Adiabatik kühlt Sportler

Mitte Oktober wird die neue Grazer Ballsporthalle offiziell eröffnet. Das Totalunternehmer-Projekt ist nicht nur groß, sondern auch technisch interessant.

Die erste Begegnung vor Ort führt manchmal mitten ins Thema. „Mir tut der Baum leid“, sagt eine ältere Dame, die vor dem „Raiffeisen Sportpark“ in Graz von ihrem Fahrrad gestiegen ist. Sie zeigt auf einen ziemlich traurigen Ahornbau, um den eine Sitzbank aus Sichtbeton gebaut ist. „Mir auch“, sagt Architekt Harald Kloiber, „aber der wird schon wieder, sagt der Gärtner.“ Kloiber hat mit seiner projekt CC und seinem Kollegen Winfried Lechner, die sich zur Arge Sportpark formiert hatten, einen Architektur-Wettbewerb gewonnen und „bis zum Schluss die Architekten-Planung gemacht“, wie er im Gespräch mit Building Times betont. Das ist insofern nicht selbstverständlich, als die Sportunion Steiermark das Projekt an einen Totalunternehmer vergeben hat, nämlich eine Arge aus dem Grazer Platzhirschen Granit und der Bull Bau, die ab der Einreichung die weitere Planung übernommen und teils auch abgeändert hat. „Die Fachplaner der Bull Bau haben nachjustiert und nachgeschärft“, erklärt Kloiber. „Ja, wir haben uns auf das vielfach kritisierte Modell der Totalunternehmerschaft eingelassen“, bestätigt Markus Pichler, Geschäftsführer der Sportunion Steiermark, gegenüber Building Times und fügt hinzu: „Wir haben grundsätzlich eine sehr, sehr positive Zusammenarbeit mit dem Totalunternehmer.“

Das „sehr kompakte Haus aus maximal beanspruchbaren Materialien“ (Kloiber) wird offiziell 17,45 Millionen Euro kosten. Das sind „mindestens 25 Prozent bis 30 Prozent unter jedem vergleichbaren Objekt“, wie Pichler betont. Nach kleinen Aufstockungen werden das Land Steiermark und die Stadt Graz je knapp 6 Millionen Euro finanzieren, der Bund 4,45 Millionen Euro und die Sportunion 1,2 Millionen Euro, was in Summe knapp 18 Millionen Euro ausmacht. Allerdings hat die Union das Grundstück Ecke Hüttenbrenner- und Schönaugasse eingebracht, samt einer alten Sporthalle, in der unter anderem die Fechter zuhause waren.

Exakt 15.770 m² ist der Bauplatz groß, auf dem die neue Ballsporthalle samt Tiefgarage nun errichtet wurde. Der Komplex sollte künftig viele Funktionen erfüllen. Die „Arena“ genannte Halle kann als Einheit bespielt, „aber auch halbiert werden, dann sind das zwei 44 mal 24 Meter große Hallen, oder geviertelt, je nach Sportart und Veranstaltungszuschnitt“, wie Architekt Kloiber erläutert. Insgesamt ist die Halle 2,700 m² groß. Graz hat damit eine Halle auch für internationale Turniere, weil bis zu 3.000 Besucher in der Arena Platz finden. Gespielt werden kann Handball, Volleyball, Basketball und auch Badminton. „650 bis 700 Sitzplätze gibt es in gemauerten, fixen Sitzreihen, und acht Reihen sind mobil ausfahrbar. Bei kleinerer Bestuhlung verschwinden die ganz einfach“, sagt Kloiber. Insgesamt gibt es zehn Tribünen-Segmente. Zwei Kamera-Balkone, eine Kamera in der Decke über der Mittelauflage und eine Kamera auf der Galerie sorgen für beste TV-Übertragungsmöglichkeiten. Apropos Decke: Diese wird von 28 Holzleimbindern getragen, die zwischen 2,55 m und 3,30 m hoch, 48 m weit gespannt und grau gestrichen sind. Was gut zum sonstigen Betonbau passt. Geliefert hat die Leimbinder die Firma Rubner. Die Querträger sind mit Akustik-Elementen bestückt. Hier befindet sich auch das Rauch-Ansaugsystem als Brandmelder.

Der Fußboden in der Arena ist aus Eiche, wobei je nach Sportart noch ein zusätzlicher Boden aufgelegt wird: Parkett (Haro) für Volleyball und Basketball, ein Kunststoff-Boden für Handball. Ca. 90 Prozent des gesamten Komplexes werden über eine Fußbodenheizung temperiert, gespeist von der Grazer Fernwärme. In den unterirdischen Räumen gibt es Deckenstrahlplatten.

