Flammenfest in die Zukunft
So wie Gebäude, die Technik und Nutzungen einem Wandel unterliegen, so erfährt auch der Brandschutz mit all seinen Disziplinen Veränderungen.
Am 25. und 26. Juni findet in Nürnberg Europas führende Fachmesse für vorbeugenden Brandschutz, die FeuerTrutz, statt. Mit 277 Ausstellern ist die für die Messe geplante Ausstellungsfläche so gut wie ausgebucht. Damit kann der Veranstalter wohl an den Erfolg der 2024er-Ausgabe anknüpfen, die mit Rekordzahlen glänzte. Im Vorjahr kamen 6.300 Besucher:innen auf die Messe, was wohl auch ein Zeichen dafür ist, dass die Bedeutung und Vielfalt des Brandschutzes steigen. So wie sich Gebäude, die Technik und Nutzungen verändern, wandeln sich auch die Anforderungen an den Brandschutz. Dies spiegelt sich auch im Programm des pararell laufenden Brandschutzkonzeptes wider: Was tut sich in den Bauvorschriften? Welche Risiken folgen aus den auf deutschen Dächern installierten PV-Anlagen? Wie baut man sicher und rechtskonform mit Holz auch in Gebäudeklasse 5? Welchen Beitrag kann der vorbeugende Brandschutz zu einem nachhaltigeren Bauwesen leisten? Das sind einige der Themen, zu denen rund 40 Expert:innen ihr Wissen weitergeben.
Grünfassaden und Brandverhalten
Einem ebenfalls brennenden Thema der Zeit widmete sich der Lehrstuhl für Holzbau und Baukonstruktion der TU München im Projekt „FireSafeGreen“. Darin wurde die brandschutztechnische Eignung von begrünten Fassaden an mehrgeschoßigen Gebäuden untersucht, der Schlussbericht umfasst 232 Seiten. Ziel des Projekts war es, die Wechselwirkungen zwischen Vegetation, Gebäudestrukturen und Brandschutz zu analysieren und praxisnahe Empfehlungen für die sichere Planung und Pflege begrünter Fassaden abzuleiten. Im Fokus standen experimentelle Untersuchungen in Form von klein- und mittelmaßstäblichen Tests zur Bewertung des Brandverhaltens und der Brandausbreitung sowie großmaßstäbliche Fassadenbrandversuche. Wesentliche Parameter wie Pflanzenart, Pflegezustand und Feuchtigkeitsgehalt wurden detailliert untersucht. Der Schwerpunkt der Untersuchung lag auf Kletterpflanzen an Rankhilfen. Ein Vergleich der Wärmefreisetzungsrate aller untersuchten Pflanzen zeigt ein ähnliches Verhalten. Im Verlauf der Brandeinwirkung kommt es zu kurzen Spitzen in der Wärmefreisetzung. Diese Spitzen sind „Strohfeuer“, die auftreten, wenn Teile der Pflanzen aufgrund der Flammeneinwirkung austrocknen und sich dann entzünden.
Pflanzenpflege entscheidet über Brandverhalten
Die Pflanzenart selbst hatte keinen wesentlichen Einfluss auf das Brandverhalten. Es wurden acht Brandversuche in Originalgröße unter realistischen Bedingungen durchgeführt. Die vertikale Brandausbreitung entlang der Fassade wurde quantifiziert und die Auswirkungen des Wärmeflusses auf umliegende Gebäudekomponenten wie Wände, Fenster, Balkone und Dachüberstände wurden bewertet. Eine horizontale Brandausbreitung trat bei den Untersuchungen der vitalen Pflanzen nur in sehr begrenztem Umfang auf. Sie waren selbstverlöschend. Der entscheidende Faktor bei der Beurteilung der Entzündbarkeit ist der Feuchtigkeitsgehalt der Pflanzen. Bei getrockneten Pflanzen kommt es zu Beginn zu einer abrupten Wärmefreisetzung. Ausgetrocknete Pflanzen sowie ungepflegte Pflanzen mit einem hohen Anteil an Totholz stellen folglich den kritischsten Fall dar.
Die Studie kommt zu dem Schluss, dass gut gepflegte Grünfassaden unabhängig von der Vitalität der Pflanzen ein geringeres Risiko darstellen. Die Pflege bleibt der Schlüssel für brandsichere Grünfassaden. Zu den Empfehlungen gehören die Einhaltung bestimmter Abstände zu brennbaren Materialien, die Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Pflege und die Verwendung nicht brennbarer Kletterhilfen.
