was die Immobilie künftig können wird müssen. Der Kasten, das ist das Gehirn, die Konsole soll den cube darstellen. Denn wenn die Immobilie in Berlin fertig ist, muss es auch ihr Gehirn sein. Schließlich soll sie, wenn die ersten Mieter dann einziehen werden, auch so funktionieren, wie es die Entwickler es sich gedacht haben.

Tausende Sensoren – Smartphone als Schlüssel

Das testet die CA Immo mit Unterstützung des Beratungs-, Planungs- und Projektmanagementunternehmens Drees & Sommer im Demozentrum Cluster Smart Logistik auf dem Campus der RTWH Aachen. Ein Projekt, das bereits vor zwei Jahren begonnen wurde. Dabei untersuchen Digitalisierungsexperten unter anderem die Kompatibilität mit den verschiedenen Produkten, die vernetzt werden sollen, sagt Matthias Schmidt, Leiter Development Deutschland bei CA Immo, bei einem Lokalaugenschein, bei dem Building Times ebenfalls dabei war. Schließlich werden 3.750 Sensoren in die Immobilie verbaut, die über künstliche Intelligenz miteinander verbunden sein werden. Diese müssen zueinander passen und dann im laufenden Betrieb reibungslos funktionieren. Schmidt: „Das Gebäude wird zu 100 Prozent digital sein, jeder soll den cube bedienen können und Nutzer einen schrankenlosen Zutritt innerhalb des Gebäudes haben.“ Keine Zutrittskarten, keine Chips, nur das Smartphone wird der Schlüssel sein. Über eine App vom PropTech Thing Technologies, die überdies auch DSGVO-konform sein musste. Das Gebäude wird, so versprechen es die Macher, auch lernfähig sein. Es lernt von den Nutzern, kann aber auch modular erweitert oder reduziert werden – je nachdem, wie es dann genutzt wird. Auch das wird sich das Gehirn merken müssen. „Der cube wird dann in der Lage sein, einzelne Nutzerprofilings zu erstellen – ein radikaler Paradigmenwechsel“, wie Klaus Dederichs, Head of ICT und Associate Partner von Drees & Sommer, erklärt. Er führt aus, wie beim Brain vorgegangen wird, damit er die Bedürfnisse der menschlichen Nutzer auch vollumfänglich erfüllen kann: „Bei der digitalen Konzeption ist der Mensch das Vorbild. Während die Sensoren den Sinnesorganen entsprechen, ist die Kl-fähige Systemplattform cube Brain das Gehirn.“ Die smarten, digitalen Technologien werden je nach Gebäude bzw. Projekt individuell kombiniert und erleichtern Nutzern die Bedienung des Gebäudes. Sie bieten neue Nutzungsmöglichkeiten wie Inhouse Navigation, das Tracking von Personen oder Gegenständen oder Zugangskontrolle durch Personenerkennung. Gesteuert werden kann das Gebäude dann via App.

Belohnung für Hacker

Ebenfalls die Cyber Security, wobei Hacker auf den Brain angesetzt werden. Schafft es ein solcher, in das System einzudringen, ist ein Preisgeld ausgesetzt – schließlich soll der cube, wenn er im kommenden Jahr in Betrieb geht, vor Cyberangriffen absolut sicher sein. Wie hoch das Preisgeld sein soll, das wurde nicht verraten. „Es wird aber nicht wenig sein“, wie Matthias Schmidt bei einer Führung durch die Räumlichkeiten des Demozentrums erklärte. Was ihn so sicher sein lässt, ist die Tatsache, dass die Intelligenz der Immobilie über Blockchain gesteuert wird. Man kennt die Technologie bereits von Kryptowährungen; sie kann aber auch für die Sicherheit interner Systeme eingesetzt werden.

Der cube berlin wird im kommenden Jahr fertiggestellt werden, erst im Mai wurde die Gleichenfeier begangen. Das rund 100 Millionen Euro Investmentvolumen umfassende Gebäude wurde bereits via Forward Sale an die TH Real Estate veräußert. Jetzt muss das Gehirn dann nur noch warten, bis es in die Immobilie verpflanzt wird und aus Stahl, Glas und Beton ein eigener virtueller Organismus wird, dazu da, den Menschen darin zu dienen. Und auch dem, dem die Immobilie gehört. Schließlich soll er daraus dann auch alle notwendigen Kennzahlen – Energieverbräuche, Nutzerverhalten – zu jeder Zeit abrufen können.