Ins rechte Licht gesetzt werden die sportlichen Leistungen von rund 1.100 speziell gerichteten, dimmbaren LEDs, „mit denen jede Veranstaltung inszeniert werden kann“, wie Kloiber erläutert. Geplant hat die Beleuchtung die Hailight Lichtplanung (Andreas Haidegger, Innsbruck). „An der West- und an der Ostseite gibt es auch Oberlichte, mit denen auch eine Querlüftung möglich ist“, ergänzt der Architekt.

Für die Elektroplanung war übrigens die Klauss Elektroanlagen Planungs G.m.b.H. in Seiersberg verantwortlich – aber siehe Totalunternehmer. Das Gleiche gilt auch für die Pechmann GmbH – Ingenieurbüro für Haustechnik in Kumberg, welches die TGA-Ausschreibungen gemacht hat.

Die Grundklimatisierung der Arena durch eine adiabatische Kühlung wird nicht verhindern können, dass die Sportler während ihrer Matches ins Schwitzen kommen. „Wenn die Adiabatik nicht ausreicht, dann wird der Direktverdampfer dazugeschaltet“, erklärt man bei der Bull Bau. Dafür gibt es auf dem Norddach zwei Split-Klimageräte und drei Be- und Entlüftungsgeräte mit Platten-Wärmetauschern, die von der kroatischen Pro-Klima stammen, die seit 2015 zur Wolf-Gruppe gehört. Weiters sind zwei Be- und Entlüftungsgeräte mit Rotations-Wärmetauschern und drei Direktverdampfer-Klimageräte auf der Südseite installiert. Sämtliche Klimageräte auf dem Dach werden von der Lochblech-Fassade abgedeckt, die übrigens einen hübschen optischen Kontrast zu den darunterliegenden, nicht perforierten Blechen schafft, einem Schattenwurf gleich. „Mit der Adiabatik geht die Grundfeuchte mit der Abluft wieder raus“, erklärt der Bull Bau-Fachplaner. Schließlich gibt es noch ein Be- und Entlüftungsgerät im Keller, das alle 13 Umkleideräume bedient.

„Das ganze Gebäude ist barrierefrei“ – Architekt Harald Kloiber

Die Arena, die zentrale Ballsporthalle, dominiert naturgemäß den gesamten Betonbau hinter der Blechfassade und wird über das Foyer erschlossen, das als Verteilerring wirkt mit sogenannten „Kiosken“ an den Ecken. Es wird über 14 Zugänge erreicht, die im Notfall gleichzeitig als Fluchtwege ins Freie dienen. Darüber hinaus gibt es noch einen fast 100 m² großen Seminarraum, der auch als Pressezentrum dienen kann, einen Sondergastraum mit 440 m², der mit 14 Fechtbahnen ausgestattet ist und bei Veranstaltungen als VIP-Raum dienen soll, einen 250 m² großen Gymnastik-, Yoga- und Tanzsaal, mit Ballett-Stange und Fosk-Spiegeln ausgerüstet, einen Athletik- und Krafttrainingsbereich sowie eine Diagnostik- und Beratungszone mit Sauna. Alle diese Einrichtungen können intern mit einem Lastenlift versorgt werden, der fünf Tonnen oder 60 Personen trans- portieren kann.

„Die internationale Ballspielhalle ist ein wunderbarer Synergieeffekt“ sagt die steirische Sportunion, „aber der Hauptnutzen an mehr als 300 Tagen im Jahr ist die Schaffung von Trainingsmöglichkeiten in allen Bereichen des Sports.“ Wozu im Freigelände noch ein neuer Jugend-Fußballplatz angelegt wurde, denn der bisher hier beheimatete Fußballklub wurde abgesiedelt.

„Das ganze Gebäude ist barrierefrei“, sagt der Architekt, „und für behinderte Sportler gibt es eine Fluchtrampe aus dem Unter- ins Erdgeschoß.“ Der Vorplatz entlang der Längsfront an der Schönaugasse wird straßenseitig von fünf Ahornbäumen markiert, die jeweils von einer Sichtbeton-Sitzeinheit umfangen werden. Übrigens: Die anderen vier Bäume, siehe oben, sehen recht gesund aus. Ein innenliegendes Restaurant bekommt einen Gastgarten, was in diesem Viertel durchaus eine Attraktion werden kann – und das nicht nur für Sportler und Matchbesucher.