Neue Materialien – feuerfest und funktional
Im baulichen Brandschutz steht generell die Wahl der Materialien im Zentrum. Während traditionelle Baustoffe wie Beton, Mauerwerk und Stahl weiterhin dominieren, rücken neue, Werkstoffe in den Fokus. Besonders im Trend: nicht brennbare Dämmstoffe auf mineralischer Basis wie Aerogele oder Steinwolle, die gleichzeitig hohe Wärmedämmwerte und Feuerresistenz bieten. Moderne Holzwerkstoffe werden ebenfalls „brandfit“ gemacht – etwa durch spezielle Imprägnierungen oder Mehrschichtsysteme mit brandhemmenden Sperrlagen. Ein bedeutender Innovationsschub geht von sogenannten intumeszierenden Materialien aus: Diese aufschäumenden Brandschutzbeschichtungen reagieren auf Hitze, indem sie sich um ein Vielfaches ausdehnen und eine isolierende Schaumschicht bilden. Sie werden vor allem bei tragenden Stahlkonstruktionen eingesetzt und gewinnen zunehmend auch im Innenausbau an Bedeutung.
Modulares Bauen und digitale Planung
Die zunehmende Verbreitung von modularen und vorgefertigten Bauweisen bringt neue Herausforderungen im Brandschutz – aber auch Chancen. Durch exakte werkseitige Fertigung lassen sich Brandschutzmaßnahmen präzise integrieren, von Brandschutzfugen über Abschottungen bis zu fertigen Installationskanälen mit integriertem Brandschutz. Die Qualitätssicherung wird damit zuverlässiger, der Einbau vor Ort deutlich vereinfacht. Unterstützt wird dieser Trend durch Building Information Modeling (BIM), das sich als digitales Planungsinstrument im Brandschutz etabliert.
Technischer Brandschutz wird smart
Im technischen Brandschutz ist der Innovationsgrad besonders hoch. Sensorik, Vernetzung und KI eröffnen neue Wege für frühzeitige Detektion und automatisierte Reaktion. Moderne Brandmeldesysteme nutzen mittlerweile mehrdimensionale Sensoren, die Rauch, Hitze, Flammenlicht und sogar Gaskonzentrationen parallel erfassen – mit deutlich reduzierter Fehlalarmquote.
Ein wachsender Trend ist der Einsatz von KI-gestützter Auswertung: Systeme lernen anhand von Datenströmen aus Kameraüberwachung, Thermografie oder Luftanalysen typische Muster von Brandentstehung zu erkennen – oft noch bevor Rauch sichtbar wird. Diese sogenannte präventive Detektion findet zunehmend Anwendung in Industrieanlagen, Rechenzentren und öffentlichen Gebäuden.
Ebenfalls auf dem Vormarsch sind vernetzte Brandschutzsysteme, die nicht mehr nur Alarm schlagen, sondern aktiv in das Gebäudemanagement eingreifen. So können Türen automatisch verriegelt oder geöffnet, Lüftungen abgeschaltet und Aufzüge in sichere Etagen gefahren werden. Über cloudbasierte Leitstellen lassen sich alle Maßnahmen koordinieren – oft sogar standortübergreifend.
Löschtechnik neu gedacht
Auch bei der Brandbekämpfung selbst zeigen sich innovative Ansätze. Neben klassischen Sprinkleranlagen treten zunehmend wassernebelbasierte Systeme in den Vordergrund. Diese erzeugen feinste Tröpfchen, die eine hohe Verdunstungsleistung und damit starke Kühlwirkung bei gleichzeitig minimalem Wasserschaden bieten – ideal für Museen, Serverräume oder denkmalgeschützte Bauten.
Ein anderes Feld ist die Aerosol-Löschtechnik: Hierbei wird ein feines Partikelgemisch freigesetzt, welches die chemische Kettenreaktion des Feuers unterbricht. Diese Systeme benötigen weder Druckbehälter noch Wasseranschlüsse und lassen sich in schwer zugänglichen Bereichen wie Schalträumen oder Maschinenparks effektiv einsetzen.
Mensch und Technik im Zusammenspiel
Trotz aller Technik bleibt der Mensch ein zentraler Faktor im Brandschutz. Neue Entwicklungen zielen daher auch auf die Verbesserung der Evakuierungskonzepte. Intelligente Leitsysteme passen sich in Echtzeit an – etwa durch LED-Markierungen, die Fluchtwege je nach Brandverlauf dynamisch anzeigen. Ergänzt wird dies durch Sprachausgabesysteme, die gezielt informieren und beruhigen.
Der Innovationsschub im Brandschutz wirft auch Fragen nach der Regulierbarkeit auf. Viele der neuen Systeme passen nicht in klassische Normierungen – was zu Unsicherheiten in Genehmigungsverfahren führen kann. In Deutschland versucht man mit dem „Verwendbarkeitsnachweis“ die Entwicklung leistungsorientierter Nachweisverfahren zu forcieren, bei denen nicht mehr nur auf Materialien oder Bauteileigenschaften geschaut wird, sondern auf das tatsächliche Verhalten im Brandfall.